Kirche aktuell

Neues Programm «50plus» Unterstützung für Langzeitarbeitslose über 50

Nach drei Jahren auf Probe am Standort Winterthur bietet die kirchliche Fachstelle bei Arbeitslosigkeit DFA das Coaching- und Unterstützungsprogramm «50plus» nun an allen DFA-Standorten an. «50plus» hilft über 50jährigen nach längerer Arbeitslosigkeit wieder eine Arbeit zu finden.
12. Juli 2021 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Bereits 2017 beriet ein Mitarbeiter der DFA in Winterthur über 50jährige – mit grossem Erfolg. 60% der Teilnehmenden fanden noch einmal Anschluss an den ersten Arbeitsmarkt. «Das ist ein gutes Resultat», fasst Martin Mennen, Leiter der DFA, zusammen. «Im Vorprojekt waren Menschen, die schon mehr als zwei Jahre arbeitslos waren, darunter auch Selbständige, die keine Leistungen vom RAV beziehen.»

Mit 20 Stellenprozenten begleitete ein Jobcoach die Langzeiterwerbslosen, von denen beim Kanton Zürich rund 1500 gemeldet sind. Viele tauchen in der offiziellen Statistik nicht auf, da sie in einem Zwischenverdienst oder einem Einsatzprogramm arbeiten, selbständig waren oder bereits ausgesteuert sind. Martin Mennen schätzt, dass rund 2500 Menschen im Alter über 50 von längerer Arbeitslosigkeit betroffen sind.

Das Coaching beginnt mit einer Standortbestimmung, die häufig verschiedene Belastungen aufzeigt: Verlust von Selbstwert, Depressionen, Suchtmittelkonsum, der Tag-Nacht-Rhythmus gerät – je nach Einbettung im persönlichen Umfeld – aus dem Gleichgewicht. «Je länger die Leute nicht mehr im Arbeitsprozess sind, desto mehr bauen sie ab. Es werden gewisse Hirnregionen nicht mehr stimuliert – wie bei einem Muskel nach einer Verletzung.»  

150 Bewerbungen sind häufig, Standardabsagen folgen, Verletzungen durch den Jobverlust gehen tief. Der Jobcoach: «Und wenn sie sich dann nach anderthalb Jahren bei einem Vorstellungsgespräch zeigen dürfen, tragen sie ihr ganzes Elend und ihre Verzweiflung vor sich her.»

Vielfach belastete Menschen

Die Beraterinnen und Berater setzen früh an und helfen erstmal die schwierigen Faktoren - sei es psychisch, medizinisch oder im privaten Umfeld - in den Griff zu bekommen. «Die Belastungen im Alltag müssen geringer werden, damit der Kopf frei sein kann und jemand sich auf die Arbeitssuche konzentrieren kann,» fasst Martin Mennen zusammen.

Erst dann geht es um die berufliche Ausbildung, um Erfahrungen und erworbene Fähigkeiten sowie persönliche Stärken. Auch hier schauen die Jobcoaches gemeinsam mit den Klientinnen und Klienten ganz genau hin. «Es liegt immer auch ein bisschen am Markt, zum Beispiel an den hohen Abgaben für Ältere an die Pensionskasse, aber häufig sind ganz persönliche Aspekte ausschlaggebend, dass kein neuer Job gefunden wird», so Mennen. Vor allem erfolgsgewohnte Menschen mit einem hohen Einkommen müssen nach langer Arbeitslosigkeit auf Geld und Status verzichten, wenn sie wieder arbeiten möchten. Eine Erfahrung aus der Pilotphase des Projektes, die für manche der Arbeitsuchenden zunächst schwer auszuhalten ist.

Schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben auch jene Menschen, die nach Studium und Ausbildung jahrelang keine Fortbildungen besucht haben, so dass sie fachlich nicht mehr «up to date» sind. Dazu kommt, so Mennen: «Viele Branchen wie der Detailhandel und die Gastronomie liegen eh brach, und es kommen durch Corona auch viele jüngere, fittere Arbeitslose auf den Markt. Das ist starke Konkurrenz für Ältere auf Stellensuche.»

Krise als Chance

Eine berufliche Krise kann aber auch ein Anreiz sein, sich mit Alternativen zum bisherigen Job zu beschäftigen. «Viele können die Berufsbiographie nicht linear fortschreiben, aber sie können etwas machen, was ihnen Freude macht», beschreibt Mennen die Chance, die sich für manche Menschen auftut. Als Beispiel nennt er einen Angestellten aus der Versicherungsbranche, der heute zufrieden Schulbus fährt. Vor allem vor dem Gang zum Sozialamt haben die meisten Jobsuchenden Angst und wollen diesen so lange wie möglich hinauszögern.

Trotz allen Widrigkeiten glaubt Mennen an das von seinen Mitarbeitenden entwickelte Programm «50plus». Die Erfahrungen und die Evaluation des dreijährigen Vorprojekts zeigen es. «50plus» spricht Personen an, die sich kein aufwändiges Coaching oder teure private Standortbestimmungen leisten können. Drei qualifizierte Job-Coaches mit rund 100 Stellenprozenten sorgen für eine qualitativ hochstehende Begleitung und Unterstützung. Die Finanzierung des Projekts «50plus» läuft über Fundraising bei Förderstiftungen, die Gelder sind bereits gesprochen.

Voraussetzung für die Teilnahme sind: Wohnhaft im Kanton Zürich, älter als 50 Jahre, mindestens ein Jahr erfolglos auf Stellensuche, mindestens 80% arbeitsfähig. Die Teilnahme ist kostenlos. Für mehr Informationen und die Anmeldung: https://dfa.ch/projekt50plus.php.

Die DFA hat ihre drei Standorte in Uster, Winterthur und Zürich.