Kirche aktuell

Religion & Literatur - Dichtung, die mit Gott ringt

Religionskritik in der Lyrik? Als Seismographen ihrer Zeit stellen auch Lyrikerinnen und Lyriker die Gottesfrage: Gibt es Gott überhaupt? Kann es Gott so geben, wie man ihn traditionell denkt? Religionskritik ist seit dem 18. Jahrhundert, der Zeit der Aufklärung, immer mehr zum Mainstream geworden; in der Lyrik manifestiert sich diese Kritik weniger in harschem Atheismus, sondern sucht ihren Ausdruck in vielfältigen Formen, die feinfühlig inneren Stimmen folgen.
  • Religion & Literatur - Dichtung, die mit Gott ringt
  • 2023-05-09T19:30:00+02:00
  • 2023-05-09T21:00:00+02:00
  • Religionskritik in der Lyrik? Als Seismographen ihrer Zeit stellen auch Lyrikerinnen und Lyriker die Gottesfrage: Gibt es Gott überhaupt? Kann es Gott so geben, wie man ihn traditionell denkt? Religionskritik ist seit dem 18. Jahrhundert, der Zeit der Aufklärung, immer mehr zum Mainstream geworden; in der Lyrik manifestiert sich diese Kritik weniger in harschem Atheismus, sondern sucht ihren Ausdruck in vielfältigen Formen, die feinfühlig inneren Stimmen folgen.
  • Was Paulus-Akademie Literatur
  • Wann 09. Mai 2023 von 19:30 bis 21:00 (Europe/Zurich / UTC200)
  • Wo Paulus Akademie, Pfingstweidstrasse 28, 8005 Zürich
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An vier Abenden werden Stationen einer solchen Gottesentfremdung anhand exemplarischer Gedichte beleuchtet. Das Spektrum reicht von der Befreiung von vermeintlich überholten Gottesvorstellungen und der Verdrängung der Religion durch die Kunst bis zur radikalen Gottesanfrage durch die Schoa. Stellvertretend für diese Positionen stehen Goethe, Rilke, Benn und Paul Celan. Die Lyrikerinnen Nelly Sachs, Rose Ausländer und Hilde Domin wagen hingegen ihr trotziges «Dennoch».

DI 18.4.2023 – Goethes «Prometheus»
«Ich kenne nichts Ärmeres unter der Sonne als euch, Götter!» So spottet Prometheus über Zeus. Prometheus steht – wie Faust – für den selbstbewussten, aufgeklärten Menschen, der auf die Götter pfeift. Während Goethes Hymne «Prometheus», eigentlich eine Antihymne, Gott in Frage stellt, dokumentieren die Gedichte «Ganymed» und «Das Göttliche» sowie weitere Texte den Abschied Goethes von einem transzendenten Gott.

DI 25.4.2023 – Rilke und/oder Benn
Rainer Maria Rilkes «Duineser Elegien» kreisen um den Einbruch des Göttlichen in unsere Welt, während der Dermatologe Gottfried Benn in «Morgue» (französisch für «Leichenhalle») das Leiden der Menschen diagnostiziert. Der  hymnischen Sprache des Prager Dichters Rilke steht das kühle Protokoll des ehemaligen Militärarztes Benn entgegen. Wo gehen unsere Sympathien hin? Sind wir «Realisten» oder «Mystiker», materialistisch oder spirituell?

DI 2.5.2023 – Paul Celans «Gelobt seist Du, Niemand» und Nelly Sachs’ «Chor der Geretteten»
Der in Czernowitz, also in der heutigen Ukraine aufgewachsene Paul Celan verlor seine Eltern in der Schoa, zog nach Paris und dichtete zeitlebens in der Sprache der Mörder seiner Eltern. Seine Gedichte sind das Kaddisch (jüdisches Totengebet) eines – scheinbaren? – Atheisten. Mit der «Todesfuge» schuf Celan ein Jahrhundertgedicht; «Gelobt seist du, Niemand» stellt unerbittlich die Frage nach der Abwesenheit Gottes in Auschwitz. Dennoch oder gerade deshalb  verwendet Celan in seinen Texten auffällig oft religiöse Motive. Mit der Literaturnobelpreisträgerin Nelly Sachs verbindet ihn eine tiefe, aber schwierige Freundschaft: Celans Begegnung mit Sachs in Zürich offenbart ihren grundsätzlich  unterschiedlichen Umgang mit der Schoa.

DI 9.5.2023 – Hilde Domins «Abel steh auf» und Rose Ausländers «Hoffnung»
Auch Hilde Domin, deren Name bewusst an die Dominikanische Republik anklingt, die Insel ihres Exils, verlor ihre Eltern als Folge der Nazidiktatur. Ihre Wunde brach vollends auf, als sie kurz vor dem Wiedersehen mit ihrer Mutter nach langer Trennung von deren Tod erfuhr. Das Schlüsselwort der kämpferischen Heidelberger Dichterin ist «Dennoch». «Nicht müde werden» lässt uns aufs Wunder hoffen, und mit «Abel steh auf» schreibt sie sozusagen die Bibel um. Auch  Rose Ausländer, die wie Paul Celan aus Czernowitz stammt, aber 19 Jahre älter als dieser war, wurde eine Lyrikerin mit großer Strahlkraft. Von Theodor Adornos Diktum, man könne nach Auschwitz keine Gedichte mehr schreiben, liess sie sich nicht beirren.

Die Abende können einzeln besucht werden. Methodisch sind sie als Seminar mit Inputs, gemeinsamer Lektüre der Gedichte und mit Gelegenheit zum Austausch gestaltet. Es braucht weder eine spezielle Vorbereitung noch ein spezielles Vorwissen.

 

Leitung

Dr. phil. Jean Pierre Bünter

Kosten

CHF 25.– pro Veranstaltung
CHF 80.- Package für alle vier Veranstaltungen
Für Mitglieder Gönnerverein der Paulus Akademie, Studierende und Lernende, IV-Beziehende und mit KulturLegi:
CHF 15.– pro Veranstaltung
CHF 55.– Package für alle vier Veranstaltungen

Link Programmflyer