Kirche aktuell

Foulspiel aus Chur

Foulspiel aus Chur
Chefredaktor Pfarrblatt forum
Thomas Binotto
Thomas Binotto
13. März 2015

Im Fall «Bürglen» lässt der Bischof von Chur fundamentale Formen der Fairness vermissen. Der Bischof von Chur verhält sich scheinheilig – und das nicht deshalb, weil er einen Priester auffordert, sich an die Vorschriften der katholischen Kirche zu halten. Der Bund von gleichgeschlechtlichen Paaren darf nach geltendem römischem Kirchenrecht nicht gesegnet werden. Als Bischof steht Vitus Huonder also grundsätzlich in der Pflicht zu handeln.

Für heuchlerisch am konkreten Vorgehen in Bürglen halte ich, dass der Bischof so tut, als ob die Wegweisung von Pfarrer Wendelin Bucheli der einzig gangbare Weg sei. Dabei hätte er ihn auch im persönlichen Gespräch ermahnen können. Das bestätigt der Zürcher Generalvikar Josef Annen auf Nachfrage:

«Wenn ein Verstoss zu mir gelangt, dann suche ich zuerst das direkte Gespräch mit dem verantwortlichen Seelsorger. Im genauen Hinhören und Abklären erweist sich der Vorwurf oftmals als haltlos. Dort, wo bewusst gegen kirchenrechtliche Vorgaben verstossen wird, verlange ich das Wiederherstellen und Beachten der Ordnung. Bei grobem Missachten des Kirchenrechts sind disziplinarische Massnahmen unumgänglich. Diese müssen jedoch nach einem kirchenrechtlich genau definierten Vorgehen vom Bischof veranlasst werden.»

Dieser letzte Hinweis ist wichtig, denn auch ein Bischof kann in seinem Bistum nicht schalten und walten, wie er will. Das Kirchenrecht schützt einen ernannten Pfarrer wie Wendelin Bucher vor Willkür. Es stehen ihm wirksame Rechtsmittel zur Verfügung, mit denen er sich zur Wehr setzen kann.

Das weiss das Ordinariat in Chur sehr genau, deshalb vermittelt es in einem sogenannten «Factsheet» gezielt den Eindruck, der Pfarrer von Bürglen füge sich freiwillig dem bischöflichen Ansinnen. Das Ordinariat behauptet: «Pfarrer Bucheli […] erklärte, er sehe ein, dass er den Bischof in eine schwierige Lage gebracht habe und nicht in Bürglen bleiben könne. Er sagte, er werde sich der Entscheidung des Bischofs fügen. Darin sehe er den Willen Gottes.» Diese Behauptung ist jedoch eine mutwillige Verdrehung der Tatsachen. In Wirklichkeit hat sich Pfarrer Bucheli gegen diese Darstellung des Gesprächsverlaufs beim Bischof sowohl mündlich wie schriftlich gewehrt und um ein weiteres Gespräch ersucht.

Es scheint, als wolle der Bischof von Chur um jeden Preis ein Exempel statuieren. Dafür misst er offensichtlich mit verschiedenen Ellen: Wenn es um Kritik an seiner Amtsführung geht, dann erwartet er, dass diese allerhöchstens intern und sehr diskret geäussert wird. Das Ordinariat dagegen stellt den Pfarrer von Bürglen ganz gezielt an den Pranger und schürt den Skandal eigenhändig, indem es Monate nach dem Ereignis selbst den Weg in die Medien sucht.

Es ist deshalb scheinheilig, wenn das Ordinariat behauptet, der Pfarrer von Bürglen habe bis über die Landesgrenzen hinaus öffentliches Ärgernis erweckt, und deshalb sei man zum Handeln gezwungen gewesen. Die scheinbare Empörung war geplant und orchestriert von einem Bischof, der seine Gläubigen auch schon in einem Hirtenschreiben zur Denunziation aufgefordert hat.

Zu welch groben Methoden man im Ordinariat bereit ist, zeigt sich im erwähnten «Factsheet». Dort wird der Eindruck vermittelt, Pfarrer Bucheli habe sich durch Krankschreibung vor dem Gespräch mit dem Bischof drücken wollen. Wie inzwischen bekannt wurde, hatte Bucheli im November 2014 einen Streifschlag erlitten und musste die Gespräche mit dem Bischof deshalb mehrmals verschieben. Eine ernsthafte Erkrankung wird damit kaltblütig für ein ganz übles Foulspiel ausgenutzt, das darauf schliessen lässt, dass man im Ordinariat weder von Sachlichkeit noch von Fairness viel hält.

Und so präsentiert sich der Bischof als absolutistischer Monarch nach dem Motto «L’église, c’est moi!»

 

Dieser Kommentar ist erschienen im
forum -Pfarrblatt der Katholischen Kirche im Kanton Zürich
Ausgabe 6/15 vom 12.03.2015
Rubrik: Schlusstakt

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Foto: Armin Kübelbeck, CC-BY-SAWikimedia Commons