Kirche aktuell

Ostern Angry Gorilla statt lustiger Hase

Ostern gilt im Christentum als höchstes Fest im Kirchenjahr. Auch für Schokoladenproduzenten und -händler ist Ostern neben Weihnachten ein Hochfest. Millionen von Schokoladen-Osterhasen werden produziert, mehrere Tonnen österlicher Festartikel weltweit exportiert. Das Geschäft mit niedlichen Hasen ist dabei oft nicht nachhaltig und verantwortungsvoll. Die Aktion «Angry Gorilla» der Schweizer Fair-Trade-Organisation gebana will das Bewusstsein der Konsumenten schärfen und für eine faire Wertschöpfungskette vom Anbau bis zum Verkauf sorgen.
05. April 2023 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Der Hase als Symbol geht zurück auf die Fruchtbarkeitsgöttin Ostara, die in vorchristlicher Zeit statt Ostern gefeiert wurde. Der erste Schoko-Osterhase wurde vermutlich in den 50er Jahren von unseren deutschen Nachbarn erfunden. In der Schweiz kam der bekannte und beliebte Hase mit der Goldfolie erstmals 1952 auf den Markt. Seitdem hat der Schoggihase seinen Siegeszug um die Welt angetreten.

Der Rohstoffe Kakao, die Hauptzutat von Schokolade, die unter anderem für Osterhasen verwendet wird, kommt vor allem aus Westafrika. Hier bauen Millionen von Produzenten den Kakao auf winzigen Flächen weit ausserhalb von Dörfern und Zivilisation an. Kleine Ernten können oft nur zu geringfügigen Preisen verkauft werden, die nicht zum Leben ausreichen. Die Folgen sind illegale Abholzung für mehr Anbaufläche, der Einsatz von Pestiziden für mehr Ertrag sowie Kinderarbeit, um Kosten zu senken.

Der Ruf des «Angry Gorillas»

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Angry Gorilla Kampagne von gebana. Bild: Collage zVg und Saskia Richter

Mit dem «Angry Gorilla», dem wütenden Gorilla, lanciert die Schweizer Fair-Trade-Organisation eine Kampagne, damit Konzerne endlich Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Der Gorilla ist eines der Tiere, das durch die Abholzung der Wälder für mehr Kakaoanbaufläche aus seinem Lebensraum vertrieben wird.

Statt Hasen werden in diesem Jahr an Ostern Gorillas aus Schokolade verkauft. Der Kakao dafür stammt aus biologischem Anbau in Togo und wird von einem Familienunternehmen in der Schweiz weiterverarbeitet.

Die Konsumenten sind aufgerufen ein Bild mit sich und ihrem «Angry Gorilla» zu machen und dieses mit einer Postkarte an die Präsidentin der Europäischen Kommission in Brüssel zu senden. Damit soll die Verwässerung des entstehenden EU Gesetztes vermieden werden, das verantwortliche Konzerne dazu verpflichtet, ihren Zulieferern entlang der gesamten Lieferkette auf die Finger zu schauen und das sie bei Verstössen hatfbar macht. Was geht das die Schweiz an? Sehr viel, denn Schweizer Grossunternehmen, die in der EU Umsatz erwirtschaften, wären ebenfalls zur Rechenschaft verpflichtet. Dazu zählen die weltweit grössten Kakaohändler und Schokoladenhersteller, die ihre Geschäfte allesamt über die Schweiz abwickeln.

Andrea Hüsser ist die Stimme des Good Chocolade Hub

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Andrea Hüsser, Bild: zVg

Mit Blick auf einen verantwortungsvollen Schokoladengenuss haben wir mit Andrea Hüsser, Geschäftsführerin und Vorstand des Good Chocolate Hub gesprochen. Ostern, das Fest an dem besonders viel Schokolade verkauft wird, verbindet sie mit den zwei gegensätzlichen Seiten dieses Genussmittels.

Die «ungemütliche», konfliktbehaftete Seite, sieht sie vor allem in der Produktionskette. «Noch immer gibt es schwerwiegende ökologische wie auch menschenrechtliche Probleme, hauptsächlich ganz am Anfang der Wertschöpfungskette, bei den Kakaobauern. Monokulturen und Abholzung führen nicht nur zu Heimatverlust für Mensch und Tier, sondern auch zu negativen Klimaveränderungen.» sagt Hüsser. Kinderarbeit, Armut und ein schlechtes Schul- und Gesundheitssystem zählt sie ebenfalls zu den negativen Seiten der Schokoladenproduktion. Als relevante Frage mit Blick auf diese Aspekte führt sie an: «Wie viel kostet ein Osterhase wirklich, wenn damit nicht nur alle Akteur:innen in der Produktionskette, sondern auch die Behebung der seit Jahren verursachten Kollateralschäden bezahlt werden sollen?»

Die «sinnliche» Seite der Schokolade, sieht Andrea Hüsser, wenn diese verantwortungsvoll als  wunderbar vielfältiges Genussmittel konsumiert wird, das alle Sinne anspricht. «Sehen, schmecken, riechen, fühlen und ja sogar hören(!) kann man Schokolade. Es ist eine wahre Sinnesexplosion.» weiss die Fachfrau. Wie matt oder glänzend ist sie? Ist sie bitter oder süss? Wie duftet sie? Ist sie eher rau oder zart und kann ich beim Abbrechen eines Stücks feiner Schoggi dieses Knacken wahrnehmen? Fragen, die sich jede und jeder diese Ostern beim Geniessen von Schokolade einmal bewusst stellen kann.

«Schokolade ist für mich eine Geschmacksreise, bei der ich die Verbindung zur Erde spüre und die bei mir Glückshormone freisetzt. Ein Erlebnis, auf das ich mich aber einlassen muss.»

Die Wertschöpfungskette von Schokolade zeigt für Andrea Hüsser, wie die Food-Industrie aktuell funktioniert. Sie und ihr Team des Good Chocolade Hubs möchten, in der Gesellschaft ein Bewusstsein für diese Prozesse schaffen und zu verantwortungsvollem Konsum und Genuss anregen. Für Ostern und darüber hinaus wünscht sie sich:

  • Ein Schoggihase im Osternest reicht. Dafür soll er fein, kostbar und vor allem sorgfältig und nachhaltig hergestellt sein.
    bewusst einkaufen und bewusst schenken
  • Einen Osterhasen aussuchen, der zur beschenkten Person passt. 
    Als Wertschätzung der Person gegenüber, gegen Foodwaste und im grösseren Sinne auch gegen die Abholzung des Regenwaldes (unnötiger Schokoladekonsum führt zu unnötiger Abholzung)
  • Schokolade auch mal in unkonventioneller Form verschenken
    Als ungesüsste Trinkschokolade, als Mole oder als Saft aus dem Kakaofruchtfleisch
  • «Bean-to-Bunny»-Osterhasen und «Bean-to-Egg»-Schoggieili wählen: Diese sind seit heuer eine Neuheit
    kurze Wertschöpfungskette, indem der Schokoladenhersteller direkt beim Kakaobauern einkauft und selbst alle Produktionsschritte inklusive Verpackung selbst übernimmt
  • Bereitschaft, den Wert zu bezahlen, den Schokolade wirklich hat.
  • Bei konventionellen Osterhasen-Herstellern dranbleiben und immer wieder nachfragen, woher ihr verwendeter Kakao genau kommt, was sie gegen Menschenrechtsverletzung und Abholzung tun und wie sie den Kakaobauernfamilien ein existenzsicherndes Einkommen garantieren 
    Taten die über einzelne Projekte hinausgehen.

Mehr zum Thema Verantwortungsvoller Schokoladengenuss gibt es in unserem Artikel zum Schoggifestival ehrundredlich.