Kirche aktuell

Armut und Corona Caritas Zürich fordert Mindestlohn

Die Corona-Krise treibt viele Menschen ungewollt in die Armut – vor allem die, die trotz Arbeit wenig verdienen. Die Caritas Zürich hilft in der Not und reagiert.
20. Oktober 2020 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Das Thema Armut im reichen Kanton Zürich steht seit langem ganz weit oben auf der Agenda der Caritas Zürich. Die letzten von Corona geprägten Monate führen jedoch bei immer mehr Menschen zu finanziellen Engpässen und verschärfen die Lage zusätzlich. Max Elmiger, Direktor der Caritas Zürich, kennt diese Notlage und gibt Einblick.

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Welche Auswirkungen spüren die Caritas-Mitarbeitenden seit Beginn der Pandemie?

Die grösste Not und Verunsicherung spüren die Mitarbeitenden in den Caritas-Märkten. Sie sind täglich damit konfrontiert. Zusätzlich sind sie herausgefordert, weil sie sich der Viren-Gefahr aussetzen. Die Caritas-Märkte sind systemrelevant und waren immer geöffnet.

Wer ist  jetzt speziell von Armut betroffen?

Alle, die keinen geregelten Aufenthalt in der Schweiz oder die B-Bewilligung haben, haben gelitten oder leiden noch. Klassischerweise reicht ihr erarbeitetes Geld nicht mehr, weil zum Beispiel eine Putzstelle wegfällt, da der eigentliche Arbeitgeber nach Lohneinbussen neu selbst putzt. Eigentlich hätten sie Sozialhilfe zugute, können diese aber nur vorübergehend beziehen, sonst verlieren sie die Aufenthaltsbewilligung oder ihren Status. Die Verknüpfung von Aufenthalt und Sozialhilfe ist nicht gelöst, das muss dringend auf die Agenda. Grundsätzlich betreffen die Lohneinbussen durch Arbeitsverlust oder Kurzarbeit aber auch sehr viele Schweizerinnen und Schweizer - in der Reinigungsbranche, beim Kurierdienst oder in der Gastronomie. Das Thema «Working poor», Menschen, die  trotz Arbeit arm bleiben, begleitet uns schon länger.

Wie viele Menschen waren im letzten halben Jahr auf die Hilfe der Caritas angewiesen?

Die Zahlen steigen sehr stark an. Für uns im Zentrum stehen jedoch die rechtzeitige und menschenwürdige Hilfe: Viele finden in den Läden nicht nur vergünstige Lebensmittel, sondern auch ein offenes Ohr in ihrer Not und Isolation. Menschen im Tieflohnsegment konnten wir rechtzeitig eine Miete oder Krankenkassenprämie finanzieren. Und als Soforthilfe waren Einkaufsgutscheine eine willkommene Nothilfe zur Überbrückung. Auch die Beratungsarbeit lief immer auf sehr hohem Niveau - keine Spur von Lockdown!

Wie können wir Armut in der derzeitigen Krise wirksam bekämpfen?

Zurzeit arbeiten die öffentliche Hand, private Hilfswerke, Kirchen und viele lokale Initiativen wunderbar zusammen. Noch...! Jetzt sind langer Schnauf und Ausdauer gefordert.

Die Arbeit ist langfristig auf diesem Niveau zermürbend. 

Welche politischen Forderungen stehen für die Caritas Zürich ganz oben auf der Liste?

Wir engagieren uns ganz klar für die Mindestlohninitiative, dies in den Städten Zürich, Winterthur und Kloten. Vorbilder sind hier Mindestlohngebiete wie der Kanton Jura oder die Stadt Neuchâtel. Sie zeigen, dass ein Mindestlohn realistisch und möglich ist. Nur schon in der Stadt Zürich gibt es 17 000 Menschen, die weniger als 23 Franken in der Stunde verdienen – da reicht das Geld schnell nicht mehr. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die Mindestlohn-Initiative zu unterstützen. Wir sind engagiert im Komitee, bei der Unterschriftensammlung oder der Vernetzung mit anderen Hilfswerken.  

 

Caritas Armutsforum   

Am 21. Oktober tauschen sich Politikerinnen und Politiker, Forscherinnen und Forscher beim Armuts-Forum der Caritas aus. Das Thema heisst: «Prekäre Arbeit - Wenn der Job die Existenz nicht sichert». Das Armutsforum kann per Livestream auf www.caritas-zuerich.ch/armutsforum verfolgt werden. (Beginn 13 Uhr)