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Aktuelle Ausgabe forum Pfarrblatt Synodaler Weg: Jetzt muss es richtig losgehen

Mitte März ist der Synodale Weg der römisch-katholischen Kirche in Deutschland vorerst zu Ende gegangen. Die junge Hamburger Synodale Melanie Giering zieht eine Bilanz, die durchwachsen ausfällt.
13. April 2023 Katholische Kirche im Kanton Zürich

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Das war’s also – der Synodale Weg ist beendet. Zumindest in der Form, wie wir ihn die letzten drei Jahre miteinander gegangen sind. Aus allen Richtungen hört man Reaktionen auf das Reformprojekt in der deutschen katholischen Kirche, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Zwischen enttäuschten Erwartungen, einem kämpferischen Blick in die Zukunft der Kirche und einer ungeduldigen Haltung Rom gegenüber ist ein Element verbindend: So richtig zufrieden ist niemand.

Wenn man mich jetzt, nach Ende des Synodalen Weges, fragt, ob meine Erwartungen an das Projekt erfüllt oder enttäuscht worden sind, dann versetze ich mich erst mal in mein Erste-Synodalversammlung-Ich hinein. Wer war ich damals? Was hatte ich denn überhaupt für Erwartungen an den Synodalen Weg? Und was 
waren meine Wünsche?


Zunächst beeindruckend

Vor kurzem 18 geworden und mittendrin in meinem ersten Uni-Semester bin ich im Januar 2020 das allererste Mal nach Frankfurt am Main gereist, zum Auftakt des Synodalen Weges, der damals mit einer ersten von den damals noch geplanten vier Synodalversammlungen startete. Relativ unvoreingenommen (bis dato kannte ich nur den «sicheren» Rahmen meiner Heimatgemeinde St. Bernard in Hamburg-Poppenbüttel) war ich erst einmal beeindruckt von der Versammlungskultur und der gesamten Prominenz des deutschen Klerus, der mit Bischofsring am Finger und Collarhemd einen Grossteil der Versammlung ausmachte. Beim Eröffnungsgottesdienst stand ich dann, jung wie ich war, mit um den Altar und teilte auch den ganz konservativen Bischöfen die Kommunion aus.

Bei der fünften Synodalversammlung in Frankfurt war ich weitaus weniger beeindruckt von den Titeln und Bischofskragen. Mittlerweile kenne ich einige Bischöfe durch persönliche Gespräche im Laufe des Synodalen Weges besser, habe Kontakte geknüpft und mich vernetzt. Viel wichtiger aber: Ich habe viel gelernt und meine Sicht auf den Synodalen Weg und die katholische Kirche hat sich in den letzten drei Jahren grundlegend verändert.

Ich bin nicht mit der Erwartung Synodale geworden, dass Frauen am Ende dieses Weges ihr gutes Recht zugestanden wird, zur Priesterin geweiht werden zu können. Ich hatte auch nicht die Hoffnung, dass wir aus der letzten Synodalversammlung herausgehen und endlich alle Paare kirchlich heiraten dürfen. Denn ich wusste leider, dass man diese grundlegenden Rechte in dieser Kirche noch als Utopie bezeichnen muss.

Was ich erwartet habe, waren echte Veränderungen im Rahmen des Kirchenrechts und im Rahmen dessen, was wir in Deutschland jetzt schon möglich machen können.


Deutliche Signale an die Weltkirche

Was wir stattdessen gemacht haben? Wir haben deutliche Signale aus Deutschland in die Weltkirche und vor allem nach Rom gesendet. Zeichen im Rahmen unserer Möglichkeiten, wie zum Beispiel, dass wir in Zukunft alle Paare, die sich lieben, in unseren Kirchen segnen wollen. Oder dass wir die Frau als gleichberechtigt ansehen und uns dafür einsetzen, dass diese Gleichberechtigung auch faktisch in der Kirche eingeführt wird (dass wir dafür im Jahr 2022 einen Beschluss der Synodalversammlung brauchen, ist absurd genug). Auf der anderen Seite bedeuten diese Beschlüsse: Es wurde keine Geschlechtergerechtigkeit für alle erreicht und wir haben es auch nicht geschafft, eine Macht- und Gewaltenteilung durchzusetzen. Da, wo Diskriminierung und Ungleichberechtigung existiert, ist jetzt zusätzlich zumindest noch ein aus-formulierter und mit einer Mehrheit beschlossener Wille, sich für eine Linderung dieses Missstands einzusetzen.

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Bei der fünften Synodalversammlung sagte eine Mitsynodale in ihrem Redebeitrag: «Ein bisschen weniger Diskriminierung, ein bisschen mehr Gleichberechtigung – das geht nicht.» Es gibt nur diskriminierende Strukturen oder solche, die es nicht sind. Setzt sich jetzt die Bischofskonferenz in Rom dafür ein, dass wir das Diakonat auch für Frauen öffnen, dann heisst das erstens noch lange nicht, dass das auch erreicht wird, und selbst wenn, wäre das zweitens immer noch eine Extrawurst der schlechten Art für Frauen. Denn damit würde die Kirche ihnen immer noch nicht die gleichen Rechte, und offensichtlich auch nicht die gleiche Würde, zugestehen.

Ich möchte nach Ende der letzten Synodalversammlung durchaus anerkennen, dass wir zumindest die Voten und Forderungen, die zur Debatte standen, verabschiedet haben. Dennoch sollten wir realistisch bleiben. Das, was teilweise als Erfolg gefeiert und auch von den Medien als erfolgreicher Ausgang des Reformprozesses dargestellt wird, sind absolute Minimalforderungen. Es sind Kompromisse, bestenfalls Linderungen der Ungerechtigkeiten. Menschen von dieser Kirche überzeugen können und werden sie nicht. Aber für die, die noch geblieben sind, sind sie vielleicht der Hoffnungsfunke, der eben doch noch nicht ganz erloschen ist, sondern vom Synodalen Weg immerhin am Glimmen gehalten wurde.


Dieser Weg ist keineswegs zu Ende

Meine Hoffnung setze ich auch weiterhin auf die vielen lauten und engagierten Synodalen und Nicht-Synodalen auf den unterschiedlichen Ebenen und in den verschiedenen Bereichen in der Kirche. Dazu zähle ich auch die Bischöfe, denn an ihnen liegt es, sich in Rom für die Forderungen des Synodalen Weges einzusetzen und sich nicht mit Abspeisungen des Papstes zufrieden zu geben. Auch bei den Bischöfen habe ich in Frankfurt oft eine Ungeduld und einen Frust über die Stoppschilder aus Rom wahrgenommen, und ich kann nur dafür werben, diese Ungeduld deutlich zu machen und mutig zu bleiben.

Während der Synodalversammlungen hiess es oft «Der Weg entsteht beim Gehen» oder «Der Weg entgeht beim Stehen». Und dieser Weg ist keineswegs zu Ende, sondern muss jetzt erst richtig losgehen.