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7 Tipps gegen ratlose Barmherzigkeit

7 Tipps gegen ratlose Barmherzigkeit
Arnold Landtwing
Arnold Landtwing
11. Dezember 2015

Barmherzigkeit? Der Begriff lässt ratlos zurück, kaum jemand kann mehr etwas damit anfangen. Aber wenn Sie schon wissen, was Barmherzigkeit ist, dann ist dieser Blogbeitrag nichts für Sie und endet hier – oder Sie lesen weiter, weil Sie trotzdem neugierig sind, was es denn mit Barmherzigkeit so auf sich haben kann. Und bereit sind, sich dem Ringen um eine grundsätzliche Frage zu stellen.

Barmherzigkeit ist dynamisch

„Ach komm, hör mir doch auf mit Barmherzigkeit. Ich mag dieses gnädige Von-oben-herab-gutes-tun nicht“, rümpfte ein Freund in einer Diskussion die Nase. Im Verlauf des intensiven Nachdenkens und Debattierens veränderte sich seine Perspektive. Er erkannte eine andere Bedeutung des Begriffs Barmherzigkeit – und vor allem die überraschende Dynamik, die ihn ihm steckt.

Barmherzig sein bedeutet

  • zu allererst von seinem hohem Ross absteigen (1. Schritt),
  • die eigene Komfortzone verlassen und sich vom Leben betreffen lassen (2. Schritt).
  • Wer sich so weit vorgewagt hat, dem bleibt nichts anderes übrig als selber zu handeln – oder auch mal zuzulassen, dass man selber derjenige ist, dem Barmherzigkeit zukommt. (3. Schritt).

Gewachsen ist diese Einsicht durch das Wagnis eines Perspektivenwechsels: Stell Dir eine Situation vor, in der Du selber Barmherzigkeit erlebt hast – aber nicht als Handelnder, sondern als derjenige, der sie erleben darf.

Aus dieser Sicht ist Barmherzigkeit etwas, das Dir einfach so zukommt. Unverdient. Ungefordert. Und: absolut bedingungslos.

Das macht es aus: Barmherzigkeit zerbricht die verquere Logik von Leistung und Gegenleistung und entlarvt mit dem einfachen Mittel des Erbarmens unmenschliches Renditedenken. Sie ist auch mehr als einfach das abgeben, was ich sowieso nicht mehr brauchen kann.

In einem Interview hat Kardinal Walter Kaspar darauf hingewiesen, dass Barmherzigkeit eine menschliche Grundhaltung werden soll. „Dazu gehören Herzensbildung, Selbstkritik, Nachdenklichkeit. Unsere individualistische Gesellschaft glaubt, es ginge darum, sich durchzusetzen. Es geht aber darum, diejenigen wahrzunehmen, die sich eben nicht durchsetzen können.“

Papst Franziskus gibt Fahrplan vor

Papst Franziskus hat den Fahrplan vorgegeben – und es existieren seit Jahrhunderten verlässliche und bewährte Ideen, wie und wo wir Barmherzigkeit konkret werden lassen können. Wer die Liste der sieben leiblichen und geistigen Werke der Barmherzigkeit durchgeht, findet mühelos einen Punkt, der gleich heute angepackt und umgesetzt werden kann.

Die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit

  1. Hungrige speisen
  2. Durstigen tränken
  3. Fremde beherbergen
  4. Nackte kleiden
  5. Kranke pflegen
  6. Gefangene besuchen
  7. Tote bestatten

Die sieben geistigen Werke der Barmherzigkeit

  1. Irrende zurechtweisen
  2. Unwissende lehren
  3. Zweifelnden recht raten
  4. Trauernde trösten
  5. Lästige geduldig ertragen
  6. Denen, die uns beleidigen gern verzeihen
  7. Für Lebende und Tote beten

Nähe Gottes ? Machen Sie mal ein Beispiel!

In seinem Blog bringt es P. Bernd Hagenkord auf den Punkt und provoziert tüchtig:

„“Nähe Gottes – machen Sie mal ein Beispiel“. Nichts einfacher als das: Barmherzigkeit. Das klingt jetzt sehr vereinfacht, ist aber der Eckstein dessen, was der Papst vorhat.“

Fürs erste nehme ich mir persönlich vor, Lästige geduldig zu ertragen. Es gibt tatsächlich Menschen, die mir gehörig auf die Nerven gehen und für die ich nur schwer Geduld aufbringen kann. Sie werden mir als Lästige zur Last, weil ich mich in meiner Ungeduld immer wieder aufs Neue ärgere, wenn sie es zum x-ten Mal nicht schaffen, über ihren eigenen Schatten zu springen und eine ausgestreckte Hand zu ergreifen. Vielleicht hilft es, sie so anzunehmen wie sie sind? Kann nur befreit werden, was auch angenommen ist? Mal sehen, ob es klappt – und insgeheim befürchte ich jetzt schon, dass es auch sein könnte, dass ich derjenige bin, der lästig ist und die Geduld des anderen strapaziert. Sollte dem so sein, erhoffe ich mir nur eines: Barmherzigkeit.