Kirche aktuell

Sommerserie: Flughafenseelsorge Ankunft, Abschied und die Sehnsucht nach Freiheit

«Menschen suchen hier nach Ruhe und einem Moment Entschleunigung im hektischen Flughafenalltag», erzählt Andrea Thali. Seit fast 25 Jahren arbeitet die Theologin am Flughafen Zürich.
14. August 2023 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Ihre «Gemeinde» ist knapp 30.000 Mitglieder stark – täglich kommen zehntausende Gäste hinzu. Die meisten verweilen allerdings nur für einen kurzen Moment an diesem Ort, dann fliegen sie buchstäblich davon.

Hier bei der Flughafenseelsorge hat wenig so viel Bestand wie die Arbeit von Andrea Thali. Die Theologin wirkt seit 1999 – also fast ein viertel Jahrhundert – an diesem besonderen Arbeitsplatz.

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Andrea Thali ist als Seelsorgerin am Flughafen Zürich Lichtpunkt für unterschiedlichste Menschen. Bild: Vera Rüttimann

Ein Altar, ein paar Stühle, ein Klavier und ein Kerzenkorpus für echte Wachskerzen. Der interreligiöse Andachtsraum ist bewusst schlicht gestaltet – er soll allen Glaubensrichtungen offenstehen. «Echte Kerzen hier zu haben ist sehr wertvoll», erzählt Thali während sie beherzt die Wachsreste der ausgebrannten Kerzen mit einem Werkzeug von Metall löst. In den meisten Flughäfen sei das wegen des Brandschutzes leider gar nicht möglich.

In dem etwas kleineren Gebetsraum nebenan ist Mekka ausgeschildert und es liegen Gebetsteppiche bereit. «Meditation» steht über den Eingangstüren. «Es kommen viele Muslime hier her, um zu beten», erzählt Thali. «Aber in unseren Räumen wird nicht nur gebetet. Menschen suchen hier nach Ruhe und einem Moment Entschleunigung im hektischen Flughafenalltag.»

Verständigung mit offenem Herzen

Generell sei ein Flughafen ein emotionaler und symbolträchtiger Ort, meint Thali. Ankunft und Abschied sind omnipräsent wie auch die Sehnsucht nach Freiheit und Horizonterweiterung. So sei es nicht verwunderlich, dass ein solches dynamisches, weltweit vernetztes Umfeld auch immer wieder Menschen anzieht, die psychisch und seelisch verwundet und innerlich bodenlos sind.

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Andrea Thali und ihre Kollegen werden in vielen Krisenfällen zu Hilfe gerufen. Manchmal geht es um finanzielle oder soziale Not, manchmal um Panikattacken oder andere tiefgreifende Probleme. Nicht immer findet sich eine gemeinsame Sprache – schliesslich kommen die Fluggäste aus aller Herren Länder. Aber mit einem hörenden Herz und Gesten könne sie sich immer verständlich machen, sagt Thali.

Und obwohl sie hier täglich neue Menschen trifft, gibt es auch feste Gruppen von Menschen, die zu den spirituellen Angeboten wie Meditation, Mittagsgebet oder Sonntagsgottesdienste kommen oder in der Flughafenkirche ein Stück Heimat auf Zeit finden.

Die Gebetsräume der Flughafenseelsorge stehen 24 Stunden am Tag offen. Für alle Angestellten des Flughafens und für jeden Gast. So etwas wie ein «Nacht-Gebets-Verbot» gibt es schliesslich nicht.