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Bodenständiger Vorwärtsdrang

Bodenständiger Vorwärtsdrang
Wer ist Franziska Driessen-Reding, die als erste Frau den Synodalrat der Römisch-katholischen Körperschaft des Kantons Zürich präsidiert?
23. August 2018 Katholische Kirche im Kanton Zürich

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Sie hat den Spruch spontan an eine Wand ihrer Wohnung gepinselt: «Es chunnt wie’s muess – und das isch guet esoo.»

Franziska Driessen wehrte sich damals im «Verein Katzenbach» für den Erhalt der Genossenschaftssiedlung in Zürich-Seebach. Letztlich erfolglos, aber die junge Familienfrau liess sich davon weder den Mut noch die Zuversicht rauben.
13 Jahre sind das her. Inzwischen lebt sie wieder an ihrem Geburtsort Opfikon, ihre drei Kinder stehen alle in der Berufsausbildung, sie hat fünf Jahre für die CVP als Gemeinderätin politisiert, war vier Jahre lang in der Synode und seit 2011 als Synodalrätin in der Exekutive. Und nun ist Franziska Driessen die erste Frau, die den Synodalrat der Römisch-katholischen Körperschaft präsidiert.

Noch immer verkörpert die gestandene Berufs- und Familienfrau diese Mischung aus Unbekümmertheit und Hartnäckigkeit. Mit ihr könnte man Pferde stehlen, aber wenn sie es sich in den Kopf gesetzt hat, dann müsste man wohl auch.
Man glaubt es ihr zwar, dass sie diese Karriere nicht gesucht hat, dass sie jeweils einfach dort anpackt, wo jemand zum Anpacken gebraucht wird. Aber ebenso offensichtlich ist auch, dass mit den Aufgaben der Ehrgeiz wächst: Wenn schon anpacken, dann gleich richtig. Die erfahrene Hauswirtschaftslehrerin weiss, wie man eine Sache ordentlich plant und durchzieht.

Franziska Driessens Lebensweg straft all jene Lügen, die von der Mitwirkung der Laien in unseren staatskirchenrechtlichen Strukturen per se eine Bedrohung für die katholische Kirche wittern. Sie sei keine Theologin und auch nicht «die höchste Zürcher Katholikin» betont sie.
Dennoch: Katholisch sozialisierter geht’s selbst beim geweihten Personal kaum. Die Mutter eine in der Pfarrei engagierte Katholikin, der Vater ein Konvertit. 15 Jahre lang war Franziska Driessen im Blauring aktiv und bis heute in zahlreichen kirchlichen Engagements als Freiwillige. Mit Begeisterung erzählt Franziska Driessen davon, wie prägend das Oratorium Philipp Neri in Glattbrugg für sie war. Dort und im Elternhaus hat sie «Katholisch-Sein» erlebt und gelernt. Und dieses «Katholisch-Sein» strahlt sie auch als Synodalratspräsidentin mit ansteckender Freude und gesundem Selbstbewusstsein aus.

Neben dieser grundpositiven Haltung bringt Franziska Driessen eine Mischung aus Vorwärtsdrang und Bodenständigkeit in ihr Amt mit. Nach der Kanti wurde sie vom Fernweh gepackt, jobbte als Reiseführerin auf einem Rheinschiff und als Hotelangestellte in Genf und Arosa.
Darauf folgte die Ausbildung zur Hauswirtschaftslehrerin. Danach vierzehn Jahre lang Trainerin und Supervisorin für Luftverkehrsangestellte. Egal, wo Franziska Driessen anpackte: Immer war sie dabei mitten unter Menschen und mit Menschen unterwegs.

Kein Wunder, war sie als Synodalrätin im Ressort «Migrantenseelsorge» in ihrem Element. Und kein Wunder, hat sie bei all ihren Geschäften versucht, möglichst alle Beteiligten ins Boot zu holen. Mit Reden und Zuhören. Wenn nötig mit sehr viel Zuhören und sehr viel Reden.
Dies will sie auch als Synodalratspräsidentin so halten. Deshalb wird sie unter anderem eine öffentliche Sprechstunde einrichten. Wenigstens einmal monatlich soll jeder und jede sie zur Rede stellen können. Ganz direkt und unverstellt.

Direktheit und Offenheit, das hat ihr als Synodalrätin viele Sympathien und viele Stimmen für die Wahl zur Präsidentin eingetragen. Allerdings auch gleich den ersten Shitstorm, wenige Stunden nach der Wahl. Ihre Aussagen zur Flüchtlingspolitik seien vielleicht ungeschickt formuliert gewesen, gesteht sie heute ein. Sie halte jedoch weiter daran fest, dass es eine christliche Grundhaltung in der Flüchtlingsfrage gebe. Eine Haltung, die Franziska Driessen immerhin mit Papst Franziskus teilt. Und eine Haltung, die bei ihr nicht nur schöne Worte sind: Seit zweieinhalb Jahren sind die Driessens Gastfamilie für einen jungen Flüchtling aus Eritrea.

«Es chunnt wie’s muess – und das isch guet esoo.» – Dieses Motto scheint bei Franziska Driessen in eine ganz pragmatische Vorwärtsstrategie zu führen und in eine offenbar schier unerschöpfliche Tatkraft. «Das Motto hat sich für mich immer bewährt. Es ist noch immer gut gekommen.» Man wünscht ihr persönlich, dass es so bleibt. Und hofft, dass es auch für die katholische Kirche im Kanton Zürich seine Wirkung entfaltet.

Text: Thomas Binotto