Kirche aktuell

Frauen und Kirche “Ergeben haben wir hingenommen - ein katastrophaler Irrtum!”

Annette Greber

pensionierte Pflegefachfrau und Grossmutter

Annette Greber
Unsere regelmässige Leserin Annette Greber aus Gontenschwil AG hat uns ihre Gedanken zur Rolle der Frauen in der Kirche zugesandt. Mit ihrem Einverständnis publizieren wir den Text der pensionierten Pflegefachfrau und Grossmutter, die schon lange an ihrer Kirche leidet. Ein eindrückliches Zeitzeugnis!
11. Februar 2020

In den letzten Wochen, Monaten habe ich viel über unsere Kirche sinniert. Nicht als Wissende, nur in meiner Erlaubnis, ganz persönliche Wahrnehmungen zu ordnen. Nie habe ich in meinem Umkreis so viel Hoffnung, Gedanken zu Neuaufbruch erfahren, wie zur Zeit vor der viel verheissenden Familiensynode. Einzig (nebst viel Gezänk anschliessend) ein ganz starkes Bild davon ist mir geblieben: der Einzug hoher Würdenträger zur Eröffnungsfeier der Synode. Ein wogendes Meer klerikal gekleideten Männer, die meisten älterer Generation, in meinem Empfinden eine ungeheure Dominanz männlicher Machtdemonstration. Sicher für viele ein ganz erhabenes Bild, für mich einfach nur arm. Wo sind sie geblieben, die Frauen, die vom Papst zugesprochen, mit so viel Mütterlichkeit befruchtet, wo bleiben ihre zählenden Stimmen ausgerechnet zur Beratung „Schönheit der Familie"? Draussen vor der Tür...

Besudelte Kirche

Mir ist, die Urquelle von zu Recht angeprangerter Macht, Klerikalismus, die Kirche beflügelt und nährt ihn gleich selber von innen. In nützlicher Frist wird sich da nicht viel tun - Veränderungen nicht in Jahren, vielmehr in Generationen angedacht - vielleicht.

Wie habe ich sie gehört, die Botschaft nach Bekanntwerden der vielen Missbrauchs-Skandale. ,,Leider sind wir am falschen Ort gestanden..."

Wie  hätte ich Ihnen zurufen mögen: ,,Sehr wohl, nicht wenige hohe Verantwortungsträger, sie sind ganz wissentlich richtig gestanden, um den Schein der Heiligkeit zu wahren. Oben auf der Kommandobrücke, hellwach, gut darauf bedacht, die vorbeiziehende Schmutzfracht fein säuberlich gedeckt in den sicheren Hafen begleitend, und das über so viele Jahre..."

Da stehen wir mit einer unglaublich besudelten Kirche. Ich versuche weder zynisch noch richtend zu sein, doch fassungslos, das bin ich. Die Ermahnung von Papst Franziskus, schweigen und beten in dieser Situation, da bin ich nun tatsächlich überfordert. Die Wissenden und die Täter, sie haben sich genug lange im frommen Gebet geübt, schweigend... Die Opfer haben sich über Dutzende von Jahren irgendwie durchs Leben gehangelt, schweigend...

Wie kann im Wissen, dass klerikale Macht oft als Steigbügel zu Verbrechen dient, die Dringlichkeit für grundlegende Strukturveränderungen schlicht ignoriert werden?

Unverantwortlich zu glauben, mit dem Einfangen von Tätern mit dem Schmetterlingsnetz sei dem Genüge getan. Wir sind den Opfern verpflichtet, auch den vielen Priestern, die unverschuldet in den Dunstkreis von Anrüchigem geraten. Aus dieser desolaten Situation heute müssen auch Zögernde aus Gewissensgründen zur Kenntnis nehmen, ergeben haben wir hingenommen, allein gottberuferner Männlichkeit steht Wissen und Klugheit zu, was Richtigkeit zu sein hat - ein katastrophaler Irrtum! Freuen wir uns doch über kompetente Frauen, sie wollen nicht nur als Entscheidungsträgerinnen mitwirken, nein, darüber hinaus mit voller Verantwortung auch mittragen!

Veränderungen von unten her

Kürzlich sagte mir ein bald 80jähriger Pfarrer: “Wissen sie, wenn wir die Tore öffnen, dann geht es uns bald wie den Lehrern. Frauen wären in Überzahl vertreten, das wäre dann auch nicht besser.” Da konnte ich nur sagen, "Ja, wärs denn schlechter?” Leicht errötend, (ich glaubte es wahrzunehmen) kniff er sich auf die Lippen... So bleibt mir die Frage: Ist es Verlustangst von Macht und gesicherten Pfründen, oder steckt dahinter eine tiefsitzende Abneigung gegen Frauen, die einer Weihe unwürdig seien? Lieber ein langsames Lichterlöschen der Eucharistiefeier, eigentlich gepriesen als höchste Symphonie des Ganzen?

Kirchlich Verantwortliche werfen uns immer wieder den Ball zu, Veränderungen müssten von unten her beginnen. Wir sitzen schon längst im Boot, werden gesehen, gezählt, doch kaum gehört. Das fühlt sich an wie die Maus im Käsekessi, Licht sehend, doch die Treppe zum Aufstieg, sie fehlt…

Ich erinnere mich an die 2016 mutig nach Rom pilgernden Frauen, dokumentarisch festgehalten. Also mir wäre als Titel zum Film nichts anderes eingefallen als, "Ihr seid weder bestellt noch abgeholt!" (Wenigstens waren noch zwei Vertreter der CH- Bischofskonferenz anwesend)

Eben  habe  ich  gelesen “Der Erneuerungsprozess  der  Kirche kommt langsam zum Laufen". Ob es mehr wird als erneutes Reden, was denn beredet werden muss?

Ich hoffe immer noch, eh die Kirche sich im Belanglosen gleich selber verabschiedet.