Kirche aktuell

Gregor Geiger OFM in Zürich Zwischen den Stühlen: Christen im Heiligen Land

Der Franziskanerpater Gregor Geiger, der seit 1999 in Jerusalem lebt, besucht vom 17. bis 21. September verschiedene Pfarreien in der Deutschschweiz. Er informiert über das nicht immer einfache Leben der Christen im Heiligen Land.
10. September 2023 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Pater Gregor, bereits seit einem Vierteljahrhundert leben und wirken Sie im Heiligen Land. War das von Anfang an der Plan?

Gregor Geiger OFM: Nein, eigentlich wollte ich nur ein Jahr lang dort studieren. Nach drei Jahren Seelsorge in Deutschland wollte ich dann aber unbedingt zurück. An diesem Ort findet sich soviel Vielfalt und Geschichte. Ausserdem ist die Gemeinschaft der Franziskaner dort viel internationaler, das habe ich immer als Bereicherung empfunden. Ich möchte auch nicht zurück. Nach 25 Jahren fühle ich mich in Deutschland zunehmend fremd.

Inwiefern fremd?

Gregor Geiger OFM: Es liegt nicht nur daran, dass die Gottesdienste hier weniger besucht sind. Insbesondere die Berichterstattung in den Medien über den Synodalen Weg stört mich. Dieser deutsche Alleingang trifft an der Basis auf wenig Interesse und wird im Ausland zumeist als arrogant empfunden.

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Franziskanerpater Gregor Geiger lebt seit 25 Jahren im Heiligen Land. Bild: privat

 

Gibt es auch Unterschiede im Christsein hier und dort?

Gregor Geiger OFM: Ja, sogar grundlegende. Die Christen im Heiligen Land befinden sich in einer Minderheitensituation. Sie sitzen quasi zwischen den Stühlen: mehrheitlich arabischstämmig werden sie von den Juden eher als islamnah, von den Muslimen als Christen aber als westlich orientiert und dem jüdischen Glauben näher angesehen. So laufen sie ständig Gefahr als «auf der anderen Seite» eingestuft zu werden. 

Ausserdem hat Religion in Israel und Palästina einen ganz anderen Stellenwert in der Gesellschaft. Religion wird praktiziert und nach aussen hin offen dargestellt - man glaubt an etwas und zeigt das auch. Allerdings sind die Gemeinschaften untereinander kaum im Austausch.

Gibt es dann so etwas wie interrreligiösen Dialog oder kocht einfach jeder sein eigenes Süppchen?

Gregor Geiger OFM: Das mit dem interreligiösen Dialog ist eher eine europäische Erfindung. Die Notwendigkeit erklärt sich wiederum mit dem Status einer Minderheit: Religion ist in der europäischen laizistischen Gesellschaft eher unterrepräsentiert. Das macht eine aktive Zusammenarbeit notwendig. Hier im Heiligen Land ist Religiosität das Gegenteil der Ausnahme - quasi jeder gehört einer Konfession an. Da genügt ein interreligiöses Miteinander. Lassen Sie es mich so zusammenfassen: In Europa ist Religion etwas Verbindendes, hier etwas Trennendes. 

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Feier der Heilige Messe mit den Brüdern. Bild: privat

Wenn Sie aus Ihrer Perspektive auf die katholische Kirche im deutschsprachigen Raum blicken, was wünschen Sie sich für deren Zukunft?

Gregor Geiger OFM: Ich wünsche mir weniger Poblemik und Streit. Viel zu sehr geht es gerade in der öffentlichen Wahrnehmung um die Kirche selbst und nicht mehr um Glaubensinhalte. Dabei sind viele insbesondere junge Menschen auf der Suche nach Spiritualität. Es kann gelingen, dass sich wieder mehr Menschen in der Kirche zuhause fühlen, das hängt aber sehr starkt von einzelnen Personen und deren Entscheidungen ab.

 

Am Sonntag und am Montag wird Pater Gregor Geiger in drei Kirchgemeinden in Zürich zu Gast sein und für Gespräche zur Verfügung stehen:

  • Sonntag, 17.09., Kath. Kirche St. Josef, Röntgenstrasse 80, 8005 Zürich:  10 Uhr Hl. Messe
    und anschl. 11.15 Uhr Vortrag/Gespräch mit Gregor Geiger OFM
  • Montag, 18.09., Kath. Pfarrei St. Peter und Paul, Werdstrasse 63, 8004 Zürich: 9.15 Uhr Hl. Messe und im Anschluss Gesprächsmöglichkeit
  • Montag, 18.09., Don Bosco, Feldstrasse 109, 8004 Zürich: 18 Uhr Hl. Messe auf Italienisch