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Präsidentin Synodalrat bis Juni 2023
Franziska Driessen-Reding

Präsidentin Synodalrat bis Juni 2023

Franziska Driessen-Reding
Aus aktuellem Anlass erhalten Sie heute einen besonderen Newsletter. Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding verabschiedet sich von den Leserinnen und Lesern des «Grüss Gott Zürich».
07. Juli 2023

Liebe Freundinnen und Freunde und auch liebe Kritikerinnen und Kritiker von «Grüss Gott Zürich»

Die Welt hat in den letzten Jahrzehnten viele erste Frauen gesehen. Ich durfte eine solche sein, im Amt der Synodalratspräsidentin. Ob ich wohl für lange Zeit die letzte gewesen bin?

Vielleicht befürchten die einen oder anderen nun einen letzten liberalen Rundumschlag mit dem rhetorischen Zweihänder. Doch um ein bekanntes Buch zu zitieren: Fürchtet euch nicht! Fast alle wissen, wo die vielen wunden Punkte unserer Kirche sind. Und sie zum Schluss noch einmal alle aufzuzählen, den Bischöfen ihr Versagen unter die Nase zu reiben und vielen Funktionären Zögerlichkeit vorzuwerfen – das verpufft sowieso.

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Dass meine Stimme in dieser Institution erhört wird, ist sowieso nicht vorgesehen. Ich bin schliesslich nur Laiin. Und das schon aus biologischen Gründen. Frauen gehören in der Kirche immer zu den Laien. Und Männer auch, solange sie nicht geweiht sind. So steht es zumindest auf irgendeiner vor langer Zeit gegerbten Tierhaut.

Die Realität ist freilich eine andere: Ich durfte in meinen zwölf Jahren im Synodalrat mit wunderbaren Mitarbeitenden zusammenwirken, die allesamt top in ihrem Fach sind: Juristinnen, Buchhalter, Kommunikationsfachleute, Bereichsleitende, Theologinnen. Ich betone, das waren alles andere als Laiinnen und Laien. Ihnen allen gebührt mein aufrichtiger Dank.

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In einem Interview auf Tele Z fragte mich Claudia Steinmann, Gastgeberin der Sendung, wie ich denn in diesem Spannungsfeld zwischen altbackenem Traditionalismus, moderner Fürsorge und sozialem Engagement überhaupt habe arbeiten können. Wie ich für eine Kirche offiziell einstehen könne, die ebenso offiziell diskriminiere, ja für die Frau einzig zwei Aufgaben vorsehe: Kinderkriegen oder als Nonne dem Herrn dienen.

Ich muss nicht lange überlegen, ich weiss weshalb: Weil wir soviel Gutes tun, weil in unserer Kantonalkirche nicht diskriminiert wird. Weil meine Leute eine andere Art der Kirche vertreten. Sie alle ermöglichen nämlich das reale katholische Leben. Sie suchen neue Mitarbeitende, gute Mitarbeitende – oft braucht es für eine Organisation mit einer derart angeschlagenen Reputation wie der katholischen Kirche halt zwei oder drei Anläufe, um gutes Personal zu rekrutieren.

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Wenn ich diesen Newsletters zu Ende geschrieben habe, werde ich mich zum Garten Eden am Zürifäscht begeben und mir anschauen, was unser Stadtverband Schönes vorbereitet hat – fürs Volk, für die Zürcherinnen und Zürcher ebenso wie für die vielen Besucherinnen und Besucher von ausserhalb. Obwohl... auf ihrer Homepage werden nur die ZürchER eingeladen. In Sachen Gleichstellung in der Sprache sind viele Katholikinnen und Katholiken eben doch noch Laien.

Ich selber zählte mich auch lange zu den Gender-Laien. Doch dann hat ein guter Freund mir die Angst davor genommen. Denn: Die letzten Jahrhunderte bedienten wir uns einer prinzipiell männlichen Sprache für eine männliche Gesellschaft. Diese Zeiten sind – überall ausserhalb des Klerus – passé. Gendern wir also, um ganz simpel auszudrücken, dass wir in der Gegenwart stehen. Wer mag, auch mit Stern. Denn Transmenschen sind auch ein integraler Teil unserer Gesellschaft.

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Und wenn wir schon dabei sind: Love is love is love.

Wenn ein Priester sich verliebt und zur Abwechslung mal kein Geheimnis daraus macht, wird er aus den Büchern gestrichen. Er darf seine Aufgabe in unserer Kirche nicht mehr ausüben. Dabei ist sein einziges Verbrechen ein Recht, dass allen Menschen zusteht: jemand anderen zu lieben. Und ob dieser Jemand nun Frau oder Mann ist, spielt übrigens für einmal in der Kirche keine Rolle. Beides ist gleich verboten. Was also bleibt einem verliebten Priester? Das, was die Kirche gross gemacht und gleichzeitig das Vertrauen in sie zerstört hat: Schweigen und Vertuschen.

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Transparenz ist das Zauberwort. Daran haben wir die ganzen Jahre gearbeitet, dafür habe ich mich eingesetzt und das soll auch so weitergeführt werden. Intransparenz ist passé. Aber es gibt sicher auch weiterhin viel zu tun, damit das Erreichte bleibt und weiterentwickelt wird. Für Transparenz sorgt nicht zuletzt unser Newsletter «Grüss Gott Zürich», der über alles berichten darf und soll und dem einen oder anderen auch den Spiegel vorhalten kann.

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Am Donnerstag ging es dann ans Eingemachte. Mein Nachfolger wurde an der konstituierenden Synodensitzung gewählt. Es ist Raphael Meyer geworden, der bisher schon mein geschätzter Vizepräsident war. Raphael, ich wünsche dir viel Freude in deinem Amt, ein engagiertes Team am und um den Hirschengraben 66, viele gute Menschen, die mit dir auf dem Weg sein werden und dazu immer auch eine gesunde Portion Humor. Das wissen wir beide, das tut gut!

Danke auch an Lorenz Schmid, dass er sich der Kampfwahl gestellt hat, sodass die Synodalen eine Auswahl hatten und es eine echte Wahl gab.

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Ich verabschiede mich nun von vielen mir liebgewordenen Menschen. Ich wünsche Ihnen/euch alles erdenklich Gute. Mir bleibt nun das, was ich als Fundament eines jeden Glaubens ansehe: die Hoffnung. Hoffnung, dass ich den Wandel noch erleben werde. Und dass wir eines Tages eine Kirche sind, die auch nach den Werten lebt, die sie selber predigt und die mir wichtig sind.

Grüss Gott – auf Wiedersehen. Hebed eu Sorg!
Franziska Driessen-Reding

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Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.

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