Kirche aktuell

Reflexion «Das Züri Fäscht ist eine willkommene Therapie für uns»

Kommunikationsverantwortlicher Katholisch Stadt Zürich
Oliver Kraaz
Oliver Kraaz
Unter dem Motto «Halleluja!» wird die Kirche im Kanton Zürich am «Züri Fäscht 2019» teilnehmen. Der Anlass kommt für die Kirche im richtigen Moment, gerade weil ihr in den letzten Wochen und Monaten nicht zum Feiern zu Mute war.
27. Juni 2019

Die Queen sprach im Jahresrückblick 1992 von einem annus horribilis. Sie spielte damals auf die negativen Schlagzeilen rund um das Königshaus an. Die Königsfamilie ähnelte mit ihren Scheidungen, Affären und Kapriolen ihrer Mitglieder eher einem wildgewordenen Tollhaus denn einer Vorzeige-Aristokratie.

Nun, die katholische Kirche kann jetzt schon, Ende Juni von einem annus horribilis sprechen. Irgendwie weiss auch niemand mehr, wann dieses grässliche Jahr mit den übelsten aufgedeckten Missbrauchsfällen begann. Der Blick zurück scheint einem langen, schwarzen Tunnel gleichzukommen. Für die Zürcher Katholiken steht zudem die Frage im Raum, was nach der bizarren Ära von Bischof Huonder kommt. Man befindet sich sozusagen im Wartezimmer, nur dass der Empfangsschalter nicht besetzt ist. Irgendwie.

Feuerwerk am ZüriFäscht
Feuerwerk am ZüriFäscht

Und jetzt das Züri Fäscht. Halleluja?

Unbedingt! Der Millionenanlass kommt zum richtigen Zeitpunkt. Ich wage sogar den grossen Satz: Er ist ein Geschenk Gottes, auch wenn das Fest nicht offiziell im Schöpfungsplan auftaucht. Goldrichtig ist der Zeitpunkt, weil die Zürcher Katholiken mürbe, ausgelaugt wirken. Wie ein Marathonläufer, der einfach das Zielband nicht findet und unterdessen bei Kilometer 120 durch die Gegend torkelt. Ohne zu wissen, warum und wohin er (noch) unterwegs ist.

Und dass als Katholik! Dabei steht Katholizismus auch dafür, das Leben und vor allem das Leben mit Gott feiern zu können. Farbig, bunt, kräftig! Mit Leib und Seele. Im gemeinsamen Feiern Kraft zu tanken. Trotz der Widrigkeiten des Lebens das Schöne des Moments im Auge zu behalten.

Es bringt nichts, jetzt in Büsser-Haltung nur noch lauwarm im Katholisch-Sein zu darben wie in einer verschleppten Grippe. Am «Züri Fäscht» werden etwa eine Million-Besucher erwartet. Es wird laut, es wird fröhlich, es wird oft auch überbordend. Und wir, die Katholische Kirche mitten drin. Gut so!

Gut so für Zürich: Wir geben unverkopft und saftig zu verstehen: Kirche ist mitten unter den Menschen, mitten im Leben und nicht irgendwo am Rand. Selbst wenn wir immer mehr an den Rand gedrängt werden.

Oder flüchten wir an den Rand, weil wir den Kontakt scheuen? Im «Züri Fäscht» zeigt sich unsere Aufgabe für die Zukunft, wenn wir eine haben wollen: Wir können nur überleben, wenn Kirche dort stattfindet, wo die Menschen sind. Dabei muss es nicht immer nach Weihrauch schmecken. Der Geruch nach Grillwürsten tut es auch, ebenso der herbe Geschmack des Weissbiers statt des Messweins.

Das «Züri Fäscht» ist aber auch gut für uns. Der Puls der Menschen, die Festlaune, das kann wie eine Infusion wirken. Eine Therapie, die uns aus der Lethargie, aus dem kopflastigen Kreisen um unsere Probleme reisst. Um ein anderes Bild zu gebrauchen: Statt stundenlang auf die leeren Kirchenbänke zu starren, sollten wir mehr die Augen für das Leben draussen öffnen.

Das Leben ist ein Fest. Nicht immer, aber immer wieder. Eigentlich beste Voraussetzungen für uns Katholiken.

Halleluja! Wir sehen uns am Züri Fäscht!

 

Die Katholische Kirche wird am See (General Guisan-Quai) ein eigenes Festareal haben. Das Festzelt wird einen Kirchturm, eine Paradies-Lounge und eine Höllenbar, einen Gastrobetrieb und eine Showbühne haben.