Zick-Zack-Kurs
Diese Woche kam ich wieder einmal kaum hinterher, um alle Berichterstattungen mit Bezug zur katholischen Kirche durchzusehen, geschweige denn wirklich auch alle von A bis Z zu lesen. Was ich definitiv behaupten kann: Langweilig ist es mir seit meinem Arbeitsbeginn vor eineinhalb Jahren bei der Katholischen Kirche im Kanton Zürich noch nie geworden.
Da stellt sich die Frage, wo ich überhaupt beginnen soll, über diese Woche und die kommenden Tage zu berichten und meine Gedanken zum Thema niederzuschreiben. Nun, ich beginne mal in der Schweiz, hüpfe dann zum Vatikan und werde dann mit dem Kanton Zürich abschliessen. So zumindest der Plan.
Ich habe die katholische Kirche in meiner Zeit hier aber eher als Hase im Zick-Zack-Kurs erlebt, weshalb ich nicht garantieren kann, dass mir das nicht auch beim Schreiben passiert.
«Im Wunsch nach mehr Partizipation und Gemeinschaft bei der Erfüllung ihres Auftrags will die katholische Kirche in der Schweiz eine ‹Synodalitätskommission› ins Leben rufen», heisst es in einer gemeinsamen Medienmitteilung der Schweizerischen Bischofskonferenz SBK und der Römisch-katholischen Zentralkonferenz RKZ von dieser Woche.
Das neue Gremium wird für eine auf fünf Jahre befristete Probephase errichtet, in der es «Formen der synodalen Entscheidungsfindung auf nationaler Ebene testen soll.»
Schauen wir mal, ob und was dabei herauskommt oder ob es nur alter Wein in neuen Schläuchen ist. Ich bleibe hoffnungsvoll, auch wenn die Mitteilung nicht wirklich eindeutig und in einfach verständlicher Sprache verfasst ist (kann mir mal jemand erklären, was «postmigrantisch» sein soll? Also den Begriff weiss ich mir ja schon zu «übersetzen», aber was soll das bitte für die Kirche heissen?)
Prävention ist und bleibt ein Dauerthema. Der Präventionsbeauftragte des Bistums Chur, Stefan Loppacher, war diese Woche an einer Tagung in Wien, um sich mit anderen Präventionsbeauftragten zu vernetzen. Sein Fazit: In der Schweiz fehle eine solche Vernetzung noch weitgehend und ausserdem gebe es generell viel zu wenig Ressourcen und Fachleute für Prävention. Das Thema bleibt eine Herausforderung und es ist an uns allen, es nicht aus den Augen zu verlieren.
«Dignitas infinita»: die unendliche Menschenwürde. So heisst das neuste Papier aus dem Vatikan, das von Papst Franziskus abgesegnet wurde. Eines muss man ihm lassen: Er versteht es in den letzten Monaten, immer wieder in die Schlagzeilen zu kommen.
Was hat es denn nun mit dem Dokument auf sich, dass sich als Deklaration für die Menschenrechte versteht, in sich meiner Meinung nach aber auch klare Widersprüche trägt zur Papst-Aussage «fratelli e sorelle tutti», der Aussage «alle sind in der katholischen Kirche herzlich willkommen»?
Menschen beispielsweise, die mit ihrer Körperidentität Probleme haben oder nicht der Norm Mann / Frau entsprechen, wird untersagt, ein Leben zu führen, wie es ihnen entspricht. Diesbezügliche medizinische Eingriffe sind nicht kirchenkonform. Von der Sexualität gar nicht zu reden.
Hier kann ich auf diverse interessante Thesen und Artikel auf dem Portal katholisch.de verweisen, in denen berechtigte Fragen zum Dokument gestellt werden. Auch auf kath.ch sind verschiedene, hinterfragende Stellungnahmen zu finden. Mittlerweile publizierte auch Vatican.News die Kritik am Dokument.
Menschenwürde bedeutet, dass jeder Mensch wertvoll ist, weil er ein Mensch ist. Zur Menschenwürde gehört auch, dass er freiheitlich seine eigenen Entscheidungen treffen kann und darf. Der Mensch hat immer einen Wert. Auch wenn er krank ist. Auch wenn er nicht arbeiten kann. Auch wenn er anders als die «Norm» ist.
Der Vatikan beruft sich auf die UNO-Deklaration. Diese hat sich seit den Anfängen aber weiterentwickelt, gerade auch in Bezug auf Geschlechteridentitäten. Schafft das die Kirche irgendwann einmal auch?
Der Papst hat mich diese Woche auch noch anderweitig beschäftigt. In der Paulus Akademie gab es die Buchvernissage von Theologe und Journalist Michael Meier. Nebst der Vorstellung seines Buches «Der Papst der Enttäuschungen» gab es im Anschluss auch eine spannende Diskussion mit dem italienischen Journalisten Marco Politi, der selbst schon mehrere Papstbücher publiziert hat.
Hier der nüchterne reformierte Schweizer Buchautor Meier, auf der anderen Seite der emotional extrovertierte Politi, der beispielsweise in der Tatsache, dass der Papst bereits zum dritten Mal eine Kommission zur Frauenfrage einberufen hat, ein positives Signal sieht («wenn es den Papst nicht interessieren würde, hätte er schon lange entschieden», so Politi), wo hingegen Meier ein Pro-forma-Hinauszögern sieht.
Die Lektüre der beiden Bücher steht bei mir noch an. Aber die aufgeworfenen Fragen sind etwas, die uns alle beschäftigen (sollten), gerade im Hinblick auf den Synodalen Prozess und dessen Entwicklung. Unsere Kollegin Sandra Leis von kath.ch hat sich in einem Podcast mit Michael Meier zu seinem neuen Buch unterhalten.
Dass die Partizipation auch heute schon möglich ist, zeigt sich am Beispiel der Christkatholiken. Am Samstag stellen sich in Olten die drei Nominierten für das Bischofsamt der Christkatholischen Kirche der Schweiz an einer Wählerversammlung vor. Die eigentliche Wahl des geistlichen Oberhaupts der Kirche findet dann an der Nationalsynode Ende Mai in Aarau statt.
Zur Wahl stehen Frank Bangerter, Pfarrer in Zürich, Christoph Schuler, Pfarrer in Grenchen und auch Lars Simpson, Pfarrer in Zürich. Wann kommt eine breit abgestützte Bischofswahl bei der Katholischen Kirche? Ach, ich hatte vergessen, dazu braucht es ja den heiligen Geist, der bei den Laien ja offenbar nicht vorhanden sein soll, nur bei den geweihten Häuptern ... Und bei Frauen wirkt der heilige Geist zuwenig, als dass sie abstimmen könnten (ich weiss, auch da ging es in der Schweiz sehr lange).
Zurück an den Absender hiess es diese Woche bei der Synode mit 83 zu 3 Stimmen. Die Synode der Katholischen Kirche im Kanton Zürich hat den Antrag für einen Rahmenkredit von insgesamt sechs Millionen Franken zur Unterstützung von nicht anerkannten Religionsgemeinschaften für die Jahre 2026-2031 zurückgewiesen.
Angesicht der noch ungeklärten Fragen zur Rechtsform des Fonds und den Kriterien für Unterstützungen hat die Synode wie die reformierte Kirche eine detailliertere Vorlage gefordert. Geplant ist, eine überarbeitete Fassung im ersten Quartal 2025 nochmals der Synode vorzulegen. Das SRF Regionaljournal (erster Beitrag) berichtete direkt darüber und stellte Synodalratspräsident Raphael Meyer Fragen im Interview.
Zünftig geht es übers Wochenende in der Stadt Zürich zu und her. Am Sonntag steht beim Sächsilüüte der farbenprächtige Kinderumzug auf dem Programm, am Montag muss dann der Böögg mit seinem Kopf als Sprengsatz herhalten. Passend dazu sei eine weitere Lektüre empfohlen: der Bericht über den «Zunft-Pfarrer» auf der Website von Katholisch Stadt Zürich.
Auch nächste Woche bieten Paulus Akademie, ZIID, TBI und weitere Organisationen (nach dem Sächsilüüte) wieder viele interessante Bildungsangebote an. Reinschauen lohnt sich immer.
Ich wünsche Ihnen ein wunderbares Frühlingswochenende. Und einen erfrischenden Start in die neue Woche nach dem Böögg-Verbrennen. Mögen die Sorgen und negativen Gedanken so in Flammen aufgehen wie der Böögg am Montag.
Herzlich
Sibylle Ratz
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.
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