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Aktuelle Ausgabe forum Pfarrblatt Licht in die Nacht

Alle Religionsgemeinschaften kennen Lichtbräuche. Im Christentum wurde das Licht gar zu jenem Symbol, das buchstäblich alle anderen Symbole überstrahlt. Ein Querschnitt.
18. Dezember 2022 Katholische Kirche im Kanton Zürich

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Das Licht als göttliches Zeichen ist wahrscheinlich so beliebt, weil es keine Erklärung braucht. Was es bedeutet, wenn im Dunkeln ein Licht aufgeht, leuchtet unmittelbar ein. Obwohl alle Weltreligionen Lichtfeste kennen, wird die Lichtsymbolik nirgends so eingehend und vielfältig gepflegt wie im Christentum. Dabei beruft es sich immer wieder darauf, dass Jesus sich selbst als «Licht der Welt» bezeichnet hat.


Judentum und Christentum: Das ewige Licht

Sowohl in jüdischen Synagogen wie in katholischen Kirchen brennt ein ewiges Licht. Es soll an die immerwährende Gegenwart Gottes erinnern und knüpft direkt beim Schöpfungsbericht über die Erschaffung der Welt an.


Christentum: Osterfeuer

Das Kirchenjahr beginnt zwar mit dem Advent, aber das wichtigste und älteste Fest der Christenheit ist Ostern. In der katholischen Kirche beginnt die Osternachtsliturgie mit einer Lichtfeier, häufig ausserhalb der Kirche um ein Osterfeuer stehend. Am Osterfeuer wird die Osterkerze entzündet und unter dem mehrmaligen Ruf «lumen christi» (Licht Christi) in die dunkle Kirche getragen.


Christentum: Taufkerze

Zur Osternachtfeier gehört in der katholischen Tradition eine Taufe. Der Kirchenvater Ambrosius berichtet im 4. Jahrhundert, wie die Neugetauften – damals ausschliesslich Erwachsene – mit brennenden Kerzen in die Kirche einzogen. Seit dem 11. Jahrhundert ist der Brauch überliefert, dass bei der Tauffeier den Eltern des Säuglings eine brennende Kerze überreicht wird.

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Christentum: Grablicht

Das Licht auf der Grabstätte symbolisiert das persönliche ewige Licht. Es drückt die Verheissung und die Hoffnung auf ein ewig erleuchtetes Leben nach dem Tod aus.


Christentum: Advent

Im Dezember sind in Europa die Tage so kurz wie sonst nie im Jahreslauf. Das ist sicher mit ein Grund, weshalb in dieser Zeit die Lichtsymbolik geradezu omnipräsent wird und sich über die Verbundenheit mit dem Christentum hinaus auch in weltlichem Brauchtum wie Weihnachtsbeleuchtungen niederschlägt.

Ebenfalls immer noch weit verbreitet sind Adventskränze. Ihr Ursprung geht auf den evangelisch-lutherischen Pastor  Johann Hinrich Wichern zurück. Er dachte sich 1839 einen Adventskranz mit mindestens 22 und höchstens 28 Kerzen aus: für jeden Tag vom ersten Adventssonntag bis Weihnachten eine Kerze. Damit wollte Wichern dem ewigen Fragen der Kinder «Wie lange geht’s noch bis Weihnachten?» ein Ende setzen und ihnen gleichzeitig das Zählen beibringen. 

Der Wichernkranz wurde später zum Adventskranz mit vier Kerzen – für jeden Adventssonntag eine. Inspiriert wurde Wichern bei seinem «Adventskalender» vom jüdischen Chanukka-Fest.

Christentum: Weihnachten

Immergrüne Pflanzen im Winter als Schmuck und als Sinnbild ewigen Lebens zu verwenden, ist eine uralte Tradition die bereits lange vor dem Christentum gepflegt wurde. Die ersten urkundlich erwähnten Christbäume standen 1492 in Strassburg. Dorothea Sibylle von Schlesien soll 1611 die erste gewesen sein, die einen Christbaum mit Kerzen schmückte.


Judentum: Chanukka

Das Lichtfest der Juden beginnt in diesem Jahr am 18. Dezember und endet acht Tage später am 26. Dezember. Es erinnert an die Weihe des zweiten Tempels in Jerusalem im Jahre 164 vor unserer Zeitrechnung. Weil sich das Fest nach dem jüdischen Kalender richtet, wandert es in unserem Kalender immer ein wenig – zwischen November und Dezember. Jeden Abend in den acht Tagen von Chanukka wird bei Einbruch der Dunkelheit auf dem achtarmigen Leuchter von rechts nach links eine weitere Kerze angezündet. Dazu werden Segenssprüche gebetet. Manchmal hat der Leuchter auch neun Arme, wobei der neunte Arm «Diener» genannt wird. In ihm steckt jene Kerze, mit der die anderen Kerzen entzündet werden. Chanukka ist wie das Weihnachtsfest der Christen ein geselliges und fröhliches Familienfest. Es werden Geschichten erzählt, Spiele gespielt, spezielle Süssigkeiten gegessen und Geschenke gemacht.


Islam: Mawlid an-Nabi

Im Herbst wird in einigen muslimischen Traditionen die Geburt Mohammeds im Jahre 570 gefeiert. Ein türkischer Mystiker schrieb im 14. Jahrhundert: «Die Nacht war ganz in Licht getaucht – zur Nacht von Mohammeds Geburt.» In der Türkei sind in der Nacht von Mawlid an-Nabi die Moscheen mit unzähligen Kerzen und Lampen erleuchtet. Der Tag wird auch «Mevlid Kandili» genannt, was «Lichterfest zum Geburtstag» bedeutet. Auch die Empfängnis von Propheten wird in der Türkei mit fünf Lichtnächten gefeiert, in denen die Moscheen erleuchtet werden.

Hinduismus: Diwali

2022 wurde das Lichtfest der Hindus am 24. Oktober gefeiert. Es ist ein bewegliches Fest, wird also nach unserem Kalender nicht jedes Jahr am gleichen Datum gefeiert. Diwali bedeutet übersetzt «leuchten». Das mehrtägige Fest ist wie die meisten Lichtfeste ein fröhliches Fest, in dem das Gute und das Leben gefeiert werden. Und wie das christliche Weihnachtsfest markiert auch Diwali einen Neubeginn. In Nordindien beispielsweise ist Diwali auch Neujahrstag. Zum Brauchtum des Tages gehören Diwas, Öllampen aus Ton, und Rangolis, kunstvolle Blumen-, Ranken- und Strahlenmuster aus Reis, Sand und gefärbtem Mehl.


Buddhismus: O-bon

An O-bon – verkürzt auch Bon – gedenken japanische Buddhisten vom 13. bis 16. August ihrer Verstorbenen. Sie begrüssen diese mit einem Lichtfeuer und verabschieden sie mit einem Geleitfeuer.  An manchen Orten werden auch selbstgebastelte Strohschiffe ins Wasser gesetzt und mit brennenden Kerzen bestückt. O-bon hat wie beinahe alle Lichtfeste eine wichtige soziale Funktion. Zum gemeinsamen Gedenken an die Verstorbenen treffen sich auch weit verstreut lebende Familien. Diese Verbundenheit unter den Lebenden wie den Verstorbenen wird in einem heiteren und ausgelassenen Fest zelebriert.

Text: Thomas Binotto