Kirche aktuell

Nachhaltigkeit im Gemeindeleben Wie viel ist genug?

Kirchgemeinden können eine Vorbildfunktion in Sachen Nachhaltigkeit übernehmen. Einige Projekte gibt es schon - Nachahmung empfohlen. Bei einer ökumenisch organisierten Impulsveranstaltung kamen diese Woche Ideen und Akteure zusammen.
28. September 2023 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Reduce, Reuse, Recycle. Im Sinne der sogenannten 3R-Regel für einen nachhaltigen Lebensstil kamen am Mittwochabend im grossen Saal der reformierten Kirche Kanton Zürich Interessierte aus den christlichen Zürcher Kirchgemeinden zusammen. Sie alle bewegte die Frage: Wie viel ist genug?

Konkret wurde darüber gesprochen, was die Gemeinden tun und anbieten können, um für einen sparsamen Umgang mit den noch vorhandenen Ressourcen zu werben.

Es sei wichtig, den Fokus auf Suffizienz zu richten. «Echten Umweltschutz gibt es nur mit weniger Verbrauch», erklärte Dr. Annette Jenny, Dozentin für Nachhaltigkeitstransformation an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, den rund 60 Gästen in ihrem Impulsvortrag.

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An den Marktständen der Impulsveranstaltung kamen die Leute ins Gespräch. Foto: Magdalena Thiele

Weniger Verbrauch, das bedeutet Vorhandenes länger nutzen und reparieren, statt neu kaufen. Was einfach klingt, ist im Alltag nicht immer umsetzbar. Es braucht niederschwellige Angebote, weiss Marius Wiher vom Konsumentenschutz Schweiz. Die Stiftung bietet eine Plattform und Hilfestellungen für Repair Cafés und Leih-Bars in verschiedenen Einrichtungen.

«In den Repair-Cafés geht es vordergründig ums ehrenamtliche Reparieren kaputter Gegenstände», erzählt Wiher, «genauso wichtig ist aber der soziale Aspekt. Solche Veranstaltungen schaffen ein Gemeinschaftsgefühl.» Die Leih-Bars, verständlicher bezeichnet als Bibliothek der Dinge, hätten ein ähnliches Potenzial. Sie seien organisatorisch jedoch etwas aufwändiger, weil ständig Lagerraum zur Verfügung stehen muss.

Bewahrung der Schöpfung ist zentrales Anliegen

«Nachdem es bereits der Schwerpunkt der letzten Legislatur war, steht das Thema Nachhaltigkeit weiterhin ganz oben auf unserer Agenda», sagt auch Daniel Otth, im Synodalrat der Katholischen Kirche Kanton Zürich zuständig für Umweltthemen.

Natürlich beherrsche momentan die Veröffentlichung der Pilotstudie zum Missbrauch in der Katholischen Kirche Schweiz die öffentliche Debatte. Es sei aber wichtig, weiterhin verstärkt für die Wichtigkeit der Bewahrung der Schöpfung als zentrales Anliegen der Kirche zu werben, erklärt Otth.

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Synodalrat Daniel Otth und Kirchenrätin Esther Straub (refomierte Kirche) Sprachen Grussworte. Foto: Magdalena Thiele

«Ich glaube das wir mit den Anregungen viel Gutes tun können für Beziehungen, für den Austausch im Quartier und das Leben in der Pfarrei und Kirchgemeinde. Ich bin froh um die tollen bestehenden Beispiele und die Initiativen auf dem Marktplatz – und freue mich, wenn wir noch mehr in Bewegung setzen konnten», sagt Kevin Ischi, Nachhaltigkeitsbeauftragter der Katholischen Kirche im Kanton Zürich, der die Veranstaltung gemeinsam mit der evangelisch-reformierten und der christkatholischen Kirche organisiert hat.

Um Wunsch und Wirklichkeit zusammenzubringen, gab es im Anschluss an den Theorieteil auf dem «Marktplatz» die Möglichkeit, sich auszutauschen und von den Erfahrungen der Experten und anderen Projekten zu lernen.

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Die Referierenden (v.l.n.r.): Jasmin Helg (Transition Zürich), Marius Wiher (Konsumentenschutz) und Dr. Anette Jenny (ZHAW). Foto: Magdalena Thiele

Ein Beispiel stelle Yasmin Homberger von der Spanischen Mission der Katholischen Kirche vor. Im letzten Jahr hatte Pater Juan Carlos medienwirksam per Youtube-Video einen Krippen-Bau-Wettbewerb ausgerufen. Die Challenge: Eine Krippe zu bauen ausschliesslich aus naturverträglichen oder recycelten Materialien. Die Aktion sei so erfolgreich gewesen, dass sie auch für dieses Jahr geplant ist, erzählt Homberger.

Verzicht ist alternativlos

Grundsätzlich sei neben allen punktuellen Bemühungen aber ein Umdenken nötig, sagt Wissenschaftlerin Jenny. «Viel zu lange ist ständiges Wachstum als Indikator für Wohlstand herangezogen worden.» Politischer Erfolg messe sich seit Jahrzehnten an Wachstumsprognosen. Dabei gäbe es keinen feststellbaren Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Lebensqualität oder Zufriedenheit in einer Gesellschaft.

Vielmehr bestätige die Forschung:

«Die wichtigsten menschlichen Bedürfnisse sind nicht käuflich.»

Daran ändere auch die Mär vom Grünen Wachstum nichts, meint Jenny. «Die erhoffte Entkopplung zwischen wirtschaftlicher Prosperität und Ressourcenverbrauch gibt es de facto nicht.» Auch die Annahme, Digitalisierung könnte unseren Alltag umweltschonender gestalten, sei ein Trugschluss. Vielmehr würden Onlineshopping und Co. zu immer schnellerem Konsum anregen.    

Um gezielt gegenzusteuern bleibe nur der Ansatz maximaler Suffizienz – auf den Punkt gebracht: Wir müssen alle weniger verbrauchen. Weniger ist oft genug.

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