Kirche aktuell

Synodaler Prozess 2023 Die Jugend geht voran

Ein Tag mit intensiven Diskussionen unter Jugendlichen und einem Gottesdienst mit dem Bischof gab den Startschuss zum synodalen Prozess im Bistum Chur. Die Jugendlichen sind bereit, sich zu engagieren und sprachen Klartext, was sie von der Kirche erwarten.
18. Oktober 2021 Katholische Kirche im Kanton Zürich

Trotz kurzfristiger Planung und Ferienzeit reisten gut 100 Firmlinge aus den meisten Kantonen des Bistums Chur am 17. Oktober nach Einsiedeln, um den Startschuss zum synodalen Prozess im Bistum Chur zu geben.

In verschiedenen Runden diskutierten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter sich Themengebiete wie Gemeinschaft, Mitgestaltung und Aufbruch an die Ränder der Gesellschaft. In vielfältigen Formen wie etwa Zeitungs-Schlagzeilen, WhatsApp-Chats, Demoplakaten oder Mindmaps präsentierten sie ihre Visionen und Anliegen. Kurze Podiumsgespräche, an welchen auch offizielle Vertreter wie Bischof Joseph Maria Bonnemain oder der Zürcher Synodenpräsident Felix Caduff teilnahmen, ergänzten und bereicherten die Beiträge. Klar war: Die Rolle der «Chefs» war für einmal Zuhören, denn die Jugendlichen hatten den Auftrag ernstgenommen, mutig und frei über das zu reden, was sie denken.

In erfrischend direkter Art brachten sie die heissen Eisen zur Sprache. Vom Umgang mit verschiedenen Ausrichtungen von Sexualität, über Frauen in der Kirche, Zölibat bis hin zu Kirchenrecht und Aufarbeitung von Missbrauch kam alles auf den Tisch.

Jugend will ernst- und wahrgenommen werden

Jugendliche verstehen sich klar als Kirche der Gegenwart,

  • spüren aber nicht, wie sich das in den kirchlichen Strukturen abbildet und wie ihre Anliegen «nach oben» getragen werden.
  • plädieren dafür, dass regionale Entscheide in der Kirche auch regional getroffen werden sollen.
  • fragen sich, ob die Entscheidungsträger der Kirche wirklich ein Abbild der Basis sind.

Jugend wird nicht gehört

Sehr lebendig und direkt brachte eine Gruppe in einem Artikel von «3 Minuten» im bekannten Boulevard Stil die Situation von Jugendlichen auf den Punkt: «Wir fühlen uns nicht gehört. Es wird nicht auf die Jungen in der Kirche gehört. Zu diesem Schluss kommen junge Gläubige der katholischen Kirche im Interview mit «3 Minuten». «Ich wollte was verändern, wurde aber nicht ernstgenommen», sagt ein 18-Jähriger. Eine 17-jährige Schülerin fügt an, dass die Jungen wegen dem fehlenden Vertrauen der Älteren nicht mitreden können.»

Starke Voten legten die Jugendlichen auch zum Thema Transparenz an den Tag, indem sie beispielsweise kritisch fragten, was vom heutigen Tag in der Zusammenfassung der Zusammenfassung in einem Bericht bei den Bischöfen 2023 in Rom noch ankommen werde.

Jugendliche der Spanischsprachigen Mission

Als einzige Gruppe der zahlreichen Migrantengemeinschaften waren spanischsprachige Jugendliche aus Zürich anwesend. Für sie stehen regelmässige Treffen im Vordergrund, an denen sie sich austauschen können. Sie fordern auch eine offene Mentalität dafür, dass auch Jugendliche recht haben können.

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Vertretung der spanischsprachigen Mission in Zürich. Foto: Arnold Landtwing

Jugendrat ist auf Kurs

Ein Drittel der gut 100 Jugendlichen schrieben sich am Schluss des Tages auf einer Liste ein und erklärten sich damit bereit, in einem Jugendrat mitzuwirken, der den Bischof beraten soll. In künftigen Treffen sollen Einzelheiten dazu geklärt werden.

 

Im abschliessenden Gottesdienst begrüsste Abt Urban die Jugendlichen und sagte: «Wir sind eine Kirche, die hört und dann auch umsetzt.» Daran werden die Jugendlichen ihn ebenso erinnern wie an das Predigtwort von Bischof Joseph Maria: «Eine Kirche, in der der Papst den besten Platz und den wichtigsten Platz haben möchte – sozusagen als Superboss… eine Kirche, in der die Bischöfe sich als wichtiger als die anderen betrachten und eigenmächtig entscheiden, eine Kirche, in der die Theologinnen und Theologen sich behaupten wollen, eine Kirche, in der die Pfarrer kommandieren, ist eine peinliche, unfruchtbare und überflüssige Kirche. Capito? Ist das klar?»

Gretchenfrage: Wie geht es weiter?

Synodenpräsident Felix Caduff war von der Offenheit der Jugendlichen beeindruckt.

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Synodenpräsident Felix Caduff beim Start zum synodalen Prozess in Einsiedeln. Foto: Arnold Landtwing

«Ich finde es toll, dass die Jugend da war. Die Reform-Punkte, die sie aufgezählt hat, gilt es umzusetzen: Der Dialog muss echt sein, Jugend muss ernstgenommen werden – und sie will verlässlich sehen, dass ihr Beitrag aufgenommen wird.»

Als Synodenpräsident sorgt der dafür, dass die Geschäftsleitung beim synodalen Prozess mitmacht und sich an der Umfrage beteiligt und die Fraktionen hat er aufgefordert, es ihr gleichzutun.

 

Claude Bachmann war einer der Organisatoren des Jugendtages.

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Claude Bachmann war einer der Organisatoren des Jugendtreffens in Einsiedeln. Foto: Arnold Landtwing

«Ich bin sehr glücklich, dass so viele junge Menschen gekommen sind, um ihre Visionen und Anliegen zu formulieren. Und ich hoffe, dass etwas weitergehen wird.»

Ihn hat auch beeindruckt, in welcher Selbstverständlichkeit die Jugendlichen hingestanden sind und gesagt haben «Wir Jugendlichen glauben anders». Er ortet ein deutliches Bedürfnis, dass die Jugendlichen sich auch nach diesem Startschuss treffen, sich austauschen und etwas bewegen will. Was es dazu aber brauche, sei Manpower. Und Finanzen.

Synodaler Prozess: Glaubwürdigkeit auf dem Prüfstand

Die Jugendlichen haben ihre Visionen und Anliegen zur Sprache gebracht. Sie bringen die heissen Eisen ungeschönt und direkt zur Sprache, wollen in der Kirche etwas bewegen und sind bereit, sich zu engagieren. In der Konzeption des synodalen Prozesses wollen die Verantwortlichen aber genau diese heissen Eisen nicht thematisieren und schon gar nicht jetzt. Der synodale Prozess 2023 hat erst begonnen. Bleibt zu hoffen, dass der Startschuss auch die Verantwortlichen in Bewegung bringt, denn die Hoffnungen sind gross und die Glaubwürdigkeit hängt an einem seidenen Faden.