Kirchenmann mit Perspektive Alt Generalvikar Josef Annen feierte 80. Geburtstag
Der aus Küssnacht am Rigi stammende Josef Annen widmete sein ganzes Leben der Kirche im Bistum Chur, einen Grossteil davon im Kanton Zürich. Ob Seelsorger in Winterthur, Regens im Priesterseminar oder später Generalvikar: Josef Annen verstand seine verschiedensten Ämter und Aufgaben immer als Dienst an der Gemeinschaft. Unter der damaligen Bistumsleitung von Bischof Vitus Huonder und seiner Entourage in Chur musste der aufgeschlossene Theologe, Seelsorger und Kirchenpolitiker Annen so manchen Tiefschlag einstecken.
Der Theologe
Als promovierter Bibelwissenschaftler war Josef Annen die theologisch fundierte Ausbildung der Seelsorgerinnen und Seelsorger ein zentrales Anliegen. Dabei sollten aber weniger das Kirchenrecht oder die Lehrschreiben des Vatikans die letztlich entscheidende Basis sein, sondern die biblischen Schriften als Gründungsdokumente unseres Glaubens und der Kirche. Annens theologischer Horizont ist weit. Er begnügte sich auch nicht mit einer Ausbildung in Chur, sondern studierte zusätzlich in der damals für ihre fortschrittliche Theologie bekannten Universität Tübingen. Zwar publizierte der junge Theologe im Anschluss an die Promotion nur selten wissenschaftliche Texte, aber in seinen Predigten und Artikeln zu aktuellen kirchlichen und gesellschaftlichen Fragen kam und kommt die profunde theologische Basis deutlich zum Tragen. Folglich war ihm die theologische Fakultät in Chur ein Herzensanliegen. Wo immer er konnte, stärkte er als Regens oder Generalvikar offen oder im Verborgenen die freie theologische Forschung und Lehre der Dozierenden und verteidigte sie gegen die permanenten Angriffe der damaligen Bistumsleitung.
Der Seelsorger
Josef Annen hat keine laute Stimme. Dafür ist seine Sprache gleich wie sein Gehör umso sensibler. Seelsorge bedeutet für ihn zuerst und vor allem Zuhören, nicht Predigen. Ein Schwerpunkt lag für ihn immer in der Jugendarbeit. Dies bereits als Pfarrer in Winterthur. Später als Generalvikar unterstützte er tatkräftig das Experiment einer anderen Kirche für junge Menschen im «jenseits im Viadukt». Er, der als junger Mann noch die vorkonziliare Kirche erlebt hatte, war sich bewusst, dass sich die Gestalt der Kirche in unserer zunehmend säkularen und pluralen Welt ändern müsse.
Die verhärteten Fronten im Bistum erschwerten und verunmöglichten so manchen Entwicklungsschritt. So weit es Annen möglich war, und das war nicht wenig, legte er aber seine schützende Hand über wichtige Reformprojekte. Dass diese verhärteten Fronten zwischen einem zentralistischen, hierarchischen und klerikalen Kirchenbild und dem Ideal eine synodalen, geschwisterlichen und ökumenisch offenen Kirche für Annen in seiner Funktion als Verantwortungsträger für diese Kirche eine tägliche Herausforderung darstellte, die viele Wunden hinterliess, erklärt sich von selbst. Für Josef Annen spricht, dass er dabei die Freude am seelsorgerischen Wirken, die Freude an den Menschen und sein Lachen nicht verloren hat.
Der Kirchenpolitiker
Josef Annen war sich der Bedeutung seines Amtes als Generalvikar sehr wohl bewusst. Dass er in dieser Funktion nicht nur das Bestehende verwalten, die sich auftuenden Lücken so weit als möglich füllen und flicken musste, sondern für die Zukunft neu gestalten, das war ihm Auftrag und Pflicht. Zentrales Anliegen war ihm dabei das duale Mitgestalten der Kirche Zürichs von innerkirchlicher und körperschaftlicher Seite, das «duale Zusammenspiel», wie er immer betonte, von Laien, Priestern, Männern und Frauen, Jungen und Alten, Fremden und Einheimischen. Insofern war ihm das «Katholische» im Sinn von allumfassend oberste Richtschnur. Akzente konnte Annen im ökumenischen Verhältnis zur reformierten Schwesterkirche setzen, in der Pastoral für die vielen Migrantengemeinschaften im multikulturellen Zürich, im Aufbau des Verbands der orthodoxen Kirchen im Kanton Zürich, im interreligiösen Dialog. Vieles, was heute selbstverständlich ist, nahm unter seiner Führung als Generalvikar erst langsam Gestalt an. Für den Kirchenpolitiker Josef Annen waren und sind kirchliche Strukturen kein Selbstzweck, sondern nötige Vehikel, um reiches Leben zu ermöglichen und zu schützen.
Der Diakon
Wie jeder Priester wurde auch Josef Annen vor seiner Priesterweihe zum Diakon geweiht. Das diakonische Wirken gehört für den früheren Generalvikar zeitlebens zum innersten Kern kirchlichen Selbstvollzugs. In seinem Amt als Generalvikar war ihm die Mitarbeit und Unterstützung der Caritas Zürich enorm wichtig. Annen stand auch für eine Kirche, die sich gegen den politischen Zeitgeist für soziale Gerechtigkeit, Offenheit für Fremde und gegen Ausbeutung des Menschen durch den Menschen einsetzte. Dies auch in vielen öffentlichen Stellungnahmen zu aktuellen politischen Auseinandersetzungen. Sei es im Asylrecht, gegen den Abbau sozialstaatlicher Leistungen auf Kosten der Ärmsten, für die Konzernverantwortungsinitiative. Christentum muss sich für Annen auch im Politischen bewähren. Christliche Gemeinde lebt nicht für sich allein, sondern soll Salz der Erde, Sauerteig in der realen Gesellschaft sein.
Die Katholische Kirche im Kanton Zürich ist Josef Annen für sein langjähriges und weit über seine Amtszeit hinausweisendes Wirken zu grossem Dank verpflichtet und gratuliert ihm von Herzen zu seinem runden Geburtstag.
Das katholische Medienportal kath.ch.veröffentlichte anlässlich des runden Geburtstags einen ausführlichen Bericht über den Jubilar.
Generalvikar Josef Annen legt in Rom im Sozialzentrum von Sant’Egidio bei einem Aufenthalt des Generalvikariats selbst Hand an und sortiert gebrauchte Kleider für Bedürftige. Foto: zVg

Generalvikar Josef Annen legt in Rom im Sozialzentrum von Sant’Egidio bei einem Aufenthalt des Generalvikariats selbst Hand an und sortiert gebrauchte Kleider für Bedürftige. Foto: zVg
Josef Annen hat keine laute Stimme, dafür aber eine umso sensiblere Sprache. Verkündigung der christlichen Botschaft geschieht für ihn auch über die Medien. Foto: zVg

Josef Annen hat keine laute Stimme, dafür aber eine umso sensiblere Sprache. Verkündigung der christlichen Botschaft geschieht für ihn auch über die Medien. Foto: zVg
Die Ökumene war für den früheren Generalvikar grundlegend. Hier bei einem Gottesdienst im Grossmünster. Foto: zVg

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