Kirche aktuell

Jahr der Familie Wie wichtig sind der Kirche Eheleute und Familien?

Leiter Ressort Pastoral
Rudolf Vögele

früherer Leiter Pastoral im Generalvikariat

Rudolf Vögele
Papst Franziskus eröffnet am 19. März ein «Jahr der Familie». Das lässt Rudolf Vögele aufhorchen. Zusätzlich verwundern ihn Aussagen eines Kardinals. Hat Rom endlich begriffen, dass Amoris laetitia längst nicht die Wirkung entfaltet, die in ihm schlummert?
07. Januar 2021

Es lässt mich aufhorchen, dass Papst Franziskus pünktlich zum fünften Jahrestag von Amoris laetitia ein «Jahr der Familie» eröffnen wird. Und noch mehr verwundert es mich, dass der italienische Kardinal Edoardo Menichelli, ein Experte für Familienpastoral, davon spricht, dass «nicht nur Priester und Laientheologen, auch verheiratete Paare in der Seelsorge vermehrt eine Rolle spielen (sollen).»

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Broschüre Kirche und Pastoral betreten "Heiligen Boden"

Familie ist «Heiliger Boden»

Dass Papst Franziskus ein solches «Jahr der Familie» plant, wusste ich in dem Moment nicht, als ich meiner Sekretärin den Auftrag gab, im Januar 2021 die Broschüre Kirche und Pastoral betreten «Heiligen Boden» zu versenden. Verfasst hat diese Broschüre die Pastoralkommission der Schweizer Bischofskonferenz.

Die Bischöfe von Basel und St. Gallen haben diese Broschüre in ihren Bistümern an alle versendet, die in der Familienpastoral engagiert sind.

Sie haben sich das Anliegen der Pastoralkommission zu eigen gemacht, dass es eine grosse und zugleich spannende Herausforderung ist, «Menschen in ihren vielfältigen Lebenssituationen so zu begleiten, dass die Botschaft des nahen und mitgehenden Gottes je neu formuliert werden kann.»

Als Mitglied dieser Pastoralkommission und Mitwirkender an dieser Broschüre war es mir wichtig, diese Impulse auch im Kanton Zürich und Glarus zu verbreiten.

Engagement strahlt aus und motiviert

Just in dem Augenblick, als ich eine Rückmeldung zum Visitationsbericht der Pfarrei Johannes XXIII Greifensee vollendet hatte, traf die Bitte ein, einen Blog zum Thema zu schreiben. Dankbar nehme ich den Steilpass auf. In Greifensee leitet das Ehepaar Hella und Gregor Sodies seit 2014 erfolgreich die Geschicke der Pastoral. Ich darf einen Satz aus diesem Visitationsbericht zitieren: «Das Zusammenspiel der Pfarreileitung als Paar ist ein Gewinn für das Pfarreileben, die Angestellten und die Freiwilligen.»

Diese Erfahrung habe ich schon von einigen Pfarreimitgliedern gehört: Das Miteinander dieser beiden

  • als Mann und Frau,
  • als Prediger und Predigerin,
  • als Liturge und Liturgin
  • mit unterschiedlichen Begabungen und Sichtweisen,
  • ihr gemeinsames Agieren mit dem gesamten Team, dem Pfarreirat und den vielen freiwillig Engagierten

strahlt kräftig aus und motiviert zum Mitmachen.

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Das Ehepaar Hella und Gregor Sodies. Foto: Dominique Meienberg

Corona bereichert uns mit neuen Erfahrungen

Dass Eheleute künftig Pfarreien leiten werden, ist aus römischer Perspektive sicher kein absehbarer Zielpunkt. Da gibt es im Umfeld von Franziskus noch viel zu viele Widersacher, die Leitung nur Geweihten – und damit Männern – zutrauen bzw. vorbehalten. Eine aufmerksame Relektüre, das erneute Studieren vom Amoris laetitia, schliesst solche Gedankengänge jedoch nicht aus. So sagt auch Kardinal Edoardo Menichelli, dass das Bewusstsein wachsen müsse, «dass die Familie gerade im Namen der Sakramente ein pastorales Subjekt sei. Das heisst: Es ist keine Pastoral „für“ die Familie, sondern es sei eine Pastoral „mit“ der Familie, und hier ist die Anstrengung gross.»

Spiritualität im Familienkreis ist ein grosses Bedürfnis

Die Aufforderung, Amoris laetitia erneut zu lesen, sollte uns auch bewusst machen: Wir sind inzwischen um einige Erfahrungen reicher!

Die Pandemiezeit führt klar vor Augen, dass wir mit unseren sonntäglichen Eucharistiefeiern immer weniger gefragt sind. Sehr gross hingegen ist das Interesse an spirituellen Angeboten, an Anregungen, wie man auch zuhause in der Familie, Gottesdienste feiern kann, kirchliche Festtage wie Ostern und Weihnachten auch selbst liturgisch gestalten kann.

Die «unheilige Corona» motiviert(e) tatsächlich Eheleute und Familien, selbst zu Subjekten der Liturgie zu werden – und dies auch interaktiv mit anderen Familien. Tief bewegt hat mich zum Beispiel die Krippenfeier aus der Jugendkirche Samuel in Mannheim: Hätten so viele Menschen auf so verschiedene Weisen in einer normalen Krippenfeier auch mitgewirkt? Sicher nicht!

Profil und Ausstrahlungskraft können sich jetzt schon ändern!

Das Profil und die Ausstrahlungskraft der katholischen Kirche ändern nicht erst, wenn auch Frauen am Altar stehen, wenn Leitung durch Mann und Frau auf allen Ebenen selbstverständlich ist, wenn die «alte Herrenmannschaft» in Rom durch jüngere Männer und Frauen ersetzt sind. Sie können sich schon jetzt ändern,

  • wenn die Verantwortlichen auf allen Ebenen der Kirche tatsächlich die Eheleute und Familien als «heiligen Boden» sehen,
  • auf dem sich sehr viel Spirituelles ereignet,
  • beginnend mit einer Werterziehung im christlichen Sinn, auch wenn die Familien sich ihre Nahrung nicht in der Kirche holen,
  • wo Priester wie auch hauptamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger, Pfarreiräte wie Kirchenpflegen und kirchlich engagierte Freiwillige lernen, diesen «heiligen Boden» der Ehe und Familie ernst zu nehmen, zu pflegen und zu fördern, zu unterstützen und zur Subjektwerdung zu verhelfen.

Überall da kann sich das Antlitz der katholischen Kirche nachhaltig und markant verändern. Weitere Gedanken dazu finden sich in der oben genannten Broschüre Kirche und Pastoral betreten «Heiligen Boden», die im Generalvikariat (generalvikariat@zhkath.ch) bestellt werden kann.