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«OMG!» - über heissen Sound und kalten Winter

Bereichsleiter Kommunikation, Sekretär Interreligiöser Runder Tisch im Kanton Zürich
Simon Spengler

Gesamtverantwortung Kommunikation der Katholischen Kirche im Kanton Zürich. Katholischer Theologe und Journalist.

Simon Spengler
Zwei berühmte Heilige prägen diese Woche aus katholischer Sicht. Dienstag feierten wir den heiligen Franziskus, heute vor genau 10 Jahren wurde Hildegard von Bingen zur Kirchenlehrerin erhoben. Zwei Figuren, die unterschiedlicher nicht sein könnten!
07. Oktober 2022

Franziskus liegt als Öko-Heiliger im Trend, der dem Konsumismus abschwört und ein einfaches Leben sucht. Ausserdem lebt er in Einklang mit der Natur und predigt den Tieren. Hätte er heute gelebt, er wäre sicher ein unbeugsamer Verfechter der Massentierhaltungs-Initiative gewesen. In den Hintergrund gedrängt ist dafür Franziskus' unbeugsame Kritik an Reichtum und Besitz. Dafür bekam er auch reichlich Ärger mit dem Papst, der mit einer Kirche ohne Besitz rein gar nichts anfangen wollte.

Ganz anders die heilige Hildegard. Ganz Adlige, vornehm, gebildet, die zeitlebens verteidigte, dass in ihr reiches Kloster nur Töchter des Adels mit reichlich Mitgift eintreten durften. Aber auch unerschrocken. Selbst Papst und Bischöfen las sie die Leviten und anderen Grössen ihrer Zeit. Eine starke Frau und mächtige Äbtissin, weit mehr als Kräuterheilerin und Naturkost-Ikone.

Zwischen dem ärmlichen Klösterchen des Franziskus in Assisi und der grandiosen Abtei Rupertsberg der Hildegard liegt die ganze katholische Welt. Eine Spannung, die uns auch heute immer wieder herausfordert. Beide Orte haben ihre Berechtigung – katholisch ist nie eindimensional. Wie Kirche mit ihrem Vermögen umgeht und wie sie ihr Geld einsetzt, ist eine Frage, die immer wieder neue Antworten verlangt.

Hier können Sie übrigens die Predigt von Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding zum Fest ihres Namenspatrons nachlesen, die sie im Kapuzinerkloster Wesemlin gehalten hat.

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Die Zürcher Kirche investiert in die Jugend. Gestern durfte die Eröffnung des neuen Hauses «OMG!» an der Birmensdorfer Strasse gefeiert werden. Caritas Second-Hand-Laden, Jugendseelsorge, Roundabout, und – Oh my God! – sogar Jubla und Pfadi unter einem kirchlichen Dach. Ein Kompetenzzentrum für kirchliche Jugendarbeit soll hier wachsen und gedeihen.

«Lasst das Haus rocken», rief die Synodalratspräsidentin den jungen Menschen bei der Eröffnung zu. Auch wenn sie zugab, mit dem Namen «OMG!» noch etwas Mühe zu haben. «Oh my God», es bewegt sich was in der katholischen Kirche, Gott sei Dank. Mehr Rock’n Roll, weniger Choral (der meinem persönlichen Geschmack allerdings mehr entspricht).

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Betont unaufgeregt, aber mit umso deutlicheren Worten, zog sich Anfang Woche eine prägende Persönlichkeit der Zürcher Kirche aus dem öffentlichen kirchlichen Leben zurück. Der bisherige Winterthurer Dekan Hugo Gehring ist zum 70. Geburtstag in den Ruhestand getreten. Sein Abschiedsinterview gehört zum Eindrücklichsten, das ich seit langem aus Kreisen unseres Klerus gelesen habe. Tief spirituell, nie effekthascherisch, einfach nur ehrlich und vor allem theologisch redlich: Danke für dein langes Wirken in unserer Kirche, Hugo, und für die Zukunft alles erdenklich Gute!

Mir bleibt vom Interview vor allem dieser selbstkritische Satz im Gedächtnis: «Vielleicht hätte ich noch deutlicher Position markieren sollen.» Sagt ausgerechnet der Mann, der sich als einer der wenigen Kleriker immer getraute, seine Meinung auch öffentlich zu vertreten. Wenn das kein Auftrag an kirchliche Kommunikationsarbeit ist…!

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Aufwühlen, aufrütteln, aufschrecken, das tut auch der Film «Foudre» der jungen Genfer Regisseurin Carmen Jaquier, den die Zürcher Kirchen am ZFF mit ihrem Filmpreis ausgezeichnet haben. Aufbegehren gegen knechtende Strukturen in Religion und Gesellschaft, Überwinden der Fesseln von Tradition und Gegenwart, Eintreten für ein Leben in Selbstbestimmung und Würde, dies kommt im Film bildgewaltig zum Ausdruck. Aber auch die permanente Gefahr des Rückschlags, wenn die Mächte der Versklavung neu erstarken. Auch wenn der Film in einem rückständigen Bergdorf Anfang des letzten Jahrhunderts spielt, er scheint mir absolut modern.

Gast an der Verleihung des Filmpreises war auch Bischof und Film-Experte Joseph Maria Bonnemain. Hier seine Kurzkritik.

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Täglich wird uns seit Wochen eingehämmert, wir hätten uns auf einen harten Winter einzustellen. Ich kann die mehr oder weniger simplen Expertenratschläge schon gar nicht mehr hören, zumal mir zunehmend schleierhaft wird, welche Interessen sich dahinter verbergen. Ich will für mich persönlich zwei Massnahmen ergreifen: Von meiner Frau wünsche ich mir zu Weihnachten ein paar warme Wollsocken (ich weiss, liebe Feministinnen, ich könnte auch selbst stricken lernen – aber Socken aus Wolle und Liebe wärmen doppelt). Und ich widme das Wochenende meinem von Früchten übervollen Quittenbaum. Die goldgelben Früchte wandern ins Fass, auf dass der Brenner ihre konzentrierte Substanz in die Flasche bringe. Der Winter kann kommen.

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Mit dem Bild meines Quittenbaums verabschiede ich mich in die Herbstferien. Auch im Namen des ganzen Kommunikationsteams wünsche ich Ihnen zwei erholsame Wochen. Das nächste «Grüss Gott Zürich» erreicht Sie dann Ende Oktober. Und wenn Sie nächste Woche Sonntag, 16. Oktober, 9:30 Uhr Lust auf einen speziellen katholischen TV-Gottesdienst aus dem Weinland haben, schalten Sie TeleZüri ein.

Ihr Simon Spengler

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Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.

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