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Frauentag - Das Leben aus einer anderen Perspektive

Informationsbeauftragte, stellvertretende Bereichsleiterin
Sibylle Ratz
Sibylle Ratz
Um das Thema Frauen in der Kirche komme ich heute definitiv nicht drumherum. Weil heute Internationaler Frauentag ist. Und weil Kirche, insbesondere auch die Katholische Kirche, eigentlich ohne Frauen gar nicht funktioniert, auch wenn die Priesterweihe nur von Männern empfangen werden darf.
07. März 2024

Darum zuerst einmal ein riesiges Dankeschön an all die Frauen, die sich der Katholischen Kirche nicht abgewendet haben und sich weiterhin in verschiedenen Funktionen für dieses Miteinander engagieren, ob als Freiwillige oder als Mitarbeitende. Aber auch ein «Danke» an alle diejenigen Frauen, die aus der Institution ausgetreten, aber im Glauben immer noch verbunden sind und sich für Veränderungen eingesetzt haben oder es noch tun. Danke!

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Ist so ein Frauen-Tag denn überhaupt noch nötig? Bei uns in der Schweiz? Ja, definitiv. Frauen haben auf dem Weg zur Gleichberechtigung zwar viel erreicht. Trotzdem gibt es noch viele Widerstände für ein Miteinander auf Augenhöhe. In der Kirche und auch sonst in der Gesellschaft.

Beim katholischen Online-Portal kath.ch etwa ist nach dem Weggang des langjährigen Direktors die Chefstelle neu zu besetzen. Vor allem tolle und fähige, aber manchmal auch unbequeme Frauen haben kath.ch in den letzten Monaten publizistisch geprägt. Ob die Bischöfe den Mut haben, ihnen Vertrauen zu schenken? Denn in der Kirche kommt es am Schluss noch immer auf das Plazet der männlichen Kirchenleitung an, das sogenannte «nihil obstat», also «es spricht nichts dagegen». Dabei tun sie eigentlich das, was ihre Arbeit als Journalistinnen auch verlangt. Nichts anderes. Sind die Bischöfe bereit, auch kritische Fragen zuzulassen, oder möchten sie bei kath.ch vor allem Schönwetter-Berichterstattung? Wir sind gespannt.

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Solche Vorgänge sind auch in anderen Berufskonstellationen immer noch ein Ärgernis. Gerade diese Woche habe ich online ein Experiment gesehen, bei dem Männern in CEO-Funktionen Bewerbungsfragen gestellt wurden, wie sie Frauen tagtäglich gestellt werden. Im Rahmen des Projekts «In Her Chair», aufgegleist von Headhunterin Claire Garwacki, wurde der Spiess für einmal umgedreht. Die Männer waren total überfordert und konnten es kaum glauben, als man ihnen den Spiegel vorhielt, wie Frauen Bewerbungsgespräche tagtäglich in der Berufswelt – auch in der Schweiz – immer noch erleben. Es lohnt sich, da mal reinzuschauen.

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Na ja, mit diesem Newsletter würde ich vielleicht von der Bischofskonferenz auch kein «nihil obstat» bekommen… Aber das ist auch nicht der Grund, wieso ich mich in der Katholischen Kirche im Kanton Zürich beruflich engagiere. Mir geht es nämlich genau darum: Dass dem Synodalen Weg im Dualen System tatsächlich ein Erfolg beschieden sein wird. Wann das klappt, sei dahingestellt. Aber es braucht endlich Taten und nicht nur schöne Worte von pastoraler Seite, aber auch von der Körperschaft her.

So viele Chancen wurden verpasst. In der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit, seit Monaten bei der IG Missbrauch, die Synodalitätskommission lässt genauso auf sich warten wie eine zentrale Anlaufstelle für Missbrauchsopfer, obwohl sich die Bischöfe gemäss Aussage ihrer Sprecherin zwar viel Zeit nehmen, ÜBER das Thema Missbrauch zu sprechen. Aber sie hatten bisher nicht einmal eine Stunde Zeit, um MIT Vreni Peterer und ihre Mitstreitenden für Gerechtigkeit für die Missbrauchsopfer zu sprechen und ihre Anliegen direkt anzuhören. Jetzt endlich wurde ein Treffen für Anfang Juni (!) angekündigt, was schon hätte lange stattfinden können. Da fällt den Bischöfen bei Gott kein Zacken aus der Krone. Auch im Bewusstsein, dass in der Kirche alles ein wenig länger dauert, ist diese Langsamkeit und Untätigkeit manchmal nur schwer auszuhalten.

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Diese Woche hat Bischof Felix Gmür einen Rüffel von Rom eingefangen zum unsensiblen Umgang mit Missbrauchs-Meldungen. Allerdings wurde die Rüge im zweiten Satz schon wieder halb zurückgenommen. Ich habe aber die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die Bischöfe dadurch, dass ihre Handlungen auch von der Öffentlichkeit genauer beobachtet werden, endlich auch daraus lernen. So nach dem Motto: «Steter Tropfen höhlt den Stein».

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Der Frauentag am 8. März entstand übrigens als Initiative sozialistischer Organisationen bereits in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Er wurde im Zuge des Kampfes um die Gleichberechtigung, des Wahlrechts für Frauen sowie der Emanzipation von Arbeiterinnen eingeführt – wenn ich das so richtig aus dem Internet abgeschrieben habe. Auch die Vereinten Nationen (UN) wählten im Internationalen Jahr der Frau 1975 den 8. März zum «Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden». Mit weiteren geschichtlichen Details verschone ich Sie jetzt. Die lassen sich auch nachlesen.

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n an der Macht, gäbe es weniger Kriege? Wenn die UN schon den Tag mit dem Weltfrieden verknüpfen. Ich weiss es nicht. Aber ich denke schon. Welche Mutter will tatsächlich ihr Kind im Krieg verlieren. Welche Frau, welche Mutter leidet nicht mit, wenn sie die hungernden und verletzten Kinder im Gazastreifen sieht, von den vergewaltigten Frauen beim Übergriff der Hamas hört, wenn sie erfährt, dass ein Jude auf offener Strasse in Zürich mit einem Messer getötet werden sollte. Soviel Hass: Das ist doch nicht die Welt, die uns Gott geschenkt hat? Ich bin keine Theologin, aber ich glaube an die unendliche Kraft und Liebe eines wohlwollenden Gottes und nicht an eine strafende Macht.

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Beeindruckend war dabei diese Woche, wie die Religionsgemeinschaften in Zürich zusammengestanden sind und es immer noch tun. Wegen des Angriffs auf einen jüdischen Mitbürger. Schön auch, dass sich Bischof Bonnemain vergangenen Sonntag spontan an der Mahnwache beteiligt hatte. Antisemitismus darf es nie mehr geben. Rassismus generell nicht mehr. Und auch Kriege sollten doch endlich aufhören. Und doch existieren sie. Warum? Schlussendlich geht es um Macht – und um Zugriff zu Rohstoffen. Um die Huthi Rebellen kümmerte sich lange niemand. Jetzt, wo sie Schiffe angreifen, sind sie plötzlich Thema. Wo schauen wir genauer hin und wo schauen wir weg?

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Auch wenn heute Frauentag ist, möchte ich auch über einen Mann sprechen, weil er mich diese Woche besonders beeindruckt hat. Kürzlich durfte ich Gespräch mit Andreas Knapp führen. Ein deutscher Priester, Theologe, Literat und Mitglied der «Kleinen Brüder». Als solcher lebt und arbeitet er in Leipzig inmitten einer Plattensiedlung zusammen mit vielen geflüchteten Menschen aus Syrien und dem Irak. Er hat genauer hingeschaut. Über deren Fluchtgeschichten, aber auch über die Geschichte der Christinnen und Christen in den Regionen, aus denen sie stammen, hat er schon vor ein paar Jahren ein Buch geschrieben. Diese Woche referierte er in verschiedenen Kirchgemeinden über seine Eindrücke und seine Erfahrungen. Auf die Frage, wie das alles auszuhalten sei mit dem schrecklichen Weltgeschehen, antwortete er sinngemäss: «Dialogbereitschaft ist heute wichtiger, denn je.» Er plädierte dafür, den interreligiösen Dialog zu intensivieren und zu pflegen. Was bedeutet der persönliche Glaube, wenn in Mosul Tausende Christinnen und Christen alles zurückgelassen haben, als der IS kam? Es lohnt sich, sich auch darüber einmal Gedanken zu machen. «Das grosse Ganze können wir selbst nicht ändern, aber ich kann in persönlichen Begegnungen meinen bescheidenen Beitrag dazu leisten, dass die Welt ein wenig freundlicher, hilfsbereiter und verständnisvoller für andere Menschen und Kulturen wird», sagte er zum Schluss.

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Damit möchte ich auch meinen Newsletter für heute beschliessen und möchte nur noch ein paar Hinweise auf – aus meiner Sicht – interessante Veranstaltungen geben.

In der Paulus Akademie gibt es nächste Woche gleich mehrere interessante Veranstaltungen, so dass ich Ihnen gerne ans Herz legen möchte, in das gesamte Veranstaltungsprogramm hineinzuschauen. Am Dienstag locken eine Filmpremiere und ein Seminar zu Wirtschaft und Ethik, am Mittwoch die theoLOGE, am Donnerstag ein Seminar zur Literatur von Peter Handke, ein Gespräch zur «Dargebotenen Hand» unter dem Titel «Wie geht Zuhören» und am Freitag ein Fachgespräch zu Psychiatrie.

Am Sonntag ist von 13 bis 14 Uhr eine Menschenkette auf dem Lindenhof geplant. Muslimische und jüdische Menschen und Organisationen rufen zu Solidarität mit dem Opfer der antisemitischen Messerattacke in Zürich auf.

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nd was sich immer lohnt: ein Besuch im jenseits IM VIADUKT, das gestern eine tolle Wiedereröffnungsparty erlebte.

Ab und an eine Kirche besuchen und eine Kerze anzünden ebenso.

Herzlich
Sibylle Ratz

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Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.

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