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Weisst du wieviel Sternlein stehen…?

Bereichsleiter Kommunikation, Sekretär Interreligiöser Runder Tisch im Kanton Zürich
Simon Spengler

Gesamtverantwortung Kommunikation der Katholischen Kirche im Kanton Zürich. Katholischer Theologe und Journalist.

Simon Spengler
Diese Woche erlaubte uns das James-Webb-Teleskop atemberaubende Blicke in die Frühzeit unseres Universums, welche die Menschheit noch nie gesehen hatte.
15. Juli 2022

Entstehende Planeten, sterbende Galaxien, schier unendlich viele neue Sterne am blauen Himmelszelt. Gemäss den Forschern sehen wir nun fast bis zum Urknall, nur noch läppische 200 Millionen Jahre trennen uns vom Anbeginn der Schöpfung.
So faszinierend diese Bilder sind, bei mir mit meinem einfältigen Gemüt lösen sie vor allem ein Gefühl der Kleinheit, des Nicht-Verstehens und des Nicht-Erfassen-Könnens aus. Und ein Gefühl der demütigen Dankbarkeit, dass Gott mich auf diese winzige Erde geschickt hat und ich von hier aus die Schönheit des Universums bestaunen darf.

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James-Webb soll auch erstmals eindeutig Wasserdampf im Kosmos nachgewiesen haben, also der Grundlage allen Lebens. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auf irgendeinem fremden Stern tatsächlich auch Leben entwickelt sein könnte. Was mich noch kleiner und fragender macht: Hat Gott nicht nur die Menschen geschaffen und alles Getier und Leben auf Erden, sondern Leben auch irgendwo sonst im Weltraum? Hat Jesus auch die «Aliens» erlöst? Eine Antwort werde ich nie erhalten, aber ich spüre, dass ‘feste theologische Wahrheit« nie ‘immer und ewig» gilt, sondern sich entwickelt, verändert und erweitert. Gott sei Dank!
 
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Aus diesem Gefühl der staunenden Dankbarkeit möchte ich meine Sterne der Woche verteilen. Der erste geht an kath.ch-Redaktorin Eva Meienberg für ihr lesenswertes Porträt des Jesuiten Christian Rutishauser. Mich berührt die intellektuelle Redlichkeit dieses bescheidenen Gottesmannes, die sich in solchen Sätzen ausdrückt: «Am ersten Tag (meines Studiums) habe ich gemerkt, dass Jesus kein Christ war. Weder konnte Jesus an den dreieinigen Gott glauben, noch an die Kirche.»
 
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Den zweiten und dritten Stern widme ich Priorin Irene Gassmann und Kapuziner-Provinzial Josef Haselbach für ihr Interview in der Schweizer Kirchenzeitung. Unerschrocken gehen sie mit der Tatsache um, dass Klöster und Kirche, die sie lieben, einen fundamentalen Umbruch erfahren, deren Ausgang nicht absehbar ist. Schwester Irene besteht darauf, diesen Prozess des Absterbens alter Strukturen als Chance zu begreifen. Und Bruder Josef endet mit dem bedenkenswerten Satz: «Ich glaube auch, dass Kirche wie Klöster noch mehr zugrunde gehen müssen, damit Neues entstehen, wachsen, gedeihen und blühen kann.»
 
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Der nächste Stern gebührt der Zöfra, dem Verein der vom Zölibat betroffenen Frauen. Rafaela Estermann stellt auf dem Portal religion.ch diese vor 22 Jahren gegründete Organisation vor. Auch die Zöfra ist vom Strukturwandel der Kirche betroffen, denn einerseits gibt es immer weniger Priester, also auch weniger betroffene Frauen. Vor allem aber hat das mutige Engagement dieser Frauen die früher gängige Tabuisierung von Priester-Beziehungen definitiv überwunden. Wer weiss, vielleicht entsteht bald einmal eine Zöma, eine Vereinigung der vom Zölibat betroffenen Männer. Sie hätte noch manches Tabu zu brechen.
 
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Der nächste Stern leuchtet über unsere Behindertenseelsorge. Als Bruder einer schwer behinderten Schwester danke ich den Kolleginnen und Kollegen dort für ihr unermüdliches Engagement zugunsten Menschen mit verschiedensten Beeinträchtigungen und ihren Angehörigen. Die Behindertenseelsorge unterstützt übrigens auch die Petition an den Bundesrat «Zusammen. Zu RECHT», welche die Landesregierung auffordert, endlich auch Menschen mit Behinderung gleiche Rechte einzugestehen wie Menschen ohne Behinderung, was leider Gottes noch immer nicht der Fall ist. Hier können Sie die Petition unterschreiben.
 

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Weitere Sterne widme ich all jenen Menschen, welche die Hoffnung nicht aufgeben, dass sich unsere Kirche doch verändern lässt. Jenen, die trotz aller Enttäuschung weiter im synodalen Prozess mitwirken, der in unserem Bistum fortgesetzt werden soll. Ich bin sicher, sie arbeiten nicht umsonst. Wenn ich auf meine nun sechs Jahrzehnte Kirchenerfahrung zurückblicke, hat sich doch enorm viel verändert. Vieles ist weggebrochen, was ich vermisse. Aber vieles ist auch neu entstanden, was ich nicht mehr missen möchte. Wir dürfen nur den Mut nicht verlieren und sollten viel mehr einfach machen, was nötig und richtig ist, ohne immer auf Erlaubnis ‘von oben’ zu warten.
 
Das wünsche ich auch dem neu eingesetzten «diözesanen Pastoralentwicklungsteam», dem Kollege Rudolf Vögele von unserem Generalvikariat angehört. In seinem Blog-Beitrag auf unserer Homepage teilt er seine Eindrücke von einer Bildungsreise ins Südtirol, wo Kirche unter ganz anderen Bedingungen als bei uns lebt – und blüht. Dies mit dem simplen Rezept: «Tun, statt fragen».
 
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Einen ganz besonderen Stern widme ich Niklaus Julier, der gestern verstorben ist. Als Urgestein von ‘Katholisch Züri’, als prägende Persönlichkeit unserer Synode und vor allem als faszinierender Gesprächspartner in abendlicher Runde bei reichlich Wein wird er mir immer in Erinnerung bleiben. Ruhe in Frieden und geniesse die Schönheit und Liebe Gottes, in die du nun eingegangen bist, lieber Niklaus, und Dank für alles, was du für unsere Kirche geleistet hast.
 
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Die nächsten Sterne widme ich nun meinem Team, das mit mir Freitag für Freitag mit viel Herzblut (und wohl bisweilen auch Angstschweiss) «Grüss Gott Zürich» verfasst. Nach der Sommerpause melden wir uns wieder – mit zwei neuen Gesichtern. Sie dürfen gespannt sein. Und jetzt noch der vorletzte Stern für unsere Chefin Franziska Driessen-Reding, die ihre schützende Hand über das offene Wort unseres Newsletters hält, den andere lieber heute als morgen in die Tiefe des Universums katapultieren möchten.
 
Der letzte Stern gebührt nun aber Ihnen, liebe Leserinnen und Leser. Danke für Ihre Treue, für Ihre Ermutigung und auch für jede konstruktive Kritik. Ich wünsche Ihnen erholsame Ferientage mit bewegenden Blicken zu allen Sternen unterm blauen Himmelszelt.
 
Ihr Simon Spengler
 



 

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Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.

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