Kirche aktuell

Corona zum Trotz Baum der Hoffnung

Münsterhof im Mai 2020: Ein leerer Platz, Lockdown. In der Mitte aber ein spriessender, grüner Baum. 13 Persönlichkeiten sprachen während dieses Monats am Münsterhof über die Quellen ihrer Hoffnung in tristen Zeiten. Vom Pfarrer bis zum alt Bundesrat, von der Philosophin bis zur Kirchen-Präsidentin. Am Sonntag, 21. September, zogen sie zum Abschluss Bilanz.
22. September 2020 Katholische Kirche im Kanton Zürich

«Wenn ich wüsste, dass die Welt morgen endet, würde ich heute noch einen Baum pflanzen.» Das sagte einmal der Schwarze Bürgerrechtler Martin Luther King. Mitten im Corona-Lockdown wurde auch mitten auf dem Münsterhof  ein Baum gepflanzt, wenn auch nur symbolisch. Aus Gründen des Denkmalschutzes durfte der fünf Meter hohe Eisenholzbaum nur befristet den Platz schmücken, aber immerhin: In tiefster Krise war er ein sichtbares Zeichen der Hoffnung. 

Hoffnungsbotschaften auf dem Münsterhof

Initiiert hatten die Aktion der Präsident der Vereinigung Kulturplatz Münsterhof, Lorenz Schmid, der dort auch eine Apotheke führt, gemeinsam mit seiner Ehefrau und ehemaligen Nationalrätin Barbara Schmid-Federer sowie Fraumünsterpfarrer Niklaus Peter. «Es ist schon ein Wunder für sich, dass wir trotz aller organisatorischen Schwierigkeiten kurzfristig diesen Baum aufstellen konnten, Sponsoren fanden und überall auf Unterstützung stiessen», erinnert sich Lorenz Schmid. Und all die promintenten Stimmen, die angefragt wurden, sich zum Thema Hoffnung zu äussern, nahmen ohne zu zögern die Einladung an und zogen auf zum Münsterhof, wo ihre Video-Hoffnungsbotschaften aufgenommen wurden (alle Videos hier zum Nachschauen).

 

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Sie sprachen Hoffnungsbotschaften auf dem Münsterplatz (v.l.): Eva Pauline Bossow, Zurich Center for Creative Economies; Lorenz Schmid, Initiator, Niklaus Peter, Fraumünsterpfarrer, Franziska Driessen-Reding, Synodalratspräsidentin, Barbara Schmid-Federer, Initiatorin, Esther Girsberger, SRG-Ombudsfrau, Franz Marfurt, Sponsor, Luzi Bernet, Chefredaktor NZZ am Sonntag, Moritz Leuenberger, alt Bundesrat, Roger de Weck, Publizist. Foto: Simon Spengler

 

Eine eindrückliche Serie kam zustande. Von der katholischen Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding bis zu Urban Federer, Abt von Einsiedeln, von Publizist Roger de Weck bis zum NZZ am Sonntag-Chef Luzi Bernet, von alt Bundesrat Moritz Leuenberger bis zur Philosophin Barbara Bleisch und vielen weiteren Persönlichkeiten. «Die Impulse werden uns alle auch durch die nächsten Monate tragen, die immer noch durch Corona geprägt sein werden», bilanziert Schmid. Und Mitinitiator Niklaus Peter, ganz Pfarrer, freut sich über die Ernsthaftigkeit der Beiträge: «Letztlich führt uns die Frage nach der Hoffnung immer in irgendeiner Form zur Gottesfrage, auch wenn uns das im Alltag oft nicht bewusst ist.»

 

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v.l.: Barbara Schmid-Federer, Moritz Leuenberger, Esther Girsberger. Foto: Simon Spengler
alt Bundesrat Moritz Leuenberger:
«Hoffnung bedeutet für mich Arbeit an der Zukunft. Diese Arbeit ist notwendig und sie ist auch schön. Wir alle müssen an unserer Hoffnung arbeiten.»

Barbara Schmid-Federer, ehem. Nationalrätin, Präsidentin Rotes Kreuz Kanton Zürich und Pro Juventute Schweiz:
«Hoffnung ist der Grundstein, um Zukunft zu gestalten. Blosser Optimismus ist naiv, sagt die Philosophin Barbara Bleisch. Hoffnung heisst, Verantwortung zu übernehmen.»


Esther Girsberger, Publizistin, Ombudsfrau der SRG Deutschschweiz:
«Wenn man ein so positiv denkender Mensch ist wie ich, dann ist Hoffnung einfach mitgegeben. Hoffnung ist genuin, ein Geschenk. Von wem, lassen wir mal offen.»

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(v.l.): Roger de Weck, Moritz Leuenberger, Luzi Bernet und Franziska Driessen-Reding im Gespräch. Foto: Simon Spengler
 

Luzi Bernet, Chefredaktor NZZ am Sonntag:
«Ich wanderte während des Lockdowns oft mit meinem Hund auf den Pfannenstiel. Das Schöne im Kleinen immer wieder neu zu entdecken, daraus schöpfe ich Hoffnung. Es bedeutet auch eine neue Werthaltung.»


Roger de Weck, Publizist:
«Mit Corona ging viel Leid einher, aber auch Fortschritt. Der Sinn für die grosse Ungleichheit zwischen Mensch und Natur, Arm und Reich, Mann und Frau wurde geschärft. Mitten in der Krise entstand eine breite Bewegung gegen Rassismus. Deshalb bin ich hoffnungsvoll.»


Franziska Driessen-Reding, Synodalratspräsidentin der katholischen Kirche im Kanton Zürich:
«Ich sehe das Glas gern halbvoll. Auch in scheinbar hoffnungslosen Situationen versuche ich etwas Positives zu finden. Worauf das gründet? Ich habs einfach so gelernt.»

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Initiator Lorenz Schmid (Mitte) bedankt sich bei allen, welche die Hoffnungsbotschaften ermöglichten. Rechts im Bild Fraumünsterpfarrer Niklaus Peter. Foto: Simon Spengler

Niklaus Peter, Pfarrer im Fraumünster:
«Mein Gottesglaube schenkt mir Hoffnung. Glauben heisst, auch in schwierigen Situationen Zuversicht zu haben. Ich muss meine Ängste nicht auf Sündenböcke abschieben, sondern kann sie vor Gott tragen. Glaube ist das stärkste Gegenmittel zur Sündenbock-Logik. Gottesglaube ist in diesem Sinne absolut radikal.»