Will Generalvikar Grichting Caritas und Fastenopfer abschaffen?
In einem Essay in der Zeitschrift „Schweizer Monat“ lässt der Generalvikar des Bistums Chur Dr. Martin Grichting unter dem Titel „Nicht Mitte, nicht links, nicht rechts“ im Dezember 2014 verlauten, dass Vertreter der katholischen Kirche immer öfter mit Kapitalismuskritik liebäugeln, um sich dem Zeitgeist anzubiedern.
„Gottes Zuckerguss“ als Retrospektive
Dieser Artikel wäre eigentlich keines Kommentares wert. Aber wie bei einem guten Film, braucht es eine Retrospektive, damit man den Artikel richtig einordnen kann. Im vorliegenden Fall hat René Scheu, Chefredaktor und Herausgeber der Zeitschrift, diesen Rückblick verfasst. Unter der Überschrift „Gottes Zuckerguss“ führt er aus, wie er sich in einem Beitrag in der „NZZ am Sonntag“ kritisch äusserte und welche Reaktionen darauf erfolgten: „Unmittelbarer Anlass für meine Unmutsbekundung war das erste apostolische Schreiben des neuen Papstes, das im denkwürdigen Satz „Diese Wirtschaft tötet“ (Evangelii Gaudium Nr. 35 – Anm. der Red.) gipfelte“.
Die Antworten kamen aus der Feder von Protestanten und Katholiken, die meisten ausnahmsweise in zustimmenden Ton, darunter Kirchgänger, Theologen, ja sogar der oberste Reformierte der Schweiz – und eben auch Martin Grichting, seines Zeichens Generalvikar des Bistums Chur und einer der erfreulich streitbaren Notabeln der katholischen Kirche.“
Es ist doch erstaunlich, dass sich Martin Grichting nach den Worten von René Scheu klar von Papst Franziskus distanziert. Gehört Martin Grichting gar zu jenen Leuten in der Hierarchie, welche nicht von Papst Franziskus sprechen, sondern despektierlich nur von „Herrn Bergoglio“?
Liest man den Artikel von Martin Grichting unter dieser Prämisse, dann wird es erst interessant. Da steht z.B. zu lesen: „Denn nicht wenige Kirchenleute sehen in Jesus Christus im Grunde ein sozialistisches Blumenkind. Und so setzen sie das Evangelium als Marketinginstrument für ihr Gutmenschentum ein“.
Das wirft drei Fragen auf:
- Zählt Martin Grichting den Papst auch zu denjenigen Kirchenleuten, die Jesus für ein sozialistisches Blumenkind halten? Mindestens Chefredaktor René Scheu scheint dieser Meinung zu sein.
- Oder sähe es der Generalvikar des Bistums Chur lieber, wenn das Evangelium als Marketinginstrument für ein Schlechtmenschentum eingesetzt würde? Im Zusammenhang mit dem kritisierten Zitat von Papst Franziskus ist auch eine andere Stelle bemerkenswert: „Dort, wo zentrale Inhalte der Glaubenslehre oder die Menschenwürde – etwa in den Fragen der Bioethik oder des Rechs auf Leben – unmittelbar zur Debatte stehen, wird die amtliche Verkündigung automatisch politisch.“ Ich lese das von Martin Grichting kritisierte Papstzitat durchaus so, dass dieser das Recht auf Leben in seiner Ganzheit und in auch seiner Verwundbarkeit verteidigt. Warum also stört sich Martin Grichting so sehr daran? Könnte es daran liegen, dass er lediglich das ungeborene Leben zu schützen gedenkt? Der Schutz des geborenen Lebens scheint ihm also nicht zu den zentralen Inhalten der Glaubenslehre zu gehören. So nach dem Motto: Wer lebt muss halt selber schauen wie er durchkommt!
- Wie hält er es denn mit dem 5. Gebot: Du sollst nicht töten? Oder wie hält er es mit den Aussagen der Bergpredigt oder dem Gleichnis vom Guten Samariter? Gehören all diese Zeugnisse und Aussagen von Jesus von Nazareth nicht zu den „zentralen Inhalten der Glaubenslehre oder der Menschenwürde“?
Wie ist die von Martin Grichting gesetzte theologische Pointe des Christentums, wonach „die Kirche eine Glaubenslehre vertritt die per definitionem nicht die Lösung kontingenter weltlicher Fragen zum Ziel haben kann“ zu verstehen? Eigentlich nur so, dass die katholischen Hilfswerke Caritas und Fastenopfer abgeschafft gehören.
Es ist Advent, die Zeit des Wartens auf Christi Geburt. Könnte es sein, dass Dr. Martin Grichting mehr Freude am Evangelium hätte, wenn Jesus bei den „Schlechtmenschen“ der damaligen Zeit, beispielsweise bei König Herodes geboren worden wäre, so im pelzbedeckten Bettchen, beim warmen Kaminfeuer und mit angemessenem Willkommenstrunk?
Jedes handeln in der gesellschaft ist politisch - und deshalb ist auch christliches handeln politisch. Warum wurde denn Jesus immer wieder von den 'offiziellen angegriffen? Wohl weil er mit seinm Reich Gottes-gedanken in die gesellschaft eingriff! Herr Grichtig: bleiben Sie in Ihrem schneckenhaus!
Grichting contra Schnüriger "Ich war hungrig und ihr habt mir - ausser Almosen - nichts zu essen gegeben!" So versteht wohl Dr. M. Grichting laut seiner Antwort auf den Blog von B. Schnüriger den Sinn und Geist des Weltgerichtes.
Ich persönlich glaube, dass sich Jesus damals nicht nur für Almosen sondern vor allem für mehr Gerechtigkeit auf dieser Welt ausgesprochen hat. Aber ich bin ja nur ein Laie, der wohl vornherein schon kein richtig geschultes Gewissen hat und der sich zudem noch ein parachristliches Mäntelchen umgelegt hat. Gemäss René Scheu von der Zeitschrift "Schweizer Monat" nervt Dr. Grichting nach seinen eigenen Aussagen seit eh und je das linke Gutmenschentum gewisser Kirchenvertreter, für das dann der liebe Gott noch den Zuckerguss liefern darf. Ob der Generalvikar dabei wohl auch Papst Franziskus meint, der in seiner Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages 2015 u. a. schreibt: "Das passiert, wenn im Zentrum eines Wirtschaftssystems der Götze Geld steht und nicht der Mensch, die menschliche Person. Ja, im Zentrum jedes sozialen oder wirtschaftlichen Systems muss der Mensch stehen, das Ebenbild Gottes, geschaffen, um Herr des Universums zu sein. Wenn die Person beiseitegeschoben wird und der Götze Geld ins Spiel kommt, dann werden die Werte über den Haufen geworfen." "Nicht mehr Knechte, sondern Brüder und Schwestern" - die Botschaft von Papst Franziskus zum Weltfriedenstag am 1. Januar 2015 im Wortlaut. Es scheint so, dass solche Worte Generalvikar Dr. Grichting nichts angehen, er schliesst lieber Freundschaft mit der wirtschaftsfreundlichen Zeitschrift, die sich "Schweizer Monat" nennt. Von diesen Kreisen - die vorwiegend eine florierende Wirtschaft auf Kosten der Armen und Rechtlosen auf ihre Fahnen geschrieben haben - erhält der Solidaritätsfonds der Diözese Chur zweifellos namhafte finanzielle Zuwendungen. Wenn nun Dr. Grichting als Präsident dieser Stiftung ab Januar 2015 ein neues monatliches Infoblatt herausgeben wird, dürfte dieses elektronisch versandte Infoblatt vorwiegend von Leuten gelesen werden, die aus der offiziellen Kirche ausgetreten sind. In den letzten 6 Jahren wurden für den Solidaritätsfonds - magere - Fr. 60'000 gesammelt, die nun u.a. für dieses Infoblatt eingesetzt werden. Damit das Infoblatt auch länger als ein Jahr erscheinen kann, braucht es wohl noch mehr Freundschaften aus dem rechten Lager, das dem Götze Geld huldigt.
Wie wäre es mit gutsituierten Mitgliedern der Opus Dei und ähnlichen Kreisen? Papst Franziskus hat bei seiner diesjährigen Weihnachtsbotschaft die Kurie seiner Kirche scharf kritisiert. Schaut man die 15 Krankheiten näher an, so ist zu vermuten, dass es Personen bei der Kurie in Chur gibt, welche besonders an der 15. Krankheit kränkeln: "15) Das Streben nach weltlichen Profiten und die Prahlerei: "Das ist die Krankheit jener, die unersättlich sind in ihren Versuchen, ihre Macht zu vervielfachen, und dabei des Rufmords, der Diffamierung und der Diskreditierung anderer fähig sind – auch in Zeitungen und Magazinen – , natürlich um sich selbst als kompetenter als andere darzustellen". Ich möchte mich am Schluss der Blog-Meinung von P. Walter Ludin anschliessen, die da heisst:
"Kein anderer Kirchenmann äussert sich so profiliert zu politischen Themen wie Papst Franziskus. Hoffentlich nimmt er Grichtings Rundumschlag zur Kenntnis. Dann wird er sicher nicht den Fehler begehen, ihn zum Churer Bischof zu ernennen. Somit sind dürfen wir dankbar sein für Grichtings Artikel". René Däschler, Wädenswil
Richtig bleibt indessen: Jesus war kein Sozialarbeiter oder gar Sozial-politiker oder gar Sozialrevolutionär. . Er benutzte keine rhetorisch-induktrinierenden Parolen und suggestive Formen , mit dem Ziel den Menschen ein schlechtes Gewissen einzureden, weil sie ein zweites Schnitzel gegessen haben. Auch ist er nicht gekommen, Frieden zu bringen, wie die Jungleure des technologischen Sozialstates und seiner moralisierenden Caritas. In dieser Hinsicht ist die Heilsarmee ehrlicher, als die Linken Katholiken, deren vordergründige Empathie mit den Armen, zur parteipolitischen Bauernfängerei verkommen ist und hinter der Hand die Essenz des christlichen Glaubens als Instrument ihrer politisch intendierten, instumentetellen Vernunft und Taktik ist, wie sie in trozzkistischen Kreisen Frankreichs und Südamerikas als Strategie gepflegt wir.; "Der Teufel ist bekanntlich ein Logiker", er hat nicht erst seit 1789 das humane Argument als (sehr effektive) Waffe benutzt.
Ich frage mich ernsthaft, ob Hr. Reinhard Baden bei seinem Beitrag wohl auch Papst Franziskus meint, der am 28. Oktober 2014 vor den Teilnehmern am Welttreffen der Sozialen Bewegungen in der Alten Synodenaula, Rom, folgende Worte sprach:
"Unser Treffen heute entspricht einem ganz bestimmten Verlangen nach etwas, das jeder Vater und jede Mutter für ihre Kinder wollen; ein Verlangen nach etwas, das für alle zu Verfügung stehen müsste, das wir aber leider heute für die allermeisten in immer weitere Ferne rücken sehen: Landbesitz, ein Dach über dem Kopf und Arbeit („tierra, techo y trabajo“). Es ist befremdlich: Wenn ich als Papst davon spreche, heisst das für einige, dass der Papst ein Kommunist ist.
Man begreift nicht, dass die Liebe zu den Armen das Herzstück des Evangeliums ist. Landbesitz, ein Dach über dem Kopf und Arbeit – das sind heilige Rechte, für die ihr euch einsetzt. Diese Rechte einzuklagen, ist keine Regelwidrigkeit, sondern gehört zur Soziallehre der Kirche."
vgl. Institut für Theologie und Politik, Münster: http://www.itpol.de/?p=1491
René Däschler
Meint er gar nicht. Der Papst war , ist und bleibt eine aufrichtige, integrative und natürlich geisitig und geistlich hochgebildete und integre Gestalt dem Anleihen an die sozialutopische Ideologien des 19 und 20 Jahrh. fern liegen ! Nur jene, tonangebenden innovativen , hypermoralische Pastoralreferenten mit gutem Einkommen sind gemeint, die sich anschicken die Kanzeln zu übernehmen um die Nachfolge Savonarolas anzutreten . Jeder , um die geistliche Substanz seines Glaubens ringender Christ, wird das Gebot der Nächstenliebe auch in caritativer Hinsicht leben.("wird gute Werke tun") Dazu bedarf es nicht des Raffinements werbepsychologisch durchdachter Weihnachts- bzw. Misserior-Predigten! Caritas verkommt zu einer sozialtechnologischen Veranstaltung, gleichsam zum "Exkrement der Instrumentellen Vernunft" , bzw. zum Kitt einer letztlich Gott-und Christus verneinenden Gesellschaft, die das "sozial Nützliche " der Kirchen preist, gleichzeitig die den dreieinigen Gott verneint. Wahre Caritas bleibt gebunden an eine Verkündigung , zumindest an eine zeichenhafte Vermittung der Glaubenswahrheit, soll sie denn nachhaltige Früchte zeigen. Daß es auch wertvolle soziale Hilfen aus aus einem athetistische, humanitären, agnostischer Grundhaltung gibt, bleibt unbenommen und sollte nicht kleingeredet werden. Der Unterschied zur Caritas, muß jedoch hervorgehoben werden und die Homilie nicht zu eiiner "sozialkritischen Analyse " der ungerechten Gesellschaft umgebogen werden. Daß letztere nie eine solche war und sein wird, an ihrer "unheilbafren Gesundheit" leidet und hungert, weiß jeder Christ, wozu es Keiner medienanimierten Predigten bedarf, in denen Gerechtigskeute auf Bildzeitungsniveau geschwungen wird. Sonst verkommt der Ambo zum parteipolitischen Rednerpult und die Kirche zum parlierenden Parlament mit Ihrem Götzen: "Demokratie". Daß sie es in weiten Bereichen schon geworden ist und die Sonntagspredigten in der Tat zu "Sonntagspredigten" unserer sittenbildeden Repräsentaten aus Politik und Zeitgeschehen geworden sind, ist in der Tat ein wesentlicher Grund der Entleerung der zu interaktiven Agitationsräumen umgestalteten "Gotteshäuser" . Kirche wird so zu einer des christlichen Seins und seiner Geschichte vergessenen "Religion" mit ihrem politzisch freilich geschätztem, "sozialfunktionellen Gehalt" und damit eine leichte Beute jener wird, die hunderttausende Christen auf den Opferaltären ihrer Ideologien verascht sowie geistlich und materiell verhungern ließ,-und dies meist unter der Maxime der Humanität ! Reinhard Baden
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