Synodalratspräsident Raphael Meyer gratuliert der VIOZ zum 30. Geburtstag «Zeugnis für die Grösse des Glaubens an Gott»
Ich danke für die Einladung zum Jubiläum und für die Ehre, heute als Vertreter der römisch-katholischen Körperschaft und als Vorsitzender des Interreligiösen Runden Tischs des Kantons Zürich das Wort an Sie richten zu dürfen.
Zuerst beglückwünsche ich die Vereinigung Islamischer Organisationen Zürich zu 30 Jahren Engagement als verlässliche und kompetente Ansprechpartnerin für Staat, Kirchen und weitere Institutionen – als repräsentative Stimme muslimischer Organisationen im Kanton Zürich. Dialog setzt voraus, dass auf allen Seiten repräsentative Vertreter bzw. Partnerinnen stehen. Die VIOZ erfüllt diese Aufgabe seit drei Jahrzehnten mit grosser Verantwortung.

Ein schönes Bild. Aber damit ein Baum wachsen kann, braucht er Pflege. Und leider müssen wir eingestehen, dass diese Pflege manchmal vernachlässigt wird – oder dass manche Menschen sogar versuchen, die Wurzeln dieses Baums zu vergiften. Die Giftstoffe haben Namen: Hass, Vorurteile, Ausgrenzung, Abschottung, Antisemitismus, antimuslimischer Rassismus und Christenfeindlichkeit.
Als Religionsgemeinschaften dürfen wir dieses Säen von Zwietracht nicht hinnehmen. Wir müssen konsequent einstehen für Dialog, Zusammenarbeit und gegenseitigen Respekt.
Die VIOZ setzt heute ein solches Zeichen: Sie feiert ihr Jubiläum nicht allein, sondern gemeinsam mit Menschen muslimischen, jüdischen und christlichen Glaubens sowie mit weiteren Religionsgemeinschaften. Dafür gebühren Respekt und Dank.
Ja zu Dialog, nein zu Ausgrenzung
Auch die jüngsten Entscheide der evangelisch-reformierten und der römisch-katholischen Synoden haben ein wichtiges Signal gesendet. Trotz kontroverser Debatten und intensiver medialer Auseinandersetzungen haben beide Synoden deutlich Ja zu einer vertieften Zusammenarbeit mit dem Verband orthodoxer Kirchen und der VIOZ gesagt – ein Ja zu Dialog und Kooperation, ein Nein zu Abschottung und Ausgrenzung.
Diesen Entscheiden ging viel Arbeit voraus: in Synodalrat und Kirchenrat, in den vorberatenden Kommissionen, in der kantonalen Verwaltung – und nicht zuletzt durch die beharrliche Überzeugungsarbeit der VIOZ und des Verbands Orthodoxer Kirchen. Sie haben zu diesem wichtigen Schritt beigetragen.
Der Kanton Zürich ist vielseitig, divers, multikulturell und multireligiös. Dieses Umfeld verlangt fortlaufenden Einsatz für Frieden, Verständigung und einen respektvollen Austausch. Die Musliminnen und Muslime gehören zu diesem Kanton ebenso wie Jüdinnen und Juden, Christinnen und Christen und Angehörige weiterer Religionsgemeinschaften.
Erlauben Sie mir zum Abschluss aus dem «Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt» oder besser bekannt als «Abu Dhabi-Erklärung» zu zitieren. Es handelt sich um eine gemeinsame Erklärung, welche Papst Franziskus, damals Oberhaupt der Römisch-Katholischen Kirche, und Sheikh Ahmed el-Tayeb, Scheich der Azhar, am 4. Februar 2019 in Abu Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate, unterzeichnet haben. Der Text betont die Geschwisterlichkeit aller Menschen und unterstreicht eine «Kultur des gegenseitigen Respekts» als Handlungsgrundlage des interreligiösen Dialogs. Am Schluss dieser Erklärung heisst es:
«Abschließend hoffen wir darauf dass:
- diese Erklärung eine Einladung zur Versöhnung und zur Brüderlichkeit unter allen Glaubenden, besser noch unter Glaubenden und Nichtglaubenden sowie unter allen Menschen guten Willens ist;
- dass sie ein Aufruf sei an jedes wache Gewissen, das sich von der abweichenden Gewalt und dem blinden Extremismus lossagt; ein Aufruf an den, der die Werte der Toleranz und Brüderlichkeit, die von den Religionen gefördert und unterstützt werden, liebt;
- dass sie ein Zeugnis für die Größe des Glaubens an Gott sei, der die getrennten Herzen eint und den menschlichen Geist erhebt;
- dass sie ein Symbol für die Umarmung zwischen Ost und West, Nord und Süd sowie zwischen allen, die glauben, dass Gott uns erschaffen hat, damit wir uns kennen, unter uns zusammenarbeiten und als Brüder und Schwestern leben, die sich lieben.
- Das hoffen und suchen wir zu verwirklichen, um einen universalen Frieden zu erreichen, den alle Menschen in diesem Leben genießen können.»
In diesem Geist freue ich mich auf viele weitere Jahrzehnte vertrauensvoller Zusammenarbeit und echten, gelebten Dialogs.
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