Kirche aktuell

Missiofeier in Dietikon Sechs neue Seelsorgerinnen und Seelsorger für Zürich

Mit der «Missio canonica» hat Bischof Joseph Maria am vergangenen Wochenende acht Theologinnen und Theologen offiziell mit bischöflichem Auftrag in die Seelsorge gesandt. Sechs der neuen Seelsorgenden wirken in Pfarreien im Kanton Zürich.
26. September 2022 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Der Weg zu einer bischöflichen Beauftragung im Seelsorgedienst ist lang: Voraussetzung ist ein fünfjähriges Theologiestudium und anschliessend ein Pastoraljahr in einer Pfarrei im Bistum Chur. Entsprechend gross ist jeweils die Freude der nicht-geweihten Theologinnen und Theologen, wenn sie mit einem bischöflichen Auftrag offiziell in die Seelsorge entsandt werden. «Hier bin ich, sende mich!». Das Motto des Gottesdienstes lehnte sich an der alttestamentlichen Geschichte der Berufung des Propheten Jesaja an.

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In der vordersten Reihe neben dem Bischof die acht neu mit Missio in den Seelsorgedienst gesandten Frauen und Männer. Foto: Nicole Büchel

In einem feierlichen Beauftragungsgottesdienst bekamen acht Frauen und Männer die «Missio canonica» für ihre seelsorgerliche Tätigkeit. Besonders freuen konnte sich auch der Zürcher Generalvikar Luis Varandas, verstärken doch sechs der neu Beauftragten (drei Männer und drei Frauen) die pfarreiliche Seelsorge im Gebiet des Kantons Zürich:

  • Monika Cusinato (Pfarrei St. Josef, Schlieren);
  • Astrid Elsener (Pfarrei hl. Jakobus d. Ä., Ennetmoos);
  • Tatjana Erb (Pfarrei hl. Mauritius, Engstringen);
  • Andris Jaksis (Pfarrei hl. Nikolaus, Hergiswil);
  • Andreas Kunz (Pfarrei St. Felix und Regula, Zürich Hard);
  • Oliver Sittel (Pfarrei St. Benignus, Pfäffikon ZH);
  • Beat Wiederkehr (Pfarrei Maria Himmelfahrt, Wädenswil) und
  • Theresa Zenker (Pfarrei St. Agatha, Dietikon).

Die Predigt von Bischof Joseph Maria Bonnemain können Sie hier nachlesen.

Karriere nach unten: Vom Wirtschaftsprüfer zum Seelsorger

In Zeiten des Personalmangels stellt sich die Frage: Wer entscheidet sich heute für einen Dienst in der Seelsorge? Bei genauerem Hinschauen fällt einer der neuen Seelsorger besonders auf: Beat Wiederkehr. Als 60-jähriger kann er nicht nur auf Lebenserfahrung zurückblicken, sondern er hat auch eine eindrückliche Laufbahn am Brennpunkt der Wirtschaft auszuweisen. 

Beat Wiederkehr
Von der erfolgreichen Karriere in der Wirtschaft zum Seelsorger: Beat Wiederkehr. Foto: zVg

Studium der Betriebswirtschaft bei einem renommierten Wirtschaftsprüfungsunternehmen, Weiterbildung zum Wirtschaftsprüfer, Partner in einer Treuhandfirma, Sprung in die Selbstständigkeit: dies eine Kurzform der beruflichen Karriere von Beat Wiederkehr. Im Alter, in welchem andere sich eine Frühpensionierung überlegen, absolvierte er noch ein Theologiestudium und sagt selber von sich: «Als Unternehmer war ich mittendrin in denselben Mechanismen wie meine Kunden, geprägt von Verlockungen des Geldes, unter Druck in einem stressigen Job. Das habe ich nicht einfach so hinter mir gelassen, nur weil ich begonnen habe Theologie zu studieren.» 

Die Sinnfrage stellt sich unweigerlich

Mit Offenheit spricht er über seine klassische Midlife-Krise. «Ich hatte mich irgendwie verrannt, wurde orientierungslos. Wars das jetzt?» habe ich mich gefragt. «Setze ich mich für das Richtige ein? Macht das alles Sinn, was ich jetzt tue?». In dieser Zeit tauchte bei ihm die alte Sehnsucht auf, Theologie zu studieren. Als einzige Option bot sich ihm das Fernstudium der Universität Luzern. Zu verlieren hatte er nichts, aber er war herausgefordert.

«Dieser verrückte Weg war nur möglich durch die Unterstützung meiner Ehefrau während all der Jahre. Ganz neue Denkwelten haben sich mir erschlossen. Und dann am Schluss kommt die Erkenntnis, dass man die ganze Zeit eigentlich nur an der Oberfläche gekratzt hat. Das macht demütig und bescheiden.»

Was kann die Kirche von der Wirtschaft lernen?

«Da ich mit meiner Arbeit grosse Gestaltungsfreiheit habe und keinen Umsatz erwirtschaften muss, fällt «unproduktives» Tun weniger auf. In der pastoralen Arbeit erwische ich mich dabei, einem Aktivismus zu verfallen, also Dinge zu tun, ohne deren eigentlichen Sinn und Zweck genauer zu hinterfragen und anschliessend kritisch zu reflektieren. «Tue ich die richtigen Dinge und tue ich diese Dinge richtig?» sollte ich mich fragen. In der Wirtschaft läuft das anders: Wenn ein Unternehmen nicht imstande ist, messbare Ziele zu setzen, konsequent umzusetzen, das Erreichte zu überprüfen und langfristig rentabel zu sein, gerät es bald ins Chaos und stürzt ab.»

«Vermehrt strukturiertes, zielgerichtetes und reflektiertes Schaffen würde der Kirche gut tun.»

Und umgekehrt: Was kann die Wirtschaft von der Kirche lernen?

«Bischof Joseph Maria hat den Leitspruch gewählt «Der Mensch ist der Weg der Kirche». Lässt sich dasselbe auch von der Wirtschaft sagen? Wenn die Kirche die Nachfolge Christi wagt, lebt und wirkt sie nicht aus sich selbst heraus, sie schottet sich nicht ab, ist nicht selbstgenügsam. Sie weiss sich gesendet zu den Menschen, besonders den psychisch, physisch und sozial Armen. Für ein erfolgreiches Unternehmen ist Profit unerlässlich. Erst wenn es einer Firma gelingt, auch soziale und ökologische Werte zu integrieren, ist sie in meinen Augen wirklich erfolgreich.»

Du bist jetzt in der zweiten Amtszeit als Synodaler im kirchlichen Parlament. Für was hast Du Dich besonders interessiert oder eingesetzt?

«Besonders spannend wird es, wenn ich in einer Kommission mitwirken kann. Seit drei Jahren bin ich Mitglied der Seelsorgekommission und konnte mich vertiefter mit Sachgeschäften auseinandersetzen. Andere Argumente erweitern meinen Horizont und führen zu neuen Erkenntnissen – oder noch mehr Fragen. Mit dem «jenseits IM VIADUKT» habe ich mich besonders intensiv auseinandergesetzt, durchaus auch kritisch.»

Welches sind heute die besonderen Herausforderungen für einen Synodalen?

«Grundlegend ist die Fähigkeit zuzuhören. Wer seine Aufgabe ernst nimmt, wägt ab, nimmt eine kritisch-konstruktive Haltung ein, handelt respektvoll und achtet auf eine wertschätzende Kommunikation, besonders gegenüber Andersdenkenden. Mittel- bis langfristig bereiten sinkende Steuereinnahmen Sorgen. Das Parlament muss unangenehme Entscheidungen für die Zukunft fällen und sich stärker als bisher fragen, welche Gelder wirklich den Menschen und der Entfaltung des kirchlichen Lebens dienen.»

Du verfügst über grosse Lebenserfahrung. Welchen Rat gibst Du jungen Kolleginnen und Kollegen mit?

«Aufgrund meines Alters mag ich über eine gewisse Lebenserfahrung verfügen, vieles entspannter und gelassener betrachten und eher eingemittet sein. Statt Ratschläge zu erteilen, lasse ich mich von ihrer Begeisterungsfähigkeit, ihrer Kreativität und ihrer achtsamen Haltung inspirieren.»