Über uns

Frühlingserwachen

Heute begrüsst Sie an dieser Stelle ein neues Gesicht. Mein Name ist Olivia Merz und ich studiere im zweiten Semester Religionswissenschaft und Philosophie an der UZH. Als Praktikantin in der Kommunikation habe ich den ganzen Monat März Kirchenluft schnuppern dürfen. Hier beschreibe ich, was meine junge, frische Nase in den letzten Tagen so gerochen hat.
01. April 2022

Vom fernen München her erreichte mich ein erfreuliches Lüftchen, ein «Wind of Change» beinahe.

Der Erzbischof von München-Freising, Reinhard Marx, sprach im Rahmen eines mehrseitigen Interviews mit dem Stern. Ausgehend von einem «Queer-Gottesdienst», den der Kardinal in der Münchner Pauluskirche gehalten hatte, diskutierte Marx mit den zwei Journalisten alles rund um Sexualität und Kirche.

Nicht nur äusserte der Erzbischof den Wunsch nach «inklusiverer Ethik» und ausgeprägterer Feedbackkultur, sondern sagte auch zu seiner eigenen Sexualität als Bischof: «Natürlich bin ich –  wie jeder andere – ein sexueller Mensch. Ich habe auch eine Sexualität, auch wenn ich in keiner Beziehung lebe.»

So weit, so progressiv. Nichtsdestotrotz antwortete Marx auf die Frage hin, ob die Tatsache, dass gleichgeschlechtliche Paare nicht kirchlich heiraten können, nicht doch zwischen zwei Kategorien von Liebe unterscheide, ausweichend. Bei der Antwort, Liebe sei ja nicht nur ehelich (schön und gut) und man solle sich sowieso nicht nur immer auf dieses Thema fokussieren, es gäbe schliesslich auch andere spannende dogmatische Fragen (z. B. die Dreifaltigkeit Gottes…), rümpfte sich mein Näschen dann doch ein bisschen… 

               

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 Auch diesseits der Grenze riecht es nach aufkeimender Veränderung. Anfang nächster Woche will Bischof Bonnemain den neuen Verhaltenskodex unterzeichnen. Diese Charta beinhaltet unter anderem folgende Vorschrift: «In jedem Fall unterlasse ich offensives Ausfragen zum Intimleben und zum Beziehungsstatus. Dies gilt auch für Gespräche, die ich als Vorgesetzte oder Vorgesetzter führe.»

Diese Regel würde bedeuten, dass kein Generalvikar, Priester oder sonstiger Geistlicher mehr nach dem Privatleben seiner Angestellten fragen darf. Der Richterswiler Pfarrer Mario Pinggera zweifelt jedoch daran, ob dieser Kodex mit der nötigen Ernsthaftigkeit umgesetzt werden wird.

«Mitarbeitende sollen nicht mehr nach ihrem Privatleben gefragt werden. Wenn das nicht auch für Mitarbeitende mit Missio gilt, ist der Verhaltenskodex unglaubwürdig und für den Papierkorb.»

Ausserdem fordert Pinggera, Joseph Bonnemain solle mutiger und modern in der Bischofskonferenz vorangehen, auch wenn er damit schweizweit im Alleingang wäre.

Fünf vor zwölf ist schon viel zu lange her.

Pinggeras Meinung zu Bonnemains Personalpolitik und weshalb er das Basler Regenbogenpastoral für einen Etikettenschwindel hält, können Sie hier nachlesen.

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Wo hier die Fetzen zu fliegen drohen, zeigt man sich anderswo in mehr Einigkeit:

Vergangenen Sonntag haben sich die orthodoxen Kirchen Zürichs zu einer gemeinsamen Pilgerfahrt getroffen. Im Namen des Friedens zogen die circa hundert Anwesenden gen Kloster Einsiedeln, wo sie von Abt Urban Federer und Grossmünsterpfarrer Christoph Sigrist empfangen wurden.

Gemeinsam sangen und beteten sie gemeinsam zur schwarzen Madonna für die Betroffenen in der Ukraine und in Russland. Ein schöner und nötiger Anlass. Wer an einem öffentlichen Gebet in einer der orthodoxen Kirchen teilnehmen will, kann sich hier einen Überblick über die nächsten Termine verschaffen.

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Wer damit noch nicht genug zu tun hat, kann sich mit den folgenden Filmtipps beschäftigen:

Am kommenden Dienstag (5.4) ist Vorpremiere und Filmgespräch zum Dokumentarfilm «(Im)Mortals». Die Regisseurin Lila Ribi sucht im Film, ausgehend vom Tod ihrer Grossmutter, nach Antworten auf die Frage, was nach unserem Ableben kommt.

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Auch in meiner Generation ist der Tod und das, was darauf folgt, noch ein gigantisches Tabuthema. Ich freue mich darauf, zu sehen, wie Ribi mit dem Sujet umgeht.

Tickets und genauere Information sind hier zu finden. Für die Schnellen unter Ihnen gibt’s auch Freikarten.

Eine weitere spannende und mutige Frau, Sarah Aduse, wird im Dok – Film «Do you remember me?» von den Filmemacherinnen Désirée Pomper und Helena Müller über zwei Jahre hinweg begleitet.

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Nachdem Aduse mit sieben Jahren genitalverstümmelt wurde, besucht sie mit knapp dreissig ihre Grossmutter in Äthiopien. Schockiert davon, dass Beschneidungen an Mädchen dort immer noch durchgeführt werden, widmet sie sich der Aufklärungsarbeit.

Ab sofort läuft «Do you remember me?” in Schweizer Kinos.

Sarah Aduse spricht ausserdem als Gast in «Gott und Filterkaffee», dem Podcast der katholischen Kirche, über ihre Lebens- und Leidensgeschichte. Die Frau ist eine Wucht.

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Ein grosses Dankeschön, dass ich einen Monat lang in die Kirchenwelt eintauchen durfte. Ein grosses Dankeschön dafür, dass man mir immer wieder die (ach so komplizierte) organisatorische Struktur der Kirche erklärt hat. Ein grosses Dankeschön, dafür, wie viel ich in dieser Zeit lernen konnte. Einfach ein grosses Dankeschön.

Damit übergebe ich den Newsletter wieder an die vier altbekannten Nasen. Einen wunderschönen Sonntag! Ihre Olivia Merz

 

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Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.

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