Barbara Schmid-Federer über das neue Buch von Monika Renz «Meine Hoffnung lass' ich mir nicht nehmen»
Wir leben in düsteren Zeiten.
Wenn wir nach den beiden Weltkriegen der Meinung gewesen waren, Kriege überwunden zu haben, dann zerschlagen die aktuellen Kämpfe in der Ukraine oder im Nahen Osten jede Zuversicht auf Frieden.
Wenn der technische Fortschritt uns glauben liess, Hungersnöte und Klimakrisen nachhaltig und weltweit bekämpft zu haben, zeichnen die aufkommenden Hungersnöte und die aktuellen Klimakrisen ein Bild der Zerstörung. Menschen flüchten vor Tod und Elend.
Wenn der moderne Mensch der Meinung war, Seuchen gehörten einer mittelalterlichen Vergangenheit an, so lehrte uns die Coronakrise eines anderen. Menschen starben und sterben massenweise an einem neuen, modernen Virus – weltweit.
Neue Frage nach der Hoffnung
Es mag auf den ersten Blick erstaunen, dass gerade heute das Sinnieren über die Hoffnung wiederentdeckt wird, bzw. dass Werke, Texte und Sprüche über die Hoffnung wieder in den Fokus des Interesses stossen:
- Starautor Pater Anselm Grün (OSB) predigt von der Tugend der Hoffnung, die ein Anker für die Seele sei. Er wird damit zum Erfolgsautor mit 14 Mio. gelesenen Büchern in 30 Sprachen weltweit.
- Der jüdische Neurologe und Psychiater Viktor Frankl (1905 – 1997) mit seinem Werk «Trotzdem Ja zum Leben sagen» wird wieder zur Lebenshilfe für Menschen heute, überall dort wo Hoffnungslosigkeit sich breit macht. Die Sinnsuche Frankls - gerade als ehemaligem vierfachen KZ-Häftling - beschäftigt die Menschen heute auf der Suche nach Hoffnung, denn Frankl zeugte von der «Hoffnung im Schrecken». Auch noch unter inhumansten Bedingungen war es gemäss Frankl möglich, einen Sinn im Leben zu sehen.
- Die bekannte Ordensschwester Philippa Rath kämpft seit vielen Jahren für die Gleichstellung der Frau in der katholischen Kirche. Wird sie gefragt, wie es ihr dabei geht, gibt sie zur Antwort: «Die Hoffnung ist für mich die stärkste Kraft.»
Die Musiktherapeutin, Psychotherapeutin und Theologin Monika Renz, bekannt als Sterbeforscherin, publiziert nun ihr neustes Werk «Meine Hoffnung lass' `ich mir nicht nehmen, Wege der Erlösung und der Spiritualität heute». Das Buch ist das Resultat aus der über 30-jährigen Arbeit der Autorin mit Kranken, Sterbenden und mit spirituell suchenden Menschen mitten im Leben. Das Werk erzählt von Erfahrungen, die in all diesen Menschen Hoffnung aufbrechen lässt und stellt die Frage nach der Hoffnung neu.
Frage nach dem Sinn
Analog Viktor Frankl ist gemäss Monika Renz die Frage nach der Hoffnung gleichbedeutend mit der Frage nach dem Sinn: Woher kommt, wohin strebt und wozu gibt es das menschliche Leben? Hoffnung ist gleichbedeutend einem allem Sein und Leben innewohnenden Ziel.
Das neue Werk geht zentralen Fragen nach: Herkunft des Menschen im Ganzen, Urvertrauen, Angst. Dann verschiedene Wege der Erlösung. Schlussendlich wird die Bedeutung von Jesus als Mystiker und Erlöser analysiert. Nur Monika Renz kann ihre exakten Analysen und spannenden Erzählungen mit zahlreichen Zitaten von Sterbenden und schwer kranken Menschen untermauern.
Besonderes Augenmerk wird im neuen Buch auf die Subjektwerdung gelegt: Was ist das Ich? Gibt es Vorstufen des Ich? Auch die Prägung und das menschliche Unbewusste werden eingehend analysiert: Wo ein Mensch seine Prägungen erahnt, öffnen sich ihm auch Wege der Erlösung. Wie schon der Prozess der Ichwerdung und Menschwerdung ist auch Prägung dynamisch zu verstehen. Wo wir Prägung verstehen, erschliesst sich uns auch die Hoffnung auf Erlösung stärker.
Wege zu Erlösung
Zentrale Aussagen werden im neuen Werk über Modelle der Seelenschichten gemacht. Damit einher geht auch die Abgrenzung von Sünde und Prägung von der Schuld. Schlussendlich wird die Frage, was heute zur Hoffnung berechtigt, mit verschiedenen Wegen der Erlösung ausgeleuchtet: Einem er therapeutisch-spirituell begleiteten Weg, einem Glaubensweg, einen Weg über ausserordentliche Liebe, einen Weg über Versöhnung und Vergebung.
Wege der Erlösung und der Spiritualität heute finden den Weg auch über den Mystiker Jesus. Die Frage der Hoffnung wird zu einem Bekenntnis zur dynamischen Sichtweise, eine Dynamik, die zum «Logos der Hoffnung», die in uns allen sei, führt.
Am Ende zielen die aufgezeigten Erlösungswege auf einen neuen Menschen hin: Mensch in neuer Identität, Freiheit und Würde. Menschen werden innerlich freier, auf neue Weise aufrecht, sie strahlen dies in ihrem Gang, in ihrem Blick aus. Sie können neu in sich und zu sich stehen. Ein Bedürfnis, andere zu lieben, bricht in ihnen auf.
Wer dorthin gelangen will, muss sich dazu entscheiden. Weg vom Ablenken, hin zu den Hintergründen, zu dem, was das Leben einem ganz konkret abverlangt. Die Frage nach dem letzten Sinn ist auch jene nach Gott und nach einer Entwicklung der Schöpfung.
Nebst theoretischen Abhandlungen und Entwicklung spannender Thesen werden auch persönliche Erlebnisse der Autorin eingebaut: «Blitzlichter aus meinem Leben» ist ein sehr persönliches Kapitel, das tief in das Seelenleben der Autorin blicken lässt mit zum Teil verstörenden Fakten aus der Zeit ihrer Kindheit. Davon hergeleitet entwickelt Monika Renz eine Faszination für die Musik.
Sinnvolles Leben
Dieses Buch erzählt von Erfahrungen, die in unzählig vielen Menschen Hoffnung aufbrechen liessen: in Kranken, Sterbenden und spirituell Suchenden mitten im Leben. Es nimmt Fragen aus 30-jähriger Arbeit auf. Es zeichnet den Menschen in seinem geistigen Ursprung, seiner Entwicklung, seiner Angst und berichtet über befreiende Wege: die therapeutisch-spirituelle Begleitung, den Glauben aus Erfahrung, über Liebe und Vergebung. Auch Jesus kann, als Mystiker verstanden, zum Weg werden. Die Wege führen zur Quelle. Von dort brechen Urvertrauen und Hoffnung selbst inmitten von Krisen auf. Sinnhaftigkeit wird zur Erfahrung. Was Menschen seelisch-geistig heilt, hat mit Liebe und Spiritualität zu tun.
Das handliche Werk von Monika Renz lässt und eintauchen in die Seelenschichten der Menschen, in das Urvertrauen und die Urhoffnung. Es erlaubt, Hoffnung zu suchen und Hoffnung zu finden. Das Werk ist aufbauend und liest sich gerne. Es hat mir selber den persönlichen Weg bereichert.
Wir finden Sinn in dem, was der Mensch gestaltet oder leistet. Sinn in der Liebe, Sinn im Leiden, Mut, Wachsen.
Wer nach tiefenpsychologischen Analysen sucht für ein sinnvolles Leben, fernab von jeglichem missionarischen Eifer, wird sicher auf seine Kosten kommen.
Nach der Lektüre des neuen Werks von Monika Renz lässt sich nur noch sagen: Meine Hoffnung lasse`` ich mir nicht nehmen!
Meine Hoffnung lass ich mir nicht nehmen
Wege der Erlösung und der Spiritualität heute
Verlag Herder, 1. Auflage 2025, Gebunden, 224 Seiten
Monika Renz, Herder, Freiburg, 10. Mai 2025
Das Buch kann auch über die Buchhandlung Strobel in Zürich bezogen werden. www.buchhandlung-strobel.ch
Die Autorin
Monika Renz ist Musik- und Psychotherapeutin sowie Psychoonkologin am Kantonsspital St. Gallen. Aufgrund ihrer praktischen Erfahrung und ihrer Forschungstätigkeit in den Bereichen Sterben, Spiritualität und tiefenpsychologischer Exegese gilt sie als Pionierin der Spiritual-Care-Bewegung. Ihre Veröffentlichungen finden international Beachtung.
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