Kirche aktuell

Jesuit Albert Ziegler verstorben Den Gipfel des Lebens erreicht

Mit Pater Albert Ziegler verliert Katholisch Zürich eine prägende Persönlichkeit. Der Jesuit und frühere Studentenseelsorger verstarb gestern, 4. August, nach einer schweren Erkrankung. Sein Nachfolger und Mitbruder Franz-Xaver Hiestand SJ würdigt diese «katholische Zürcher Legende»..
05. August 2022 Katholische Kirche im Kanton Zürich

«Er referiert und informiert, er gestikuliert und polemisiert, er frotzelt und witzelt, er beschwört und betört, er erzählt über griechische Götter und Walliser Bergführer, über eine in Kandersteg lebende Italienierin oder über mangelnde Erfolgserlebnisse einer Zürcher Barrierenwärterin. Und wenn er als virtuoser Wanderprediger für ethische Werte in der Wirtschaft und im Leben schlechthin auftritt, bringt er die Leute andauernd zum Schmunzeln und zum Lachen – und gleichzeitig auch dazu, sich lustvoll, ernsthaft und selbstkritisch Gedanken über Gott und die Welt, über Veranwortlichkeiten und – vor allem – auch über sich selber und ihr eigenes Verhalten zu machen.»

So schilderte der national bekannte Journalist Walter Däpp im Jahre 2000 im «Bund» einen Vortrag des damals 73jährigen Jesuiten Albert Ziegler SJ anlässlich des «Kreativ-Symposiums für zukunftsgerichtete Unternehmensführung» in Interlaken. So kannte man den ebenso kantigen wie charmanten Zürcher Jesuiten. Im Laufe der Jahrzehnte ist er, das Wort sei erlaubt, zur Legende geworden. Kaum eine Zürcher Katholikin, ein Zürcher Katholik über 50, die ihm nicht begegnet sind! Bis kurz vor seinem Tod reiste, predigte und hörte er unermüdlich Beichte und empfing Besuche. Nun ist Ziegler nach seinem 95. Geburtstag gestorben.

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Portrait von Pater Albert Ziegler aus dem «Archiv der Zentraleuropäischen Jesuiten», aufgenommen von Christian Ender

Geboren wurde er am 11. Juli 1927 in Zürich. Nach der Matura am Benediktinergymnasium in Disentis in Graubünden und einer kurzen Studienzeit in Fribourg trat er am 11. November 1948 in das Noviziat der Jesuiten in Rue im Kanton Freiburg i.Ue. ein. Nach dem ordensinternen Philiosophiestudium in Pullach (D) promovierte er in Freiburg am Internationalen Institut für Sozialwissenschaft und Politik. Von 1956 bis 1960 studierte er Theologie in Löwen (B). 1959 wurde er in Zug zum Priester geweiht.

Ab 1961 war Zürich sein Lebensmittelpunkt. Von hier aus bereiste der begeisterte Berggänger den ganzen deutschen Sprachraum für Vorträge, Kongresse und Kletterkurse; nicht zuletzt auch die damalige DDR und sehr regelmässig Zermatt. Bis 1989 wirkte er an der Limmat als Hochschulseelsorger im aki (kurz für «Akademikerhaus»), dem Haus der katholischen Hochschulgemeinde. Ab 1979 verantwortete er als Rektor den sogenannten «Theologischen Kurs für Laien».

Er hat den Zürcher und den Deutschschweizer Katholizismus bei dessen Übergang von der vorkonziliaren in die nachkonziliare Zeit mit seinen Predigten, Zeitungsartikeln und Vorträgen entscheidend mitgeprägt. Zuerst in der Schweiz und zunehmend im ganzen deutschen Sprachraum hat er Unternehmen beraten, Rhetorik unterrichtet, Studierende klettern gelehrt und in umstrittenen medizinethischen Fragen wie Empfängnisverhütung, Abtreibung, aktive und passive Sterbehilfe Orientierung gegeben.

Einsätze bei Volksmissionen in jungen Jahren vertrauten ihm die Oberen ebenso an wie das Verfassen von Film-Kritiken. Nach eigenem Bekunden habe er bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts über 600 Kurzkritiken geschrieben. Später widmete er sich dem Zürcher Reformator Ulrich Zwingli und wurde Mitglied der Ethischen Kommission der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften. Zahlreiche Zeitungsartikel, Vorträge und Predigten entlang der Konfliktlinien gesellschaftlicher Entwicklungen und etliche Buchveröffentlichungen begleiteten seine Präsenz im akademischen Milieu. Im Zentrum standen berufsethische und moraltheologische Fragen, später zunehmend Aspekte des Älterwerdens.

Ab Mai dieses Jahres verbrachte er aufgrund einer schweren Erkrankung seine letzten Lebenstage im Pflegeheim St. Franziskus der Schwestern vom Heiligen Kreuz in Menzingen. Hier starb er am Abend des 4. August.

 

Die Trauerfeier findet am Freitag, 12. August, um 15.00 Uhr in der Liebfrauenkirche Zürich statt.