Kirche aktuell

Achtung Baustelle! oder Jesus, der Baustellenarbeiter

Achtung Baustelle! oder Jesus, der Baustellenarbeiter
Spitalseelsorgerin, Sprecherin "Wort zum Sonntag"
Nadja Eigenmann
Nadja Eigenmann
16. Oktober 2014

Baustellenschild
Achtung Baustelle!

Dieses Verkehrszeichen sehen wir draussen, wo Häuser und Strassen gebaut, abgerissen oder saniert werden. Auf Strassenbaustellen werden tiefe Gräben gezogen, Kanalisationsrohre und andere Leitungen erneuert. Ein Strassenabschnitt nach dem anderen wird aufgerissen und saniert. Schaue ich hinter die rot-weisse Abschrankung, sehe ich Arbeiter, die schwere körperliche Arbeit leisten, schuften und schwitzen, sich Hände, Gesicht und Kleider schmutzig machen.

Wenn wir auf ein Baustellenschild treffen, wird unsere Geduld manchmal auf die Probe gestellt. Wir müssen längere Wartezeiten oder Umwege in Kauf nehmen und der Baulärm kann sehr lästig sein.

Private und persönliche Baustellen

Dieses Verkehrszeichen erinnert mich auch an die persönlichen Baustellen von Menschen, die kleinen und die grossen:

  • die finanziellen Sorgen, die einen plagen
  • den Murks in der Partnerschaft
  • die Gesundheit, die einen eingeschränkt
  • oder wenn jemand nach dem Sinn in seinem Leben sucht.

Baustellen gehören zum Leben. Aber manche Menschen befinden sich wie auf einer Dauerbaustelle: Sie strengen sich an, aber kommen aus ihrem Loch nicht heraus. Andere haben die eine Baustelle in ihrem Leben behoben, schon folgt die nächste. Vielleicht würden einige von Ihnen am liebsten so ein Schild bei sich aufstellen:

Baustellenschild

Achtung, Baustelle!

Sieht mich denn niemand? Ich brauche Hilfe! Wer hat Zeit für mich?

Es wäre gut, wenn jemand stehen bliebe und mich fragen würde: Was bereitet dir Kummer und Sorgen, zerbricht dir den Kopf und bringt dich ins Schwitzen? Jesus würde, da bin ich mir sicher, diesen Hilferuf nicht übersehen. Achtung, Baustelle! hiesse für ihn: Achtung vor dem Menschen! Achtung vor dem, was diese Frau, dieser Mann, dieses Kind hier durchmachen muss! Jesus würde stehen bleiben und über den Bauzaun klettern. Er würde den Sorgen und Ängsten, egal welcher Art sie sind, zuhören. Er würde Mut machen und mit anpacken. Als Bauarbeiter würde Jesus es allerdings nicht mit einem einigermassen schönen Oberflächenbelag gut sein lassen, sondern er würde den Belag und den Schutt abtragen. Er würde einen nicht schonen und wahrscheinlich noch mehr zum Schwitzen bringen. Jesus würde in die Tiefe graben und das Verborgene in der Lebensgeschichte offenlegen. Dort, in der Tiefe, würde er heilend wirken. Mit grossem Gottvertrauen und ohne moralische Vorbehalte würde er eine neue Perspektive eröffnen und mithelfen, zu sanieren.

Achtung, Baustelle!

Bauen Sie Ihren Bauzaum nicht zu hoch, damit Jesus drüberklettern kann. Manchmal kommt er allein. Manchmal schickt er seine Arbeiterinnen und Arbeiter. Denn Jesus hat gesagt: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. (Mt 18,20)