Gewohnheiten und Neuanfänge
Einen ungeplanten Neuanfang erlebte vor zwei Jahren das Human Rights Film Festival Zürich, HRFF. Bis dahin war das Festival, dass sich jeweils im Spätherbst bzw. Winter über sieben Tage hinweg in künstlerisch starken Filmen mit dem Thema Menschenrechte beschäftigt, im Kosmos, dem Kulturhaus an der Zürcher Europaallee, beheimatet. Mit der überraschenden Schliessung des Kosmos verlor auch das Human Rights Film Festival sein Zuhause. Ein herber Schlag der zur Absage des gesamten Festivals in 2022 führte.
Doch Sascha Lara Bleuler, Direktorin des Festivals, und ihr Team liessen sich von ungünstigen Umständen nicht beirren und bereits im Folgejahr war mit der Kino-Bar Riffraff-Houdini ein neuer Partner für das Hosting des Human Rights Film Festivals gefunden. Seit gestern und noch bis einschliesslich 10. April bietet das HRFF, bereits zum zweiten Mal ein umfangreiches Filmprogramm in den Räumlichkeiten des Kino Riffraff, das den Blick auf das Weltgeschehen schärfen und neue Perspektiven aufzeigen möchte.
Eine weitere Neuheit in diesem Jahr ist die Ausdehnung des Rahmenprogramms auf die Theaterbühne. Bisher konnten Interessierte an Orten rund um die Spielstätte oder in deren Foyer hauptsächlich Organisationen und Akteure kennenlernen, die sich mittels Kunst, Installationen oder mit partizipativen Projekten für eine gerechte Welt einsetzen. Nun kommt neben der Filmleinwand mit dem «Human Rights on stage» im Theater «sogar» eine neue Bühne hinzu.
Am 8. April, um 19 Uhr, kommt hier eine junge afghanische Frau zu Wort, die 2018 mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern einen Neuanfang in der Schweiz erlebte, nachdem sie aus ihrer Heimat Afghanistan fliehen musste. Muska Murad wird an diesem Abend selbstgeschriebene Gedichte aus ihrem Buch «Wortsprich» vortragen.
Im Zuge der Vorbereitung auf einen Artikel über das Film Festival hatte ich die Möglichkeit, das Buch von Muska Murad zu lesen und war sehr berührt von der Klarheit und Tiefe ihrer Worte. In ihren Texten malt sie Bilder, die einen direkt in ihr Heimatland Afghanistan bringen und welche die Liebe und den Schmerz, den sie fühlt, körperlich spüren lassen. Ich empfehle allen, die Gelegenheit zu nutzen und die persönliche Lesung von Muska im «sogar» wahrzunehmen.
Einer, dessen Leben sich an alten Gewohnheiten und Traditionen orientierte, war der am Mittwoch im Alter von 81 Jahren verstorbene emeritierte Churer Bischof Vitus Huonder. Zwölf Jahre lang amtierte er von 2007 bis 2019 im Bistum. Mit seinen Ansichten zur Kirchenverfassung, zu Sexualität oder Lebensschutz polarisierte Huonder stark und eckte bei vielen immer wieder an.
Nach seiner Emeritierung nahm er seinen Altersruhesitz im St. Gallener Wangs bei der Piusbruderschaft, die für ihn bereits seit Langem eine Art geistig, spirituell-kirchliche Heimat darstellten, ein. Sein letzter Wunsch war es deshalb auch, statt wie üblich vor der Bistumskathedrale in Chur, in der Nähe des exkommunizierten Bischof Lefebvre, dem Gründer der Piusbruderschaft, bestattet zu werden.
«Ein absoluter Affront, der eigentlich ein Grund für eine Exkommunikation wäre», meint unser Kollege und Leiter der Kommunikation, Simon Spengler, in einem Interview mit kath.ch sowie der Südostschweiz zu diesem bisher in der Welt wahrscheinlich einzigartigen Fall. Um jedoch kein Öl ins Feuer zu giessen, werden sowohl Rom wie auch das Bistum Chur vermutlich die Sache auf sich beruhen lassen.
Bischof Joseph Maria Bonnemain, der Huonder an Ostern, kurz vor seinem Tod, noch mehrmals besuchte, respektiert den letzten Willen seines Vorgängers. Der verstorbene Bischof Vitus Huonder wird nun in Ecône VS beigesetzt werden. In der Kathedrale Chur wird zum Andenken an den Verstorbenen ein Requiem stattfinden.
Bereits seit drei Jahren setzt sich die Allianz Glaubwürdig Katholisch für eine gleichberechtigte, glaubwürdige und solidarische römisch-katholische Kirche ein. Fast möchte man sagen, dass wir uns mittlerweile an diese Themen gewöhnt haben. Aber nein – wir müssen jedes einzelne dieser Themen immer wieder neu anschauen und immer wieder neu etwas tun, damit das Ziel irgendwann wirklich erreicht wird.
Die Allianz Glaubwürdig Katholisch ist in der Schweiz mittlerweile zur Kraft und Stimme reformorientierter Personen und Organisationen in der Römisch-Katholischen Kirche geworden. Mit der jetzigen Veröffentlichung des Jahresberichts 2023 zeigt die Organisation auf, was sie für die Zukunft plant. In den Jahren 2025 bis 2028 fokussiert die Allianz ihr Wirken auf #MachtTeilenMissbrauchVerhindern.
«Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und Neubeginne, um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in andre, neue Bindungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.»
Diese Worte aus Herrmann Hesses Gedicht «Stufen» passen für mich perfekt zum nächsten Thema, der Wiedereröffnung der Kirche Herz Jesu in Zürich-Wiedikon. Am kommenden Sonntag, 7. April, wird der Kirchenbau nach zweijähriger Renovation feierlich wiedereröffnet.
Über hundert Jahre nach der Errichtung kurz nach dem ersten Weltkrieg ist die Kirche nun im modernen Gewand bereit für die Zukunft.
Wer jetzt neugierig geworden ist, wie die Kirche nach der Neugestaltung zum Beispiel mit symbolischen Säulen, einer grösseren Empore und der zeitgemässen künstlerischen Darstellung der Marienkappelle aussieht und die neue offenere Sitzordnung im Altarbereich selbst ausprobieren möchte, ist herzlich zum Einweihungsgottesdienst mit Bischof Joseph Maria Bonnemain am Sonntag um 10 Uhr in der Oberkirche eingeladen.
Da sehr viele Gäste geladen sind, wird um eine Anmeldung unter Telefon 044 454 81 11 oder per E- Mail herzjesu.wiedikon@zh.kath.ch für den Gottesdienst gebeten.
Neue Einblicke geben kommende Woche auch verschiedene Veranstaltungen, die wir Ihnen nicht vorenthalten möchten.
- Da wäre beispielsweise ein Vortragsabend zu den Heiligen Nächten im Islam, Judentum und Christentum im Züricher Institut für interreligiösen Dialog, ZIID, am Mittwoch, 10. April von 19 bis 20.30 Uhr
- Im Rahmen der Ringvorlesung «Digitale Religion(en)» der UZH findet am Dienstag, 9. April ab 18.15 Uhr ein Vortrag zum Thema Beobachtungen aus der Perspektive des Rechts statt.
- Ebenfalls am 9. April veranstaltet die Paulus Akademie von 19 bis 20.30 Uhr ein Seminar zur Einführung in die Wirtschaftsethik unter dem Titel «Wenn Wirtschaft und Ethik fusionieren».
- Einen Tag später gäbe es gleich doppelt Grund in der Paulus Akademie vorbeizuschauen. Am Mittwochmittag, 10. April, können Sie bei einem leckeren Zmittag im Lunch & Lecture mehr über die digitale Verwandlung der Demokratie erfahren. Am Abend wird bei der Buchvernissage um 18.30 Uhr das Werk «Der Papst der Enttäuschung – Warum Franziskus kein Reformer ist» von Michael Meier vorgestellt.
Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende, das neben gewohnheitsmässigen Abläufen auch die eine oder andere Neuerung enthält.
Ihre Saskia Richter
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.
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