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Vom Wohltätigkeitsverein zum Weihnachtsbasar

Vom Wohltätigkeitsverein zum Weihnachtsbasar
Redaktionsteam
Katholische Kirche im Kanton Zürich
Die Beiträge im Blog geben die Haltung der Autoren wider und müssen nicht in jedem Fall mit der offiziellen Haltung der kirchlichen Körperschaft übereinstimmen.
Katholische Kirche im Kanton Zürich
24. November 2014

Im November und Dezember ist hohe Zeit der Basare. In vielen Pfarreien und Kirchgemeinden wird Gekochtes, Gestricktes und Gebasteltes verkauft. Der Erlös geht an benachteiligte Menschen im In- und Ausland. Allerdings sind die gemeinnützigen Tätigkeiten kaum dokumentiert, vermutlich weil die Frauen im Hintergrund bleiben wollten.

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Kaum zu glauben: Die Entstehungsgeschichte der gemeinnützigen Weihnachtsbasare scheint nirgendwo dokumentiert zu sein. Pfarreiverantwortliche können zwar einiges über die heutigen Basare und ihr vielfältiges Angebot erzählen. Die Anfänge liegen aber weitgehend im Dunkeln. Man weiss zwar, dass der Schweizerische Gemeinnützige Frauenverein (SGF), eine der ältesten Organisationen der Schweizer Frauenbewegung , im Jahr 1888 in Aarau gegründet wurde. Der nicht auf Gewinn ausgerichtete, dem Gemeinwohl dienende Einsatz der Frauen lag damals aber nicht im vorweihnächtlichen karitativen Tun.

Über den Einsatz für die gemeinnützigen Weihnachtsbasare weiss man, dass Frauen sich ab ca. 1920 meistens im Pfarrhäusern trafen, um gemeinsam Handarbeiten für den «Missionsbasar» anzufertigen. Dabei wurde oft gesungen. In reformierten Pfarrhäusern kam der Pfarrfrau die Rolle der Gastgeberin und der Koordinatorin der Treffen zu.

Unscheinbar im Hintergrund bleiben

Die Frage steht im Raum: Warum ist der Einsatz zugunsten von Missions-, Advents-und Weihnachtsbasaren so wenig bekannt, obwohl sich jedes Jahr Hunderte von Frauen seit Jahrzehnten einsetzen und Geld erwirtschaften, um denen zu helfen, die es am Nötigsten haben? Wo liegen die Gründe dafür? Kathrin Winzeler, Kommunikationsbeauftrage beim Schweizerischen Katholischen Frauenbund vermutet, «dass Aktivitäten von Frauen es früher nicht wert waren, in Archiven aufbewahrt oder erforscht zu werden». Auch Anna Wegelin, Medienbeauftragte von «Mission 21» , kann nicht weiterhelfen:

«Wir wissen leider nichts von einer Geschichte der Missionsbasare in der Schweiz».

Einen Schritt weiterhelfen kann Silvia Bühler, Leiterin des Archivs zur Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung ( Gosteli-Stiftung ): Diese beherbergt Archivalien von über 250 Frauenorganisationen sowie die Nachlässe bedeutender Frauen. Auch Bühler bestätigt, dass spezifisch die Tätigkeiten der Frauen an den Weihnachtsbasaren bisher nicht systematisch erforscht worden sind. Ihre Vermutung ist:

«Ein Grund dafür mag sein, dass es sich bei diesen Aktivitäten um nur einen kleinen Teil des gemeinnützigen Engagements von Frauen und Frauenvereinen, beispielsweise in Pflege und (Kinder-) Fürsorge und in Bildungsbereichen, handelte».

Gemeinnützigkeit auf die Fahne geschrieben

Relativ gut dokumentiert ist die Geschichte des Frauenvereins Weiach, der 1928 aus einem Vorläuferverein gegründet wurde und gemeinnützig tätig war. Die heutige Präsidentin Martha Bollier Müller verweist auf Ulrich Brandenberger, der in seinen «Weiacher Geschichte(n)», die Geschichte des örtlichen Frauenvereins aufarbeitete. Brandenberger schreibt im Jahr 2007, dass der Weiacher Frauenverein zwar nie wie der Turnverein oder die Schützengesellschaft eine eigene Fahne besessen hätte. «Dennoch beweist seine unermüdliche Tätigkeit, welches Ziel er sich auf die  Fahne geschrieben hat. Auch wenn er dies heute nicht mehr im Vereinsnamen bekanntgibt.»

Die nachfolgenden Ausschnitte der Statuten des Frauenvereines Weiach beweisen, dass der Redaktor recht hatte, wenn er die Gemeinnützigkeit des Vereines betonte.

Statuten des gemeinnützigen Frauenvereins Weiach – November 1929

1. Der Zweck des Vereins ist, nach besten Kräften mitzuhelfen, die Not der Armen nach Möglichkeit zu heben.

2. Dieser Zweck kann erreicht werden durch Verabfolgen praktischer Kleidungsstücke an bedürftige Kinder, Verarbeiten derselben im Laufe des Winters. Abgabe von Kinderwäsche und evt. Spezereien an arme Mütter und Wöchnerinnen. Im gleichen Sinne soll auch der armen, alten Leute gedacht werden.

Statuten des Frauenvereins Weiach – 24. Oktober 1948

  • 1. Der Frauenverein möchte die Gemeinschaft unter den Frauen fördern und gemeinnützigen Bestrebungen dienen.
  • 2. Dieses Ziel sucht er auf folgende Art zu erreichen:
  1. a) Regelmässige Zusammenkünfte während des Winterhalbjahres.
  2. b) Herstellung von Arbeiten für wohltätige Bazar und notleidende Menschen.
  3. c) Förderung der Bestrebungen, eine Gemeindeschwesterstelle, ev. auch einen Kindergarten einzurichten.
  1. d) Armenunterstützung.
  2. e) Erziehung zum Haus- und Mutterberuf durch Kurse, Vorträge und Schriften.
  3. f) Beschäftigung mit wichtigen Frauenfragen.
  4. g) Gelegentliche Durchführung geselliger Abende und kleinerer Reisen.

Die ersten Jahre des Weiacher Frauenvereins waren geprägt von der Weltwirtschaftskrise und vom 2. Weltkrieg. Bedürftigen wurden individuell abgestimmte Pakete mit Lebensmitteln (Kartoffeln, Zopf; Malzzucker, Dawamalt), Kleidern (Socken, Stümpfe, Flanellhemden, Unterwäsche), Wolle, Stoff und manchmal sogar Tabak und wenig Wein abgegeben.

Nach dem Krieg ging es vielen wieder besser und die Hilfspakete wurden zurückgefahren. Dagegen wurden nun Mütter- und Bildungsabende abgehalten und die Frauen liessen sich auch, wenn auch noch verhalten, politisch verlauten. Im Protokoll der Vorstandssitzung vom 13. Oktober 1948 im Pfarrhaus zu Weiach steht: «Wir wollen uns an der Unterschriftensammlung im Kampf gegen die Schnapstrinkerei beteiligen, und einige Bogen zirkulieren lassen.»

Um gewisse soziale Anliegen zu realisieren, brauchte es auch Geld, gesprochen von Männern: Ein Frauenstimmrecht gab es damals noch nicht. Da hatten es Frauenanliegen teilweise schwer. Die Mütterberatungsstelle konnte beispielsweise erst im zweiten Anlauf im Jahr 1955 errichtet werden.

Erster Basar im November 1950

Bereits der erste Basar in Weiach war ein Erfolg: Die Einladungen an alle Haushaltungen in Weiach, Kaiserstuh, Fisibach, Bachs, Stadel und Neerach zeigten Wirkung. Chronist Ulrich Brandenberger berichtet: «Aus dem vorgängig gesammeltenMehl liess man bei Bäcker Griesser Weggli backen und damit sie etwas für die Männer hätten, ´gibts dann noch heisse Wienerli (aus der Dorfmetzgerei)».

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Kaum eine Woche vor dem Basar wurde auch beschlossen, «noch eine Abendunterhaltung anzuhängen, für die Lehrer Zollinger sich bereit erklärte, mit den grösseren Schulkindern mitzuhelfen». Am ersten Basar strömten die Besucher zahlreich in den Sternensaal. Genauere Angaben wurden leider nicht notiert. Besonders beliebt seien das Päcklifischen bei den Kindern und die Kaffeestube bei deren Müttern gewesen. In den alten Dokumenten ist zu lesen: «Bald waren die 150 Päckli à 30 Rp. für die Kinder fort. Nun konnten die Kinder auch solche für 50 Rp fischen, doch war auch von diesen bald nichts mehr da». Das Päcklifischen ist übrigens bis heute ein festes Element der Basare des gemeinnützigen Frauenvereins. Der Spass mit Rute mit Haken, um Geschenke zu angeln, ist bei Kindern bis heute ein Renner an vorweihnächtlichen Basaren.

Mit Herzblut für andere

Nicht nur damals, sondern auch heute ist an Basaren Päcklifischen und vieles mehr beliebt und begehrt. Hunderte von Freiwilligen sind in Pfarreien und Kirchgemeinden anzutreffen, die sich mit Herzblut für benachteiligte Menschen im In- und Ausland engagieren. Sie verkaufen Traditionelles und Modernes, Gestricktes und Gebackenes usw.. Auch gesuchte Trouvaillen vom Flohmarkt und Raritäten aus dem Bücherantiquariat gehen über den Ladentisch. Oft verkauft werden zudem handgestrickte «Finkli», Gilets und Herrensocken. Köstlich sind die angebotenen Weihnachtsguetzli, Christstollen und selbst gemachte Konfitüren. Begehrt sind weiter Modeschmuck, Töpferwaren, Fotokarten, Adventskränze und Weihnachtskrippen. Kinder dürfen Lebkuchen verzieren oder ein Kasperlitheater geniessen. Wenn der Magen knurrt, ruft die Kaffeestube oder die Verköstigung am Imbissstand. Der Event wird zum geselligen Plausch: Ein Fest auf Weihnachten hin!

Erkundigen Sie sich im «Forum Pfarrblatt » oder in Ihrer Lokalzeitung über die Basare in den verschiedenen Pfarreien.

Text und Fotos: Viviane Schwizer