Kirche aktuell

Frauen-Pilgerprojekt führte nach Einsiedeln Auf den Spuren kühner Frauen

Wenn siebzehn Katholikinnen aus der weitgehend religionsfreien Region Magdeburg (D) wegen eines alten Buches bis nach Einsiedeln pilgern, dann muss es damit etwas ganz Besonderes auf sich haben.
30. April 2025 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Die Frauen-Pilgergruppe, angeführt von Diözesanreferentin Maria Faber, wandelt auf den Spuren der Mechtild von Magdeburg. Die führen zur Stiftsbibliothek des Klosters Einsiedeln. Denn hier befindet sich die älteste noch erhaltene Abschrift von Mechtilds Schrift «Das fliessende Licht Gottes».

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Die Buchabschrift machte sogar in Deutschland Schlagzeilen. Fotos: Magdalena Thiele

Mechtild von Magdeburg, die fälschlicherweise oft als heilige Mechtild betitelt wird, war Begine, Poetin und Mystikerin. Obwohl sie im 13. Jahrhundert gelebt hat, wurde ihr Offenbarungswerk erst 1869 erstmals veröffentlicht. Seitdem gilt die unkonventionelle Mechtild vielen bis heute als die christliche Ikone der Frauenmystik. «Worauf Gott ihre Hoffnung setzt, das erkühne ich mich!», schreibt Mechtild, erklärt Reiseleiterin Faber. «Wir sind in die Schweiz gekommen, um Orte zu entdecken, an denen kühne Frauen der Kirche gewirkt haben.»

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Die Pilgerinnengruppe zusammen mit Priorin Irene Gassmann (Mitte) vom Kloster Fahr, rechts von ihr Gruppenleiterin Maria Faber.

Aufmüpfigsein braucht es 

Erkühnen, oder anders gesagt: so aufmüpfig und mutig sein, etwas eigentlich Unerlaubtes oder Verpöntes zu versuchen – genau das brauche es damals wie heute, sagt Maria Faber. Entsprechend habe sie Kloster Fahr als Schweizer Quartier für die Pilgerwoche ausgesucht. Sie habe von dem Frauen-Pilgerprojekt gehört, dem Gebet am Donnerstag und dann auch von der internationalen Initiative «Catholic Women’s Council», an der Priorin Irene Gassmann beteiligt ist. «In Kloster Fahr sind wir zu Gast bei Frauen, die das Leben lieben und sich und unserer Kirche mehr zutrauen – so wie einst Mechtild.»

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Christliche Zeichen am Wegrand treffen die Frauen immer wieder an auf ihrem Weg von Einsiedeln zum Benediktinerinnenkloster Au, ausserhalb von Einsiedeln.

Abschrift von Mechtilds Schrift

Der heutige Besuch in Einsiedeln bzw. genauer gesagt bei den Benediktinerinnen im Kloster Au ist das Highlight ihrer Pilgerreise. Hier bei den ehemaligen Waldschwestern in der Vorderen Au war Mechtilds Schrift – genauer: die zwischen 1343 und 1345 im Kreis der Basler Gottesfreunde rund um Heinrich von Nördlingen entstandene Abschrift - nämlich ursprünglich zu Hause, was eine beigelegte Widmung bestätigt. Und hierher hat Pater Justinus es heute für einen Moment zurückgebracht. Wie das Buch im Laufe der Jahrhunderte nach Einsiedeln gelangt ist, ist leider nicht nachvollziehbar.

Die Schwester von Kloster Au hatten bereits vor längerem eine Anfrage an die Stiftsbibliothek gestellt, das Buch einsehen zu dürfen. Zunächst wurde ihnen ihr Wunsch aber verwehrt. Es sei äusserst schwierig, das Buch zu den verbliebenen fünf Benediktinerinnen zu transportieren. Die Schwestern hingehen sind nicht alle gut zu Fuss und der Weg nach Einsiedeln wäre beschwerlich. Dass dann parallel noch die Anfrage aus Magdeburg hinzukam war wohl so etwas wie eine göttliche Fügung, sagt Priorin Irene Gassmann, die die Gruppe heute begleitet. Pater Justinus hat sich daraufhin bereit erklärt, das Buch persönlich vorbeizubringen.

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Die wertvolle Abschrift wird ehrfurchtsvoll begutachtet. Foto: Magdalena Thiele

Pater mit Handschuhen

Nach einer Wanderung vom Klosterplatz in Einsiedeln bis zum Kloster Au ist es schliesslich so weit: Der Einsiedler Pater legt zum Präsentieren des literarischen Schatzes extra die blütenweissen Baumwollhandschuhe an, die er mitgebracht hat. «Über den tatsächlichen Nutzen der Handschuhe lässt sich streiten», erklärt er im Anschluss bei Wasser, Apfelsaft und Keksen in der Klosterstube den aufmerksamen Pilgerinnen und gibt schmunzelnd zu, «Schlussendlich benutzen wir sie, um die Leute zu beeindrucken.»