Grüss Gott Zürich Newsletter vom 17. April
Jetzt sitzen wir zu Hause und wittern keine Spur von so richtiger Ferienstimmung. Alles andere als «normale» Zeiten, denn: Die UHU-Ferien* beschränken sich auf Balkon oder Garten und Verreisen findet höchstens im Kopfkino statt. Oder online. Da hingegen erreichen wir derzeit so viele Leute wie selten zuvor. Zu kommentieren haben wir eh immer genug, was dann den einen Lachfältchen ins Gesicht zaubert und anderen strenge Runzeln in die Stirn faltet. Darum gibt es auch heute einen Newsletter und ich lade ein zu einer Runde Gehirnjogging mit Gesichtsgymnastik.
Kollege Rudolf Vögele ist im deutschen Exil auf die eigenen vier Wände und Homeoffice beschränkt. Statt bewegungsfreudig mit seinem Bike durch die Gegend zu strampeln, tigert er geistig herum und liefert heute Morgen mit seinem Blogbeitrag einen flamboyanten Aufruf, den Moment zu nutzen. Für ihn sind die Erkenntnisse aus der Coronakrise eine epochale Chance, umzudenken und neu anzufangen. Gerade in der Kirche.
Zum Umdenken motivieren auch immer mehr persönliche Statements der Aktion vielstimmig.Kirche sein. Der ehemalige Synodalrat André Füglister bereichert die Palette altphilologisch, Pfarrer Andreas Rellstab mit Erkenntnissen eines Hoteliers, Pastoralassistent Rolf Bezjak liest das Kirchenrecht bis zum Ende und Simon Spengler deutet theologisch den Duft der Bienenkönigin.
Statements der besonderen Art hat Architekt Justus Dahinden mit seinen eigenwilligen pyramidalen Bauten gesetzt. Der «Architekt des Lichts» wie er auch genannt wurde, ist am Karsamstag abends gestorben. Im Kanton Zürich hat er mit den Kirchen Maria Krönung in Witikon und St. Paulus Dielsdorf markante und bleibende Meilensteine der Architektur und des katholischen Kirchenbaus gesetzt. Markus Weber, Autor des Doppelbands «Sakrales Zürich» und Priester in Dübendorf, würdigt Dahinden in einem Beitrag auf unserer Homepage.
In der Todesanzeige teilen die Angehörigen mit, dass die Abdankungsfeier im kleinen, familiären Kreis stattfindet. Die Corona-Zeit spiegelt sich seltsam anmutend auch in der Todesanzeige von Sarto Weber, der als Seelsorger im Kanton Zürich gewirkt hat: Die Bistumsleitung informiert, dass Urnenbeisetzung und der Beerdigungsgottesdienst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. Abschiednehmen auf Distanz. Eines der ganz grossen Themen, das in diesen Tagen viele Seelsorgende und Angehörige herausfordert und beschäftigt. Immerhin zeichnet sich laut bundesrätlichen Plänen, dass ab Ende April Beerdigungen wieder im grösseren Kreis stattfinden dürfen.
Trotz verordneter physischer Distanz grösstmögliche menschliche Nähe schaffen: Dieses Engagement führt Schwester Ariane an die Ränder unserer Wohlstandgesellschaft, mitten in die sonst pulsierende Partymeile an der Langstrasse. Hier trifft sie Menschen, die auf der Strasse leben, Prostituierte und Drogenabhängige. Sie nennt sie «meine Freunde» und sorgt nicht nur Abhilfe gegen den körperlichen Hunger, sondern nährt mit ihrer Präsenz auch zwischenmenschlich. Im Hintergrund unterstützen sie Freiwillige. Oder der Sternekoch, der für Bedürftige Sinnvolles tun wollte und bei seiner Suche bei Pfarrer Karl Wolf aus Küsnacht an den richtigen geriet. Tele Züri hat in den Züri-News davon berichtet und sogar in einem Reportageformat. Reinschauen: So bekommt Barmherzigkeit ein Gesicht! Und zieht Kreise.
Wie wir mit Notleidenden umgehen, nehmen auch Journalisten wahr, die mit Kirche und Glauben nichts am Hut haben. Zum Beispiel der erklärte Atheist Nils Pickert, der als Papablogger im Mamablog des Tagesanzeigers erklärt, weshalb er seinen Kindern künftig einige christliche Tugenden vermitteln will. Gut so! Ungläubigkeit und Zweifel sind eine dynamische Angelegenheit – und führen manchmal zu wesentlicher Erkenntnis. So nachzulesen im Evangelium vom kommenden 2. Ostersonntag, zu dem Generalvikar Josef Annen morgen Samstag auf unserer Homepage einen Impuls liefert.
Abt Urban Federer lieferte diese Woche nicht einen Impuls, sondern haute mit der Faust auf den Tisch und wurde politisch: «Corona ist der letzte Tropfen, der ein Fass zum Überlaufen bringt, von dem wir schon lange wissen, dass es voll ist. Die Zeit drängt. In und vor Griechenland herrschen für Flüchtlinge unhaltbaren Zustände, die nicht noch schlimmer werden dürfen.» Sagts und unterzeichnet als einer der ersten die Petititon www.evakuieren-jetzt.ch an Bundesrat und Parlament Dass er nebst dem Predigen auch konkretes Handeln beherrscht, zeigt er mit der Bereitschaft, wie in der Vergangenheit wieder Flüchtlinge aufzunehmen.
Danke, Abt Urban! Wir sehnen uns nach markanten und glaubwürdigen Stimmen aus der Kirchenleitung, die zu aktuellen Herausforderungen Stellung beziehen und Orientierung bieten. Um aktives Verwirren und Desorientieren bemühen sich andere schon genug .
Ich orientiere mich jetzt häuslich und gehe dem Wochenende entgegen. Meine Jacke, die ich bewusst zum Arbeiten im Homeoffice trage, hänge ich an den Haken, fahre den Computer herunter, verstaue alles Bürozeugs aus meiner Sichtweite und lege das Mobiltelefon weg. Soviel Distanz muss sein.
Machen Sie den 2. Ostersonntag zu einem gesegneten! Irgendwo freut sich jemand über einen Anruf, ein Mail oder sonst ein Zeichen von Ihnen.
Arnold Landtwing
Informationsbeauftragter Generalvikariat
*Uhu: Ums-Huus-Ume
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.
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