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Rituale

Informationsbeauftragter Synodalrat bis Ende November 2022
Aschi Rutz

Informationsbeauftragter Synodalrat bis Ende November 2022

Aschi Rutz
Das alljährliche Ritual mit den Krankenkassen-Prämien ist Geschichte. Der bereits sechste Filmpreis der Kirchen von gestern Abend hallt noch nach. Und Kardinal Kurt Kochs Entgleisung verläuft einem Ritual ähnlich ab und ist noch nicht ausgestanden.
01. Oktober 2022

Einmal mehr haben wir gespannt auf das geschaut, was zu erwarten war: auf den Prämienschock bei den Krankenkassen. Das alljährliche Ritual mit den Krankenkassen-Prämien ist auch heuer mit einer hohen Prognose (10%) gestartet, dann sind es, oh glückliche Fügung, «nur» 6,6 Prozent. Und in den Medien folgen schlaue Tipps, wie gespart werden kann, obwohl die Menschen definitiv mehr bezahlen.
Wegen den aktuell generell steigenden Lebenskosten trifft es jene, die schon immer mit einem schmalen Budget unterwegs sind. Das Hilfswerk Caritas macht sich Sorgen, ist doch bereits heute jede siebte Person in der Schweiz von Armut betroffen oder bedroht und kann zusätzliche Kosten kaum mehr stemmen. Konkret fordert Caritas Schweiz von der Politik Direkthilfen für Menschen in Notlagen

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Szenenwechsel: Die reformierte und katholische Kirche haben gestern Abend im Rahmen des Zurich Film Festivals (ZFF) bereits zum sechsten Mal den Filmpreis der Zürcher Kirchen verliehen und den Siegerfilm gezeigt. Mit einem Preisgeld von 10'000 Franken wurde der Debutfilm «Foudre» der Genferin Regisseurin Carmen Jaquier ausgezeichnet. Mit vielen anderen habe auch ich das Werk im Kinosaal Arena Sihlcity gesehen. Was mir aufgefallen ist: Während 90 Minuten war es im Saal mucksmäuschenstill und weder im Film noch im Publikum war auch nur ansatzweise ein Lachen zu hören. Die Geschichte einer jungen Frau um 1900 in einem beengenden Schweizer Bergdorf ist denn auch beklemmend und schwere Kost. Hingegen sind die Bilder im Film von ästhetischer Sinnlichkeit. Es lohnt sich, sich auf dieses eindrückliche Werk einzulassen und sich im Anschluss bei einem Glas Rotwein in der Runde auszutauschen. Im Kinosaal hatte sich übrigens auch Bischof Joseph Bonnemain unter die Kinobesucher gemischt und neben einem meiner Söhne einen Platz gefunden …

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Nicole Freudiger (Moderation), Andrea Marco Bianca (Vizepräsident Kirchenrat Kanton Zürich), Carmen Jaquier (Regisseurin des Gewinnerfilms «Foudre») und Brigitta Rotach (Jury). Foto: Sibylle Ratz

Ein Ritual ganz anderer Art macht dieser Tage Schlagzeilen: Wieder schafft es ein ranghoher Kirchenmann, etwas zu sagen, was zu heftigen Protesten führt. Dieser bittet anschliessend jene um Entschuldigung, die sich von seiner Aussage verletzt fühlen. Er versichere, dass dies nicht seine Intention gewesen sei. Aber und jetzt kommt es, er halte an seiner Aussage fest.
 
Was ist passiert: Kardinal Kurt Koch hatte gestern in der rechtskatholischen Wochenzeitung «Die Tagespost» über Parallelen zwischen aktuellen kirchlichen Diskussionen (Synodaler Weg in Deutschland) und solchen aus der NS-Zeit gesprochen: «Es irritiert mich, dass neben den Offenbarungsquellen von Schrift und Tradition noch neue Quellen angenommen werden; und es erschreckt mich, dass dies – wieder – in Deutschland geschieht.» Wörtlich fügte er hinzu: «Denn diese Erscheinung hat es bereits während der nationalsozialistischen Diktatur gegeben, als die sogenannten ‘Deutschen Christen’ Gottes neue Offenbarung in Blut und Boden und im Aufstieg Hitlers gesehen haben.»
 
Die Empörung über diese «inakzeptable Entgleisung» ist gross. So haben auch Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding und der Grossmünsterpfarrer Christoph Sigrist auf die Nazi-Keule Kochs reagiert und seine Aussage auf kath.ch «unerträglich und eines katholischen Kardinals und Intellektuellen unwürdig» bezeichnet. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) verlangte umgehend eine Entschuldigung, andernfalls werde er, so der Vorsitzende der DBK, Bischof Georg Bätzing, «eine offizielle Beschwerde beim Heiligen Vater einreichen». Diese Beschwerde ist noch nicht vom Tisch, auch nachdem sich Koch heute entschuldigt hat. Bätzing doppelt nach, weil sich dieser seiner Ansicht nach im Kern nicht für die unhaltbaren Äusserungen entschuldigt habe, sondern an seiner Aussage festhalte.
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In seiner Stellungnahme auf die geharnischte Reaktion der deutschen Bischöfe schob Kardinal Kurt Koch zudem nach: «Der christliche Glaube muss stets ursprungsgetreu und zeitgemäss zugleich ausgelegt werden. Die Kirche ist deshalb gewiss verpflichtet, die Zeichen der Zeit aufmerksam zur Kenntnis und ernst zu nehmen. Sie sind aber nicht neue Offenbarungsquellen. Im Dreischritt der gläubigen Erkenntnis – Sehen, Urteilen und Handeln – gehören die Zeichen der Zeit zum Sehen und keineswegs zum Urteilen neben den Quellen der Offenbarung.» Die Zeichen der Zeit gehören also auch nicht zum Handeln, was bedeutet, dass sich in der Kirche nichts bewegen soll. So verstehe ich wenigstens Bischof Bätzings Einschätzung: In den Äusserungen des Kardinals zeige sich die «pure Angst, dass sich etwas bewegt». Damit wird der vom Vatikan propagierte Synodale Weg zur Makulatur.

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Noch zwei Ausblicke aufs Wochenende: Der 1. September gilt in der katholischen und orthodoxen Kirche als Tag der Schöpfung, die SchöpfungsZeit dauert bis zum 4. Oktober. Als Abschluss dieser speziellen Zeit bietet die Pfarrei St. Anton, Zürich, am kommenden Sonntag einen Familiengottesdienst mit Tiersegnung an. Den Anlass organisiert hat Katechetin Heidi Hürlimann. Sie ist überzeugt davon, dass alle Geschöpfe dieser Erde, also auch Tiere und Pflanzen eine Seele haben.
 
Einem Ritual gleich, werde ich am Samstag meine betagte Mutter besuchen und erwarte am Sonntag unsere drei erwachsenen Kinder zum Brunch.
 
Ich wünsche Ihnen schöne Rituale und ein gesegnetes Wochenende.

Herzlich
Aschi Rutz

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Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.

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