Kirche aktuell

Gemeindeleben in Zürich Äthiopisch-orthodoxe Kirche feiert «Meskel»

Es ist eines der höchsten Feste im Kirchenjahr und gilt als immatrielles Kulturerbe der Menschheit. Zur Kreuzerhöhung sind dieses Jahr rund 1000 Menschen nach Zürich gekommen. Dabei war dem Fest kurzfristig die Bewilligung entzogen worden.
26. September 2023 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Zahlreiche Plastikbeutel und einzelne Schuhpaare liegen vor der Pforte der reformierten Kirche Oberstrass. Drinnen wird heute barfuss oder auf Socken gefeiert. Zweimal im Monat ist das so. Für gewöhnlich nehmen 150 bis maximal 200 Menschen an den Gottesdiensten der äthiopisch-orthodoxen Tewahedo-Kirche teil – die Kirche ist damit schon gut gefüllt. Am heutigen Sonntag sind aber rund 1000 Menschen nach Zürich gekommen, um Meskel, das traditionelle Fest der Kreuzerhöhung, zu feiern. Meskel, das bedeutet übersetzt Kreuz.

Aus der ganzen Schweiz sind sie angereist. Einige Busse aus Süddeutschland. «Dass alle in weiss gekleidet sind, symbolisiere Reinheit», erklärt Mistre Haile Selassie von der äthiopisch-orthodoxen Kirchgemeinde. Er ist seit über 40 Jahren in der Schweiz heimisch. Darum werde die Kirche auch ohne Schuhe betreten, erklärt Selassi.

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Neben dem Parkplatz der benachbarten Schule hat sich eine Kinderwagen-Armada aufgereiht. Allein das verrät, dass heute kein gewöhnlicher Gottesdienst stattfindet. Nach den fast fünf Stunden dauernden Feierlichkeiten in der Kirche wird ein Feuer angezündet. Der Stapel aus Holzscheiten steht schon seit heute früh bereit. Einige Gäste haben eigene Zweige mitgebracht und dazu gestellt.

Ganz ungefährlich ist die Angelegenheit hier im Pfarrgarten nicht. Die Menschen warten schon dicht gedrängt vor der Kirchentür und um die Feuerstelle darauf, dass die Priester aus der Kirche heraustreten und es losgeht. Einige Kinder sitzen auf den Schultern ihrer Eltern, um alles zu sehen. Einige wenige sind auf die kleine Mauer geklettert, die das abschüssige Grundstück begrenzt. Um die Sicherheit aller zu gewährleisten, steht ein Mann mit einem Gartenschlauch bereit, um das Feuer kleinzuhalten. 

Wegen Sicherheitsbedenken verlegt

Aus Sicherheitsgründen fällt dieses Jahr das Feuer etwas kleiner aus als gewöhnlich. Eigentlich sollte das Fest – wie in den letzten 23 Jahren – auf einer grossen Freifläche in Opfikon stattfinden. Die Bewilligung wurde aber vom zuständigen Stadtrat in letzter Minute zurückgezogen – aus Sicherheitsbedenken.

Vor rund drei Wochen war es im Opfikoner Glattpark zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen eritreeischen Regimegegnern und Anhängern der Regierung von Isayas Afewerki gekommen. Mehrere Personen wurden nach Angaben der Zürcher Kantonspolizei verletzt, drei festgenommen. Anlass war eine Veranstaltung zum 1. September, an dem die Regimeanhänger das Ende des Eritreischen Unabhängigkeitskrieges feiern. 30 Jahre lang herrschte ein erbitterter Bürgerkrieg, der schliesslich zur Abspaltung Eritreas von Äthiopien geführt hatte.

Sie seien sehr dankbarer, dass die reformierte Gemeinde sich als Ausweichquartier gefunden habe, sagt Mistre Haile Selassi. «Heute sind Äthiopier und Eritrer hier. Die Menschen, die herkommen, wollen friedlich zusammen feiern.»

Das Meskel-Fest ist seit 10 Jahren schon gelistet als immaterielles Kulturerbe der Menschheit. Es wird gefeiert In Gedenken an die Wiederauffindung des Heiligen Kreuzes durch Kaiserin Helena. In der äthiopischen Hauptstadt Adis-Abeba kommen Tausende zum zentralen Meskel-Platz, um ein gewaltiges Feuer zu sehen.  Der Legende nach habe Helena ein Feuer angezündet und der aufsteigende Rauch hatte ihr den Weg zum Heiligen Kreuz gewiesen.

 

Die weisse Kleidung steht für Reinheit. Nur so soll die Kirche betreten werden.

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Die weisse Kleidung steht für Reinheit. Nur so soll die Kirche betreten werden.

Mistre Haile Selassi im Gespräch mit Magdalena Thiele von der katholischen Kirche im Kanton Zürich.

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Mistre Haile Selassi im Gespräch mit Magdalena Thiele von der katholischen Kirche im Kanton Zürich.

Im Gottesdienst wird quasi durchgängig getanzt und gesungen.

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Im Gottesdienst wird quasi durchgängig getanzt und gesungen.

Die Mitwirkenden haben spezielle Festtagsgewänder angezogen.

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Die Mitwirkenden haben spezielle Festtagsgewänder angezogen.

Vor der Kirche stehen heute viel mehr Kinderwagen als sonst.

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Vor der Kirche stehen heute viel mehr Kinderwagen als sonst.

Der Scheiterhaufen ist vor Beginn der Zeremonie in ein Tuch gehüllt.

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Der Scheiterhaufen ist vor Beginn der Zeremonie in ein Tuch gehüllt.

Qomos Aba Haylegiorgis, das Oberhaupt der äthiopisch-orthodoxen Kirchen in der Schweiz.

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Qomos Aba Haylegiorgis, das Oberhaupt der äthiopisch-orthodoxen Kirchen in der Schweiz.

Priester und Bischof obliegt es, den Scheiterhaufen in Brand zu setzen.

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Priester und Bischof obliegt es, den Scheiterhaufen in Brand zu setzen.

Die Festgemeinde hat sich um den Scheiterhaufen herum versammelt.

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Die Festgemeinde hat sich um den Scheiterhaufen herum versammelt.

Als das Feuer entfacht wird, haben alle schon 5 Stunden Gottesdienst hinter sich gebracht.

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Als das Feuer entfacht wird, haben alle schon 5 Stunden Gottesdienst hinter sich gebracht.

Die Menschen tanzen und Singen zur Ehre Gottes.

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Die Menschen tanzen und Singen zur Ehre Gottes.

Bis alles verbrannt ist, wird weiter gesungen.

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Bis alles verbrannt ist, wird weiter gesungen.

Die grossen Trommeln gehören traditionell dazu.

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Die grossen Trommeln gehören traditionell dazu.