Kirche aktuell

Schwester Philippa Rath in der Paulus Akademie «Frauen werden an ihrer Berufung gehindert»

Die streitbare Ordensschwester Philippa Rath, Theologin, Autorin und Politikwissenschaftlerin, kämpft unermüdlich für eine Kirche, in der auch Frauen Zugang zu allen Ämtern und Diensten haben. Montag, 27. Juni, ist sie zu Gast in der Paulus Akademie. Vorab stellt sie sich unseren Fragen.
21. Juni 2022 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Schwester Philippa, Sie leben in einer Gemeinschaft von 40 Benediktinerinnen. Jeden Tag müssen Sie zur Feier der Eucharistie einen Mann holen. Erkrankt eine Mitschwester, kann nur ein Mann die Krankensalbung spenden. Wie lange macht Ihre Gemeinschaft das noch mit?

Die Geduld ist noch immer erstaunlich gross. In unserer Gemeinschaft leben Schwestern aus vier Generationen mit unterschiedlichen Einstellungen zu dieser Frage. Bis vor zehn Jahren konnte auch ich selbst mir kaum etwas Anderes vorstellen.

Wie kam es denn zum Umdenken, zur ‘Bekehrung’?

Der Mann am Altar stört mich erst, seitdem ich weiss, dass in unserer Gemeinschaft Schwestern leben, die sich zum Priesterinnenamt berufen wissen. Sie können diese Berufung aber nicht leben, nur, weil sie eine Frau sind. Auch ausserhalb des Klosters begegne ich vielen Frauen, die von unserer Kirche daran gehindert werden, ihre eigentliche Berufung zu leben.

Philippa Rath. Foto: juniainitiative.com
Philippa Rath. Foto: juniainitiative.com

Und Sie selbst?

Ich fühlte mich nie zum Priestertum berufen. Mein Weg ist der in eine klösterliche Gemeinschaft. Diese Berufung konnte und kann ich ungehindert leben. Das empfinde ich inzwischen fast schon als Privileg. Deshalb verstehe ich das grosse Leid all der Frauen, die an ihrer Berufung zum Priesterinnen- oder Diakoninnenamt gehindert werden. 

Als verheirateter Mann kann ich auch nicht Priester werden.

Natürlich wünsche ich mir, dass auch Verheiratete Zugang zu den Weiheämtern erhalten. Bei aller Wertschätzung des Zölibats, sollten wir uns, denke ich, von dem verpflichtenden Zölibatsversprechen als Zugangsvoraussetzung zum Priesteramt verabschieden. Diese Einsicht ist heute weit verbreitet in der Kirche. Auch der entsprechende Vorschlag des «Synodalen Wegs» in Deutschland, der allerdings erst in erster Lesung verabschiedet wurde, strebt eine solche Reform an. 

Kann es sich die Kirche überhaupt noch lange leisten, Frauen von zentralen Ämtern und Diensten auszuschliessen?

Sie kann es sich nur noch leisten, wenn sie sich auf eine kleine Schar, auf die kleine Herde, beschränken will. Das ist aber nicht meine Vorstellung von universaler Kirche. Deshalb setze ich mich mit aller Kraft für Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche ein.

Im Vatikan wird offenbar ernsthaft diskutiert, ein eigenes «Diakonat für Frauen» zu schaffen, das aber nicht Teil des dreistufigen Weiheamtes sein soll. Was halten Sie davon?

Gar nichts. Ein Diakoninnen-Amt zweiter Klasse lehne ich als eine weitere Form von Diskriminierung ab. Und mit mir viele andere Frauen in der Kirche. Das kann kein zukunftsweisender Weg sein.

Wenn aber Frauen Anteil am Weihesakrament bekämen, würde doch die ganze Herrlichkeit des klerikalen Männersystems zerbrechen, denn die männliche Exklusivität ist doch die Grundlage des Systems.

Genau dieses klerikale System und das hierarchisch überhöhte Weiheamt wollen wir ja überwinden und zu einem neuen Amtsverständnis kommen.

Wenn Sie einen Moment träumen, Sie wären Päpstin, was würden Sie sofort ändern?

  • Zunächst würde ich natürlich allen Geschlechtern den Zugang zu Ämtern und Diensten in der Kirche ermöglichen.
  • Dann träume ich von einer ärmeren, einfachen und offenen Kirche, die nahe bei den Menschen und mit ihnen gemeinsam unterwegs ist. Es ist noch zu viel Macht und Geld im Spiel.
  • Und drittens sehne ich mich danach, dass wir dem Leben und Beispiel Jesu wieder näherkommen. Damit wären wir eine menschenfreundlichere Kirche, eine einfachere Kirche und eine geschlechtergerechte Kirche. Deshalb müsste dieser dritte Punkt eigentlich an erster Stelle stehen, denn er umfasst alles.

Das Gespräch führte Simon Spengler

 

Zur Person: Schwester Philippa Rath (66) lebt seit 1990 in der Benediktinerinnenabtei St. Hildegard in Eibingen bei Rüdesheim (D). Die Hildegard-Expertin ist Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und Delegierte der Ordensoberenkonferenz für den Synodalen Weg, wo sie im Synodalforum «Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche» mitwirkt.

Philippa Rath erleben: Montag, 27. Juni, ist Schwester Philippa zu Gast in der Paulus Akademie Zürich.

Lesetipps: Philippa Rath (Hrsg): «... weil Gott es so will» : Frauen erzählen von ihrer Berufung zur Diakonin und Priesterin. Verlag Herder, Freiburg/Basel/Wien 2021 

Philippa Rath/Burkhard Hose (Hrsg.): Frauen ins Amt! Männer der Kirche solidarisieren sich. Verlag Herder, Freiburg/Basel/Wien 2022.

Die Bücher sind auch in der theologischen Buchhandlung Strobel an der Weinbergstrasse 20 in Zürich erhältlich.

Hier lebt Schwester Philippa: Die Abtei St. Hildegard in Eibingen bei Rüdesheim (D). FOTO: Petra Klawikowski, wikimedia.org
Hier lebt Schwester Philippa: Die Abtei St. Hildegard in Eibingen bei Rüdesheim (D). FOTO: Petra Klawikowski, wikimedia.org