Über uns

Weiss - Schwarz - Bunt

Informationsbeauftragte, stellvertretende Bereichsleiterin
Sibylle Ratz
Sibylle Ratz
Es dauert nur mehr knapp eine Woche bis Weihnachten. Ein Teil der Bevölkerung ist in Weihnachtsstimmung, die andere (noch) nicht. So zumindest mein persönlicher Eindruck. Alle möchten noch zig Aufgaben, Projekte und andere Pendenzen unbedingt vor Ende Jahr erledigt haben. Zeit für Muse bleibt – anders als geplant – nur wenig.
14. Dezember 2023

Eigentlich erzähl ich Ihnen da nix Neues, liebe Leserin, lieber Leser von «Grüss Gott». Aber, wenn Sie weiterlesen, hoffe ich doch, dass Sie nach der Lektüre bis zum Schluss ein wenig Hoffnung ins Wochenende mitnehmen und sich selbst ein Lächeln schenken. Das habe ich mir zumindest als Ziel gesetzt. Und ziehe mir beim Schreiben eine Portion Weihnachtssongs rein, von Last Christmas bis zu Little Drummer Boy oder auch Samuel Barber’s Adagio for Strings, Op. 11.

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Hat Ihnen heute schon mal jemand gesagt, dass Sie einzigartig sind, dass Sie wertvoll sind, dass es schön ist, dass es Sie gibt, dass Sie da sind, um ihrer Seele ein Zuhause zu geben? So oder ähnlich ploppen auf meinem Handy immer wieder einmal Nachrichten auf den Social-Media-Kanälen auf. Egal ob esoterisch oder christlich angehaucht. Funktioniert das bei Ihnen? Die Sprüche mögen schön und herzerwärmend sein, wenn sie im richtigen Moment kommen. Ich bevorzuge persönliche Erlebnisse.

Ausserdem habe ich mir bewusst vorgenommen, mit mir selber liebevoll umzugehen, gerade in diesen Zeiten. Das beginnt damit, dass ich mir beim Aufstehen schon vornehme, den Tag in guter Stimmung zu starten und mich selber im Badezimmerspiegel anzulächlen. Ich schwöre, es funktioniert! Jedenfalls besser, als wenn ich mich todmüde mit einem «Lätsch» angucke. Es wirkt als Neopren-Anzug gegen griesgrämige Zeitgenossen. Und wenn ich nach Hause komme, freue ich mich an den Lichterketten in meiner Wohnsiedlung, wo die Balkone in der Adventszeit geschmückt sind und Licht in die Dunkelheit bringen. Ja, ich liebe den Glitzerkitsch, Lucy an der Bahnhofstrasse und die Weihnachtsmärkte mit den leuchtenden Tannenbäumen.

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Das Zusammenleben zwischen Juden und Muslimen ist aktuell auch in der Schweiz nicht ganz einfach. Ramazan Özgü ist Moslem, Janos Morvay Jude. Beide verbindet nicht nur eine Freundschaft, sie engagieren sich auch für den interreligiösen Dialog und sie kämpfen gegen Vorurteile an. Im Rahmen des Programms «Respect» besuchen Özgü und Morvay Schulklassen oder Veranstaltungen von Kirchgemeinden, zeigen in Rollenspielen die Probleme auf und diskutieren mit Schülerinnen und Schülern. Ein kleiner, aber wirkungsvoller Beitrag zum gegenseitigen Verständnis und friedvollem Miteinander.


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Das Lächeln fällt einem zugegebenermassen schwer, wenn man die Nachrichten von weit und nah liest. Krieg, Bomben, Hunger, nackte Überlebensnot. Wie dankbar müssen wir doch sein, in der verhältnismässig sicheren Schweiz zu leben. Wie privilegiert sind wir, mit einem Dach über dem Kopf, genug zu essen, einem gut bezahlten Job. Wobei Stopp. Ist das wirklich so? Auch in der Schweiz, in unserem Kanton, in unserer Stadt gibt es Not und Elend. Gerne unsichtbar für die grosse Masse der Menschen. Armutsbetroffene schämen sich oft, Probleme und Nöte zu zeigen. Die Zahlen und Berichte der Caritas, des Café Yucca in der Zürcher Altstadt sprechen eine andere Sprache. Die Zahl der Armutsbetroffenen steigt und steigt, die Nachfrage in den Caritas-Läden, im Café Yucca und beim Verein Incontro, der Essensausgabe von Schwester Ariane an der Langstrasse, ebenfalls. Gerade auch das Café Yucca braucht dringend Spenden – mein Tipp für die Weihnachtszeit, wenn Sie für Weihnachten noch etwas Gutes tun möchten.

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Und doch durfte ich gerade auch diese Woche, nebst negativen Begegnungen, die ich aber aktuell aus genannten Gründen ausklammern möchte, Schönes erleben. Einer der berührendsten Momente diese Woche war, als ich in einem Geschäft ein zweites Mal vorbei ging, weil ich beim ersten Mal ein Produkt kaufte, dass sich schon wenige Stunden später als fehlerhaft herausstellte. Mehrere Personen standen rum, einer sagte, ich müsse halt nochmals den vollen Preis zahlen, womit ich nicht einverstanden war. Mitten im Gespräch verabschiedeten sich zwei davon. Zurück blieb ein junger, Verkäufer. Als die anderen draussen waren, meinte er: «Ich erledige das. Sie können mich umarmen und dann ist das geregelt.» Ich so: «Hab ich das richtig verstanden? Meinen Sie das ernst? Wenn ja, können Sie gerne eine Umarmung haben.» Der junge Mann kam tatsächlich rund um die Theke und liess sich von mir alter Schachtel in den Arm nehmen. Es sei ja bald Weihnachten. Ich war baff. Das warme, herzliche Gefühl hält auch Tage danach noch an und trägt mich durch die Finsternis. Herzlichen Dank nochmals an den jungen Mann im Shopville an dieser Stelle! Der Geist der Weihnacht mitten in der Stadt. Nicht Schwarz, nicht Weiss, einfach bunt und bezaubernd. Wenn man es zulässt.


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Vor 75 Jahren im Dezember entstand übrigens die Erklärung der Menschenrechte. Wenn sich alle daranhalten würden: Wir hätten schon lange das Paradies auf Erden. Aber viele schaffen es schon im engsten Umfeld nicht, friedlich und respektvoll miteinander umzugehen. Es lohnt sich, diese (wieder) einmal zu lesen.

«Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person. … Jeder Mensch hat ein Recht auf Arbeit … Jeder Mensch hat ein Recht auf soziale Sicherheit.»
Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen

Und nicht zuletzt die Bibel selbst lehrt, dass Gott nicht diskriminiert oder bevorzugt. Jeder Mensch ist ein einzigartiges Geschöpf Gottes, und Gott liebt jeden Einzelnen. Im Gegenzug lehrt die Bibel, dass Christen nicht aufgrund von Rasse, Geschlecht, kulturellem Hintergrund oder sozialem Status diskriminieren sollen.

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An der letzten Synodensitzung in diesem Jahr reichte die Zürcher Synodale Monika Zimmerli eine Motion ein. In dieser wird verlangt, dass das partnerschaftliche Leben der kirchlichen Angestellten im Kanton Zürich geachtet wird. Der Synodalrat solle dafür eine Vorlage erarbeiten. Ihre Motion wurde vom Kirchenparlament mit grosser Mehrheit an den Synodalrat überwiesen. Dem Synodalrat bleiben jetzt maximal zwei Jahre Zeit, eine Lösung dafür zu finden. Damit Privates privat bleibt und wegen nicht-katholisch-konformen Beziehungsformen niemandem mehr gekündigt werden kann. Dies als Konsequenz aus der im Frühjahr angenommenen neuen Kirchenordnung gemäss der sich die Römisch-katholische Körperschaft neu ausdrücklich dazu verpflichtet, sich für eine generationenübergreifende Gemeinschaft und die Gleichberechtigung der Geschlechter in der Kirche einzusetzen, unabhängig von Zivilstand und Lebensform.

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Das Zürcher Forum der Religionen ist ein Zusammenschluss religiöser Gemeinschaften und staatlicher Stellen im Kanton Zürich. Angesichts der gegenwärtigen Situation im Nahen Osten und den sich daraus ergebenden Auswirkungen auf das Zusammenleben in Zürich fühlen sich die Religionstraditionen im Zürcher Forum der Religionen zutiefst betroffen. Als Zeichen der Solidarität und des gemeinsamen Engagements für den Frieden wird deshalb im sonntäglichen Gottesdienst im Grossmünster, am 17. Dezember, um 10 Uhr, im Rahmen der Fürbitten ein interreligiöses Friedensgebet abgehalten.

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Wenn Sie möchten gibt es in der nächsten Woche und über Weihnachten noch viele Anlässe und Veranstaltungen.
Gerne weise ich noch auf Folgendes hin:

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Und zu guter Letzt ist es wohl manchmal ganz gut, wenn wir uns selbst und unsere Wehwehchen nicht zu wichtig nehmen, wenn wir einen Blick in die Weiten des Universums wagen. Dazu hat uns ein wunderschönes Foto des «California»-Nebels NGC 1499 erreicht. Das Bild (bitte Copyright beachten) wurde in fünf Nächten von Dani Luongo (Sternwarte Eschenberg) aufgebnommen und dann von ihm bearbeitet. Der kosmische Gasnebel im Sternbild Perseus wurde 1885 vom amerikanischen Astronomen Edward Emerson Bernard entdeckt. «Per aspera ad astra», durch Rauhes zu den Sternen, wie schon mein Lateinlehrer zitierte und lehrte. Schätzen wir jeden Tag unser privilegiertes Leben und geben nach Möglichkeit Freude und ein Lächeln an unsere Mitmenschen weiter. Denn jeder hat seinen eigenen Rucksack zu tragen, den wir in der Regel nicht kennen.

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Der «California»-Nebel NGC 1499. © Foto und Bearbeitung: Dani Luongo / Sternwarte Eschenberg

Ich wünsche Ihnen herzlich schöne Adventszeit, ein offenes Herz für ihre nächste Umgebung und friedvolle Weihnachtstage.

Herzlich
Sibylle Ratz

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Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.

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