Neue Ausgabe Forum Magazin Schweizer in Rom
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Veronika Jehle
Fotos: Christoph Wider
Erschienen am 02.07.2025 in Ausgabe 07/2025
Die Schweiz spielt im Vatikan eine bedeutende Rolle. Warum? Vor allem durch die Schweizergardisten. Seit 1506 schützen sie die Päpste und prägen mit den Werten, für die sie stehen, ein besonderes Bild: Zuverlässigkeit, Treue und Standhaftigkeit werden durch sie mit der Schweiz verbunden. Die Präsenz von Schweizerinnen und Schweizern im Vatikan und in Rom beschränkt sich aber nicht auf sie. Forum-Fotograf Christoph Wider und Veronika Jehle haben einige von ihnen in der ewigen Stadt besucht.
In der Stille des späten Abends wirkt der Vatikan wie eine Trutzburg. Die dicke, hohe Mauer, die die Kirchenzentrale umgibt, strahlt etwas Majestätisches aus, aber auch etwas sehr Abweisendes. Am nächsten Morgen ein ganz anderer Eindruck. Wir laufen über den Petersplatz, unzählige Menschen tummeln sich, von hier aus betrachtet hat der Vatikan ein freundlicheres Gesicht. Die Mauern und die Kolonnaden, diese mächtigen Säulen, können auch schützend wirken, immerhin eröffnen sie ja auch einen Raum für die vielen, die hierherkommen. Berührend, wie friedlich es trotzdem ist. Pilgergruppen kommen uns entgegen, als wir in die Via della Conciliazione einbiegen, sie tragen das Pilgerkreuz des Heiligen Jahres 2025, singen Lieder und beten den Rosenkranz, in ihrer jeweiligen Muttersprache. Bald sind wir an der Piazza Pia angekommen: beim Dikasterium, also beim vatikanischen Ministerium für die Kommunikation.
Mario Galgano kommt an den Empfang geeilt. Schon hier am Eingang merkt man deutlich, wie viel gerade zu tun ist, in dieser Woche des Konklaves. Positiver Stress liegt in der Luft. Die Papstwahl ist für alle ein zusätzliches Ereignis, das niemand längerfristig einplanen konnte. Kurz die Wiedersehensfreude ausgetauscht, beginnt Mario Galgano geradewegs zu erzählen: Sein Arbeitsort hier sei «wie eine Mini-UNO in Rom». Aus rund 60 Nationen kommen die 600 Angestellten zusammen. Sie alle übersetzen, schreiben, kommentieren, tragen in unzähligen Sprachen die Worte des Papstes um die Welt – «vereinte Nationen» der päpstlichen Medienarbeit.
Mario Galgano ist die eine Schweizer Stimme. Wer auf Vatican News deutschsprachige Nachrichten liest und hört, kommt an ihm nicht vorbei, ebenso, wer dem Papst auf Deutsch auf Facebook, Instagram oder X folgt. Der geborene Schwyzer erreicht ein Millionenpublikum, immer mit den Worten des Mannes in der weissen Soutane. Wer der Papst für ihn sei? «Mein Chef, mein Verleger», antwortet er spitzbübisch, aber nicht minder respektvoll.
Sämtliche Kirchenoberhäupter seit Papst Pius XI. in den 1920er-Jahren hätten den Anspruch gehabt, alle Menschen dieser Welt mit ihrer Botschaft zu erreichen, erklärt der Historiker Galgano. Klar, dass es dafür die je aktuellen Kommunikationsmittel – und Menschen aller Länder braucht. Ebenso, dass ihr Zusammenarbeiten eine grosse kulturelle und sprachliche Vielfalt unter einem Dach ergibt. Galgano macht genau das Spass. Zählt er nach, kommt er auf sechs verschiedene Sprachen, die er spricht und versteht, dazu kommt Latein als Amtssprache des Vatikans, das er, wie er zugibt, allerdings nicht fliessend sprechen kann. Fliessend wechselt er hingegen zwischen seinen anderen Sprachen, Gelegenheiten genug bieten ihm die langen Gänge des mehrstöckigen Dikasteriums – wie ein internationales Bienenhaus. Dass er sich darin wohlfühlt, führt er auf seine Prägung zurück: «Wir Schweizerinnen und Schweizer sind uns bewusst, dass unser Land nicht nur aus einer Sprachregion besteht. Bei aller Ausländerfeindlichkeit gibt es eine natürliche Offenheit für andere Kulturen.» Vorbildlich ist für ihn die Idee der Willensnation, die er sich als Ideal auch für die Weltkirche vorstellt: «der Wille, zusammen sein zu wollen, zueinander zu gehören, selbst wenn wir unterschiedlich sind».
Bald hat uns die Grossstadt wieder. Es ist warm geworden. Die schönen Pinien rund um die Engelsburg spenden Schatten, wir aber überqueren den Tiber. Ein Blick hinunter: der Fluss führt reichlich Wasser. Möwen sitzen auf dem weissen Stein am Brückengeländer, flattern kreischend auf. Kein Rom ohne die Möwen. Der Bus ruckelt uns durch die Stadt, hinaus bis Nomentana. Wir sind bei einer Schweizer Institution angekommen. (...)
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