Über uns

Nur ein Flügelschlag

Informationsbeauftragte, stellvertretende Bereichsleiterin
Sibylle Ratz
Sibylle Ratz
Ein paar Tage aus dem gewohnten Umfeld ausbrechen, nicht in der gewohnten Umgebung und in den üblichen Routinen verharren, sich auf neue Pfade begeben: Das kann den Horizont erweitern und die Sinne wieder schärfen. Nur schon ein Flügelschlag kann vieles verändern.
09. Juni 2023

Als Optimistin, auch in Kirchenbelangen, beginne ich diese Woche nochmals mit der Langen Nacht der Kirchen wie meine Kollegin Magdalena Thiele im letzten Newsletter. Zahlreiche Pfarreien haben, oft in ökumenischer Gemeinschaft mit Nachbarkirchen, tolle Programme zusammengestellt. Da wurde gerappt, Musik gemacht, zusammen gefeiert, mal ruhiger, mal lauter. In einigen Kirchgemeinden wurde der Aufwand mit vielen Gästen belohnt. An anderen Orten waren die Versuche vielleicht noch nicht optimal. Aber eines hat es gezeigt: Die Kirchen leben. Meine Kollegin Saskia Richter hat dazu einen Rückblick zusammengestellt.

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Die Kirchen leben - noch. Und unterschiedlich gut, je nach Pfarrei. Wieso noch? In einem meiner früheren Beiträge habe ich mich als Fan von Karin Iten, der Präventionsbeauftragten des Bistums Chur, geoutet. Nicht, dass die Kirche an einer einzigen Person hängt. Wobei auch die Fokussierung auf einen Menschen, unseren Papst, geht ja schon in diese Richtung. An der Stelle übrigens die besten Genesungswünsche an Papst Franziskus, auch wenn er diesen Newsletter wohl kaum zu lesen bekommt.

Vergangene Woche hat Iten ihre Kündigung eingereicht, weil sie keine konstruktive Zukunft mehr in der katholischen Kirche sieht. Das ist, mit Verlaub, eine Katastrophe, gerade im Hinblick auf die Präsentation der Vorstudie zu Missbrauchsfällen in der Schweiz. Es ist nicht zu erwarten, dass die Zahlen über Missbrauchsfälle wesentlich tiefer ausfallen als in allen anderen Ländern, die sich ernsthaft mit den schrecklichen Vorfällen befasst haben. Karin Iten hat einen super Job gemacht und hat den Finger, auch schmerzhaft, auf die Lücken im System gelegt. Und das zu Recht. Wer kann sich ernsthaft auf Gott berufen, der Kindern, Jugendlichen und anderen Schutzbefohlenen Gewalt antut und Macht missbraucht. Wie können sich diese Menschen morgens überhaupt noch im Spiegel ansehen?

Was soll das Herumgeeiere wegen des Umgangs mit der Sexualität im Verhaltenskodex. Es will ja nicht jemand wirklich ernsthaft noch bestreiten, Homosexualität gäbe es nicht bei den katholischen Priestern. Priester sind nicht per se die besseren Menschen. Sie haben andere Aufgaben. Diese sollten sie nach bestem Wissen und Gewissen wahrnehmen. Tun sie aber nicht immer und es gibt schlicht auch ungeeignete Personen, wie auch nicht jeder langjährige Mitarbeitende fähig ist, eine Vorgesetztenfunktion erfolgreich auszufüllen.

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Stellungnahmen von Bischof und Generalvikar wurden in der Vergangenheit und werden auch jetzt schmerzlich vermisst. Darüber, wie es weitergeht mit der Prävention, wird kein Wort verloren. Ebenso lässt man sich sehr viel Zeit mit der Neubesetzung des ehemaligen Kommunikationsbeauftragten des Generalvikars, Arnold Landtwing, der bereits im Mai eine neue Aufgabe in Zug übernommen hat.

Unabhängig von der Diskussion über den Synodalen Weg: Vom Arbeitgeber, in diesem Fall eben Bischof und Generalvikar, hätte man sich viel früher und öfter gewünscht, dass er Frau Iten den Rücken stärkt und sie nicht einfach dem Fegefeuer der konservativen Kräfte überlässt oder den wutschäumenden Äusserungen eines Niklaus Herzog auf swisscath.ch, der immer wieder diffamierende Äusserungen zur Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding und anderen Personen auf dieser Plattform platziert, die absolut unter jedem Niveau sind (gern geschehen für die neuen Leser ihrer Website, Herr Herzog!).


Ich hoffe sehr, dass Stefan Loppacher, der im Zweierteam mit Karin Iten die Aufgaben wahrgenommen hat und die Präventionsstelle auf das aktuelle Niveau geführt hat, möglichst nahtlos echte Unterstützung mit einer neuen Mitarbeiterin bekommt.



Mein Chef, Simon Spengler, hat sich zur Wallfahrt nach Einsiedeln am 1. Juli Gedanken über die Marienverehrung gemacht. Ein absolut lesenswerter Meinungsbeitrag («Sei gegrüsst, Königin, Mutter der Barmherzigkeit») und der viele Themen der aktuellen Diskussion auf den Punkt bringt. Die Teilnahme an der Wallfahrt kann sicherlich ein tolles Gemeinschaftserlebnis sein, unabhängig zur Meinung über den Synodalen Prozess.

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Mein schönstes Erlebnis waren ein paar Tage mit einer guten, langjährigen Freundin im Tessin. Nebst Grottobesuch, wo es einfach das gab, was gerade an diesem Tag in der Küche zubereitet wurde, war ich in der «Falconeria» in Locarno, die viele Tessinreisende vermutlich auch kennen. Greif- und andere Vögel fliegen in einer Show über die Köpfe der Zuschauenden hinweg. Allesamt einzigartige Geschöpfe der Natur mit ihren eigenen Charakteren und Eigenschaften. Die Berührung einer Eule mit einer Flügelspannweite von zwei Metern mit ihren Federn am Kopf war einfach zauberhaft. Ein Flügelschlag, der alle Anwesende im ureigensten Wortsinn berührte und allen ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. Manchmal braucht es nicht viel, um glücklich zu sein und über die Schöpfung zu staunen.

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In diesen Tagen wurde ich auch erstmals mit der «Schöpfungszeit» konfrontiert, die vom 1. September bis zum 4. Oktober in den Kirchen gefeiert wird. Das ist etwas, was bisher an mir unbemerkt vorüberging. Aber ich bin schon gespannt, was sich die katholischen Kirchen dazu im Herbst einfallen lassen. Mit der Schöpfung etwas zu tun hat aber mit Sicherheit die Abstimmung vom 18. Juni zum Klimagesetz. Da habe ich eine klare Stellungnahme der Katholischen Kirche im Kanton Zürich ebenfalls sehr vermisst. Mein JA ist jedenfalls bereits abgeschickt.

 
Ebenso ein deutliches JA sage ich zur neuen Kirchenordnung. Auch wenn Niklaus Herzog diese auf seiner Plattform als krass übergriffig bezeichnet – wie auch wieder mit deutschphoben Äusserungen. Was ist jetzt wohl übergriffiger: Die Römisch-katholische Körperschaft im Kanton Zürich zur Inklusion zu verpflichten oder jemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung, seinem Sein als etwas zwischen Mann und Frau aus der Gemeinschaft der Getauften bewusst auszuschliessen (sind wir nicht alle Geschöpfe des lieben Gottes, genau wie diejenigen Priester, die übergriffig gewesen sind oder es immer noch sind im Schutz und im Schatten der Kirche). Zusätzlich stossend, dass das Portal noch mit Inseraten einer Zürcher Stadtkirche mitfinanziert wird.
 

 

Von uns gegangen ist diese Woche Peter Henrici im Alter von 95 Jahren. Zehn Jahre lang war er als Weihbischof des Bistums Chur und Generalvikar zuständig für die Kantone Zürich, Schwyz und Glarus. Vor wenigen Jahren erst hatte ich eine erste und einzige Begegnung mit ihm. Auch wenn wir nicht in allem einer Meinung waren: Er hatte auch im hohen Alter ein herzliches Lachen im Gesicht. Möge es ihm gut gehen, da wo er jetzt ist.
Die Erdbestattung findet am kommenden Mittwoch, 14. Juni, um 13.30 Uhr auf dem Friedhof Sihlfeld in Zürich statt. Die Auferstehungsfeier ist dann am selben Tag um 15.00 Uhr in der Kirche St. Peter und Paul. Eine Würdigung von Josef Annen, ehemaliger Generalvikar, lesen sie hier.

Das Requiem zu Ehren von Weihbischof Peter Henrici wird am kommenden Mittwoch um 15 Uhr im Internet übertragen. Dazu diesen Link benutzen (funktioniert natürlich dann erst am Dienstag).

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Unser Glaube lehrt uns Barmherzigkeit gegenüber unseren Mitmenschen. Wir sind konfrontiert und herausgefordert mit Kriegen, nicht nur in der Ukraine und dem schrecklichen Dammbruch, der so viele Menschen zu Flüchtlingen macht. Die Aktion «Beim Namen nennen» benennt die vielen Toten, die im Mittelmeer zu Tode gekommen sind. Dazu gibt es viele Begleitveranstaltungen und es werden auch noch Helfende gesucht, welche die Namen lesen und beim Auf- und Abbau helfen. Schön, wenn Sie es einrichten können, am Wochenende vom 17./18. Juni ein Zeitfenster freizuhalten, um mitzuwirken.
Weitere Informationen zum Flüchtlingssonntag sind auch hier zu finden.
Veranstaltungshinweise:

  • Am Samstag, 17. Juni, ab 8.30 Uhr bis Sonntag, 18. Juni, 10 Uhr, findet im Grossmünster und der Wasserkirche eine 24-Stunden-Aktion zum internationalen Flüchtlingstag mit Namen schreiben, Namen lesen der mehr als 50‘000 Toten und es wird ein Mahnmal installiert. Am Sonntag, 18. Juni, um 10 Uhr, findet im Grossmünster ein interreligiöser Gottesdienst zum Thema «Frauen auf der Flucht» statt.
  • Und diesen Samstag, 10. Juni, ist von 14 bis 16 Uhr die Vernissage einer Ausstellung in der Wasserkirche Zürich. Es ist die erste Einzelausstellung der Künstlerin Mandy El-Sayegh in der Schweiz. Die Ausstellung umfasst grossformatige Gemälde und Installationen, sowie Bewegtbilder und Tonarbeiten, und wird sowohl in der Tichy Ocean Foundation unter dem Titel «In Session» als auch in der Wasserkirche zu sehen sein.
  • Übrigens findet jeweils am Freitag über Mittag von 12.30 bis 13 Uhr ein halbstündiges Konzert in der Wasserkirche statt mit wechselnden Musikern und Musikerinnen. Lohnt sich auch einmal vorbeizuschauen.

 
Danke, dass Sie bis zum Schluss mit Lesen dabei waren. Jetzt bleibt mir nur, Ihnen ein wunderschönes Wochenende zu wünschen, bei dem Sie auf Flügeln getragen, vom Wind geküsst und von der Sonne gekitzelt werden.
Herzlich
Sibylle Ratz

Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.

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