Unbarmherzige Zollstation Kommunionbank?

Menschen, deren Ehe zerbrochen ist und die in einer neuen Beziehung leben, sind gemäss der Doktrin vieler Bischöfe offiziell von der Kommunion ausgeschlossen und dürfen auch nicht das Sakrament der Vergebung empfangen. Nun haben die gleichen Bischöfe feierlich in ihren Diözesen das „Jahr der Barmherzigkeit“ eröffnet. Was heisst das nun für Wiederverheiratete?
Die Diskussion um die ‹offizielle› Zulassung wiederverheirateter Geschiedener oder konfessionsverbindener Paare bleibt hoch aktuell. Wie schwer sich kirchliche Amtsträger damit tun, zeigen Äusserungen wie diejenige von Bischof Felix Gmür. Sie führen dann zu Zeitungstiteln wie «Christus lädt nicht jeden und jede zum Abendmahl ein» (Tagesanzeiger vom 24. Januar 2014). In die gleiche Kerbe schlägt Bischof Charles Morerod, designierter Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, mit seinen «Reflexionen über die Eucharistie im ökumenischen Kontext» vom 17. November 2014.
Der Weg ist noch weit und steinig
Zu erkennen ist eine klare und eindeutige Linie: der Weg zur eucharistischen Gastfreundschaft ist noch weit und steinig, vor allem in der Einschätzung der Bischöfe. Und vor allem ist er weit weg vom Empfinden und der Praxis der Gläubigen. Diese zwiespältige Distanz belastet viele Christinnen und Christen, die in komplexen Verhältnissen leben.
Beim Besuch der evangelisch-lutherischen Gemeinde in Rom fragt eine Frau den Papst: „Was können wir tun, um endlich Gemeinschaft in diesem Punkt (der eucharistischen Gastfreundschaft. Red.) zu bringen?“ Und Papst Franziskus antwortet: «Das Leben ist grösser als Erklärungen und Deutungen. Nehmt immer auf die Taufe Bezug… Ich werde nie wagen, Erlaubnis zu geben, dies zu tun, denn es ist nicht meine Kompetenz…Sprecht mit dem Herrn und geht voran. Ich wage nicht mehr zu sagen.»
In seiner ausführlichen Antwort ermuntert Papst Franziskus Christinnen und Christen dazu, ihrem mündigen Gewissen zu folgen und die entsprechenden Schlüsse daraus zu ziehen. Ein solcher Schluss kann dann der Entscheid sein: „Ich glaube daran, dass Jesus gegenwärtig ist. Deshalb gehe ich besten Gewissens in den Gottesdienst und empfange die Kommunion.“
Worum geht es denn eigentlich?
In dem erwähnten Artikel bzw. Interview im Tagesanzeiger wird Bischof Felix Gmür (Bistum Basel-Solothurn) zitiert mit der Aussage: «…ich erwarte, dass die kommunizierende Person das katholische Verständnis respektiert.» Das heisst im Klartext, dass er für den Kommunionempfang die Überzeugung voraussetzt, dass das (katholische) eucharistische Brot ‹verwandelt› ist in den Leib Christi, Christus selbst also ‹leiblich› – sakramental – anwesend ist. Und: dass der Kommunionempfang auch ein Bekenntnis bedeutet zu dieser römisch-katholischen Glaubensgemeinschaft.
Aber: Wer kann denn exakt beurteilen, ob nicht auch eine reformierte oder lutherische Christin mit genau diesem Verständnis zur Kommunion geht, auch wenn in ihrer Kirche Brot und Wein lediglich ‹Zeichen› für Jesu Christi Leib und Blut sind? Immerhin besagt ja die reformierte Lehre auch, dass in der Feier des Abendmahls der Geist Gottes dabei ist, weil man gemeinsam Brot und Wein teilt im Gedächtnis an Jesus Christus.
Die lutherische Kirche geht noch einen Schritt weiter und glaubt ebenfalls, dass Jesus Christus im Abendmahl ‹real präsent› ist. Brot und Wein werden durch die Einsetzung (durch den Pfarrer/die Pfarrerin) zu einem einheitlichen ‹Sakrament›, also zu einem besonderen ‹Zeichen›, das den Glauben stärkt.
Auf hoher theologischer Ebene streitet man sich also darum, ob Christus ‹sakramental› oder ‹nur zeichenhaft› in der Feier des Abendmahls und beim Kommunionempfang präsent ist.
Das Loch in der Mauer finden und ausbauen
Statt die Mauer zwischen den verschiedenen Verständnissen von Abendmahl, respektive Eucharistie, immer wieder neu zu verstärken, wäre es ratsam, durchlässige ‹Löcher› zu suchen und sie wirklich durchgängig zu machen – ohne dadurch gleich die ganze Mauer einreissen zu müssen.
Einen solchen ‹Durchgang› finde ich beispielsweise bei Papst Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben EVANGELII GAUDIUM vom November 2013. Dort schreibt er:
«Die Kirche ist berufen, immer das offene Haus des Vaters zu sein… Alle können in irgendeiner Weise am kirchlichen Leben teilnehmen, alle können zur Gemeinschaft gehören, und auch die Türen der Sakramente dürften nicht aus irgendeinem beliebigen Grund geschlossen werden… Die Eucharistie ist, obwohl sie die Fülle des sakramentalen Lebens darstellt, nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen…Diese Überzeugungen haben auch pastorale Konsequenzen, und wir sind berufen, sie mit Besonnenheit und Wagemut in Betracht zu ziehen. Häufig verhalten wir uns wie Kontrolleure der Gnade und nicht wie ihre Förderer. Doch die Kirche ist keine Zollstation, sie ist das Vaterhaus, wo Platz ist für jeden mit seinem mühevollen Leben.» (EG, Nr. 47)
Für mich ist dieses päpstliche Votum eindeutig: Jenen, die aus tiefer Überzeugung mit Jesus ‹kommunizieren› wollen und dieses verwandelte Brot als sein ‹Leib› ansehen, darf dieser ‹Leib Christi› nicht vorenthalten werden.
Glauben suchen — Halt finden
Im Kurs «Glauben suchen – Halt finden», den ich für Menschen anbiete, die an der katholischen Version des christlichen Glaubens interessiert sind, erinnere ich diesbezüglich jeweils an das Zitat von Augustinus (354-430).
Beim Austeilen der Kommunion sagt der Kommunionspender in der Regel: «Leib Christi» – und die Antwort des Kommunizierenden lautet «Amen».
In diesem Amen steckt nach Augustinus das ganz persönliche Bekenntnis, dass ich wirklich mit diesem Leib Christi eins werden will. «Empfange, was du bist: Leib Christi – werde, was du empfängst: Leib Christi!»
Mit dem Empfang der Kommunion bekenne ich mich zur Gemeinschaft (communio) mit Gott und seiner Kirche.
Ganz pragmatisch…
Der sicher nicht als progressiv geltende Papst Benedikt XVI. hat wenige Tage vor seiner Wahl, bei der Trauerfeier für Papst Johannes Paul II., dem evangelischen Prior von Taizé, Frère Roger Schütz wie selbstverständlich die Kommunion gereicht. Viele haben dies verwundert zur Kenntnis genommen, niemand hat protestiert.
So handhaben es viele Seelsorgende – ohne zuvor abzufragen, ob ein Bekenntnis zum katholischen Verständnis tatsächlich vorliegt. In der peruanischen Pfarrei San Felipe in Soritor, der ich schon viele Jahre verbunden bin, hat der Pfarrer dieses Problem so gelöst: Vor dem Austeilen der Kommunion erinnert er an das augustinische Wort und lädt ausdrücklich alle ein, die sich zur Gemeinschaft mit Gott und seiner Kirche bekennen… und hofft auf den ehrlichen Gewissensentscheid der Kommunionempfänger…
Als Kommunionspender habe ich gerade an Weihnachten oder bei Erstkommunionfeiern oft Mühe damit, wenn alle Anwesenden zur Kommunion gehen, denn bei vielen ist offenkundig, dass sie diesem Empfang der Kommunion keinerlei Bedeutung beimessen.
Ich habe aber auch an ganz normalen Sonntagen manchmal Probleme, wenn erklärtermassen streng katholische Gläubige zur Kommunion kommen, denen ich liebend gern sagen würde: «Geh und versöhne dich zuerst mit deinem Nachbarn…» (Matthäus 5,23).
Die Praxis von Padre Miguel in Soritor entlastet mich oftmals, denn: mit der Entscheidung steht und fällt die Glaubwürdigkeit des Kommunionempfängers. Deshalb gefällt mir die Antwort von Papst Franziskus so gut: «Sprecht mit dem Herrn und geht voran.»
Es ist zum Weinen und doch so einfach ::: Durch die Exkommunikation geschiedener Mitmenschen und überhaupt , gesteht die Kirchenlehre ein , daß der Gläubige Mensch auch ohne Kommunikative Eucharistie ganz gut leben kann ! Diese Meinung kommt ja auch nicht von ungefähr , weiß sie doch , daß diese Gottesverzehrung nicht auf Jesus zurückzuführen ist ! Wenn nun Jesus dieser Ritus unterstellt wird , so ist das eine gewaltige bodenlose Frechheit unseres " Heiligen Bösewichtes Paulus .....das sollten wir immer bedenken ::: Unser Schöpfer ist materiell - biologisch nicht verzehrbar .... er hat es nicht nötig vom " Raubtier Mensch " mit Haut und Haaren , mit Fleisch und Blut , rituell verzehrt zu werden ! Wir Katholiken wissen , daß diese Gott - Verzehrung eine Übernahme aus den Riten griechischer Geheim – Religionen wie Dionysos , Attis , Demeter , Herakles usw. ist ! Wir können wohl ein brotliches Erinnerungs - Mahl halten , doch Gott essen und trinken zu können ist nicht nur nicht möglich , sondern völlig überflüssig ! Unser lieber Apostel Paulus der sich ja bestens mit diesen griechischen Geheimnissen auskannte , hat uns diesen angeblich höheren Sinn der Gottesverzehrung geschenkt ! Doch werden wir dadurch nicht göttlicher als wir es ohnehin schon von Geburt an sind ! Laßt also ab von diesem heiligen und heidnischen Flüster-Ritus , denn es könnte ja auch der Verdacht aufkommen , daß sich hier Geheimnis und Kannibalismus miteinander symbolisch verschmelzen ! ........ In der Tat , Papst Innozenz III. hat damals im Jahre Anno 1215 verfügt , daß durch ein Hineinflüstern und Hineinwünschen Jesu in dieses Brot eine Wesensverwandlung stattfindet , eine wunderschöne Transsubstanstiation also , die aber optisch für den Gläubigen nicht sichtbar ist , sonst wäre es ja auch kein Geheimnis mehr .... und deshalb dürfen ja auch nur akademische , männliche Menschen diese Wandlung vollziehen !....... Und hier bewahrheitet sich wieder die Feststellung ::: Die Theologie ist eine Wissenschaft , deren Kunst darin besteht , einfache Geschehnisse den einfachen Menschen so darzustellen , daß sie diesen als Geheimnis erscheinen ! Wie heist doch noch die dogmatische Glaubensbestimmung Nr. 190 :::. Die zweigestaltige Kommunion ist weder auf Grund eines göttlichen Gebotes noch als Mittel zum Heile für jeden einzelnen Gläubigen notwendig.! Nun , für wie naiv und minderbemittelt hält die vatikanische Kirchenlehre ihren Gott und die Menschen , die an ihn glauben !
Ja, es ist wirklich zum Weinen... Besonders aber, dass relativ einfache 'Sachverhalte' immer so kompliziert ausgedrückt werden, dass man sie mehrmals lesen muss, um sie zu verstehen...
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'für wie naiv und minderbemittelt hält die vatikanische Kirchenlehre ihren Gott und die Menschen , die an ihn glauben !'
Und unsere Bediensteten pflichten dem selbstverständlich bei. Da darf einem der Zustand von Glaube und Kirche in der Schweiz nicht mehr wundern. Furchterregend! Kommentar
Liebe Frau Steiner! Ich habe mit meinem Kommentar keineswegs den Aussagen von Herrn Popp zugestimmt - auch nicht dem letzten Satz! Ich wollte nur sagen: es ist zum Weinen, dass man so kompliziert auf einen pragmatischen Lösungsvorschlag reagiert.
Es tut gut zu hören das es eine kleine Bewegung in dieser Sache gibt.
Ich bin seit 25 Jahren geschieden und seit 8 Jahren wiederverheiratet. Ich bemühe mich um einen christlich gelebten Lebensstil. Aber im Gottesdienst gesagt bekommen das ich nicht mehr an der Kommunion teilnehmen darf hat mich sehr verletzt, und schlussendlich auch von der kath. Gemeinschaft weggebracht. Ich trenne inzwischen Katholisch und Christlich. Der Satz: Doch die Kirche ist keine Zollstation, sie ist das Vaterhaus, wo Platz ist für jeden mit seinem mühevollen Leben, kann ich nur voll und ganz unterstreichen. Denn genau das ist für mich eine Kernbotschaft unseres Glaubens.
Liebe Frau Rauber! Dann wünsche ich Ihnen in Zukunft Priester und Hauptamtliche in der katholischen Kirche, die sich von der Denkweise des Papstes (haben) anstecken lassen und helfen, dass ihre Wunden heilen!!!
Ja, es mögen die Erlösten auch wirklich erlöst sein. Doch ob da Priester wirklich die Heilung bringen, das dürfte an der Zahl der Kirchen-Flüchtlinge, sprich der grossen Zahl an Betroffenen und Getroffenen , die sich ausgegrenzt fühlen, eher unwahrscheinlich sein. Ein soziales Netzwerk, aufgehoben sein bei seinen Nächsten, bring mehr als ein priesterlicher Zuspruch, weil die Priester auch nicht so einfach über ihren Schatten springen können. Wir dürfen hoffen, dass die Familiensynode doch noch ihre Wirkung zeigt und als Fazit nicht von Priestern die 'komplexen' Lebensumstände bewertet werden. Sie haben ja selbst in ihren 'komplexen' Lebensumständen einiges aufzuarbeiten. Die Schlüssel für Himmel und Hölle sind da einfach in falschen Händen, schon sehr sehr lange. Nun, bald ist Weihnacht, wir feiern das, das gibt Heimat und Geborgenheit, ausserhalb des irdischen Machtanspruchs einer Priester-Kaste. Lieber Rudolf, mir gefällt Deine Art des positiven Denkens ... :-)
Lieber Josef
Dein Pauschalurteil über Priester kann ich nicht teilen! Ja, es gibt welche - und vielleicht auch zu viele, die sich nicht in komplexe Lebensumstände hineindenken wollen und können; aber sehr viele Priester und auch hauptberufliche 'Laien' erlebe ich doch als sensibel, empathisch und auf der Linie von Papst Franziskus. Und wem die Eucharistie respektive der Kommunionempfang wirklich am Herzen liegt, der nimmt dann auch mal einen 'Umweg' auf sich, wenn der Ortspfarrer noch päpstlicher als der Papst ist...
Ja, ich versuche es immer wieder, positiv zu denken und zu handeln, was aber eben nicht zum 'Laxismus' führen soll, sondern zu ehrlichen Auseinandersetzung und zu wahrhaftigem Handeln...
Lieber Rudolf, selbstverständlich kommt es nicht darauf an, was der Mensch ist, sondern wie er ist ... und zwischen dem von Dir erwähnten 'Laxismus' und dem praktizierten 'Tutiorismus' giebt es doch eine beträchtliche Spanne. Da stellt sich nur noch die Frage 'per Definition der Aufklärung', ob der Kirche mündige Mitglieder treuer (teuerer) sind als in Abhängigkeit gehaltene. Ich möchte auf keine der Zwei verzichten :-). Herzlich, Josef
Lieber Josef. Gott sei dank gibt es Wikipedia, wo man schnell nachschauen kann, was "Tutiorismus" bedeutet! Jetzt weiß ich es: strikt alle Gesetze befolgen, ja keine Ausnahmen zulassen! Ja klar: da ist eine Spanne, mit der wir - auch weiterhin! - leben müssen.
Mit der Frage, "ob der Kirche mündige Mitglieder treuer (teuerer) sind als in Abhängigkeit gehaltene" machst du aber nochmal ein anderes 'Fass' auf: ich habe nämlich den Eindruck, dass nicht nur die Kirche Probleme hat mit "mündigen" Menschen, sondern viele Menschen selbst mir ihrer eigenen "Mündigkeit". Denn für mich heißt das nicht nur, den Mund aufzumachen, sondern viel mehr noch: Verantwortung übernehmen! Bereit sein, das eigene Handeln zu ver-antworten... Da 'klemmt' es meines Erachtens gewaltig: jede/r tut, was ihm/ihr, passt, aber wehe, es gibt Anfragen oder gar Widerstand... Dann steht gleich die gesamte oder persönliche 'Freiheit' auf dem Spiel.
Wir leben heute - zumindest in der Schweiz - so frei(zügig), dass niemand mehr sein Handeln so richtig ver-antworten muss. 'Mündige' Bürger/innen und Christenmenschen begegnen mir recht selten - erst recht nicht unter den laxistisch oder tutioristisch' geprägten!
Deshalb haben solche Vorschläge wie dieser, die Ver-Antwortung und Mündigkeit den Kommuniongängern und -gängerinnen zu überlassen, einen so schweren Stand: weil die einen die Verantwortung nicht abgeben, die anderen sie nicht annehmen wollen...
Das ist meines Erachtens das eigentliche Dilemma!?
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