«Grüss Gott» oder «Gute Nacht»?
Statt nach «Grüss Gott» steht mir der Sinn eher nach «Gute Nacht». Was ist los? Ich will ehrlich sein, auch auf die Gefahr hin, von einigen vielleicht falsch verstanden zu werden und böse Kommentare zu ernten: Der Auftritt unseres Bischofs letzte Woche vor der Synode hat mir einen Schlag in die Magengrube versetzt. Und die Reaktion des Kirchenparlaments gleich nochmals hinterher. Doppelt k.o.
Sicher, die Ablehnung einer Öffnung der Weiheämter für Frauen seitens des Bischofs war zu erwarten. Trotzdem haben mich die simplen Begründungen mit den klassischen Argumenten der komplexitätsreduzierten amtlichen Schultheologie erschüttert. Auf den Punkt gebracht: «Der liebe Gott hat das so gewollt und deshalb kann man das auch nicht ändern.»
Als ob nicht zahllose Theologinnen und Theologen seit Jahrzehnten gegen diese unstatthaften Verkürzungen des offiziellen Lehramts anschreiben, als ob nicht andere Bischöfe das ganz anders sähen (zugegeben, eine Minderheit), als ob nicht selbst eine päpstliche Bibelkommission schon vor 50 Jahren festgestellt hätte, dass sich aus der Bibel kein Verbot der Frauenweihe ableiten lasse, als ob sich unsere Gesellschaft gerade in der Frage der Gleichberechtigung nicht grundsätzlich gewandelt hätte. «Nein, alles bleibt, wie es ist, weil es Gottes Wille ist, dass es so ist. Basta.»
Und dann? Nicht das leiseste Wort des Widerspruchs aus dem Kirchenparlament, nicht eine einzige zaghafte Nachfrage, nur braver, demütiger Applaus für seine Exzellenz, den Bischof. Das kann ich noch heute nicht fassen und das macht mich fertig.
Soll so der angekündigte Strukturwandel in der Kirche gelingen? Wie wollen wir aufgeweckte, junge Menschen gewinnen, für die die Gleichberechtigung der Geschlechter eine Grundvoraussetzung einer gerechten Welt ist? Also nicht nur Splittergruppen, sondern die Breite der jungen Generation? Ist der Fels, auf den unsere Hierarchie sich stützt, letztlich nur ein riesiger, ideologisch verbrämter Bremsklotz?
Zurzeit macht es leider diesen Anschein, aber ich will die Resignation nicht siegen lassen. Denn trotz allem gibt es Gott sei Dank noch immer Frauen in der Kirche, die sich nicht beirren lassen. Ich danke dem katholischen (!) Frauenbund, der Herbert-Haag-Stiftung, der Allianz Gleichwürdig Katholisch, dem Catholic Women’s Council und etlichen anderen Gruppen für ihre jüngsten Briefe an Papst Franziskus und an die Weltsynode nach dem schroffem «No» zur Diakoninnenweihe. Sie alle sind auch Getaufte und Teil der katholischen Kirche, wie ich selbst.
Immerhin das muss man unserem Papst zugutehalten: Er lässt die offene Debatte in der Kirche zu, reagiert nicht mit Maulkörben, Denk- und Diskussionsverboten und Zensur. Auch wenn vielen Bischöfen die Frauenfrage so lästig ist wie ein Furunkel am Hinterteil, sie werden sie nicht los. Weil wir in unserer realen Welt gar nicht anders können, als uns diese Frage immer neu zu stellen. Weil die Menschen sie uns, der Kirche, stellen. Und wenn Frauen hie und da auch Leitungspositionen ohne Weihe in der Kirche besetzen, was unser Bischof auch fördern will, so ist das eine erfreuliche Entwicklung. Auch wenn die Grundfrage weiter auf eine Lösung wartet. Viele Menschen warten. Und viele haben das Warten satt und gehen.
Auf den Weg nach Rom machen sich in wenigen Wochen rund 70'000 Ministrantinnen und Ministranten, ein paar hundert auch aus der Schweiz. Mein Kollege Thomas Boutellier ist dabei voll engagiert und fiebert dem Event entgegen.
Ich wünsche allen eine tolle Zeit. Und wenn ich daran zurückdenke, wie mir in meiner Kindheit der Pfarrer nach der Messe in der Sakristei sagte: «Deine Schwester darf jetzt auch gern Ministrantin werden, lade sie doch herzlich ein» und ich das freudestrahlend daheim in der Küche ausrichtete, dann hat sich in diesen 55 Jahren doch etwas bewegt. Und die Kirche wird sich weiterbewegen, kein Bremsklotz dieser Welt kann das längerfristig aufhalten. Weil die Welt sich dreht.
Ausserdem scheint heute mal so richtig die Sonne. Meine Hühner gackern lustig im Pferch, vor meinem Fenster tummeln sich die Bienen im Blütenmeer des Lavendels – la vie est belle, lassen wir uns die Freude daran nicht verderben.
Ich wünsche der Pfarrei St. Josef in Zürich ein schönes Fest zur Wiedereröffnung der Kirche nach der Renovation, ihrem Pfarrer Hannes Kappeler Gottes Segen für sein neues Leben im Ruhestand (er hatte mir in meinen jungen Jahren als Pfarrblattredaktor mal angekündigt, mich auf einen Gleitschirmflug mitzunehmen und mich oben in der Luft dann auszuklinken, aber das ist lange her und wir schmunzeln heute beide darüber – auch so verändert sich die Welt und wir mit ihr).
Allen Trachtenfreunden wünsche ich ein tolles Fest in Zürich und überhaupt allen ein erholsames Wochenende möglichst frei von Resignation und Trübsal. Und natürlich am Samstagabend einen packenden Match!
Ihr
Simon Spengler
Der Inhalt dieses Newsletters gibt die persönliche Meinung des Autors oder der Autorin wieder. Diese muss nicht in jedem Fall der Meinung der Katholischen Kirche im Kanton Zürich entsprechen.
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was für einer frohen Nachricht holen sie ihre eiskalte Sicherheit im Umgang mit ihren Botschaften.
Mein Jahrgang ist 1943. Mir scheint heute die Nach- Konzil-Zeit wie eine Fata Morgana. Aber in meinem Herzen sind sie noch die wundersamen Realitäten des damaligen Aufbruchs in eine neue Welt. Eine Welt die das Evangelium neu ernst zu nehmen versprach! Wort für Wort, Schritt für Schritt.
Am Anfang war das Wort!
Unterdessen stemmen sich die alten Kirchenbesetzer( Kardinale, Bischöfe, etc.). mit aller Kraft ihrer alten, erstarrten Machtpositionen gegen die Öffnung der Kirchentüren.
Unsere verzweifelte Liebe kommt im Moment nicht gegen die unseligen Mächte der sogenannten Kirchenhäupter an. Ob sie wohl vergessen haben, dass das was bleibt die Liebe ist!
Glaube, Liebe, Hoffnung, und die Kraft des Heiligen Geistes. Mein Gebet, Trotz allem oder erst recht!
Ihnen caro Simon Spengler: Pace e bene!
Ihre Gedanken und Worte in diesem Newsletter sind bewegend, authentisch und kommen an. Sie sind glaubhaft und letzten Endes hoffnungsvoll. Wobei es ein 'letztes Ende' ja wohl nicht gibt, sondern Prozess und Evolution. Die Dinosaurier sind ausgestorben, ebenso der homo neanderthalis. Die Welt ist dabei nicht untergegangen. Vielleicht geht es der römisch-katholischen Männer-Hierarchie ebenso - sie versinkt infolge Reformunfähigkeit, Sexsucht, Machtmissbrauch und militärischem Gehorsam in der Bedeutungslosigkeit und macht Platz für etwas Neues. So wie es die Bibel verheisst: Siehe, ich mache alles neu. Papst Franziskus, den ich als Reformierter schätze - er hat in seiner desolaten Kirche wirklich eine 'mission-impossible' angenommen und einige Missstände beseitigen können - setzt auf die mündige und freiwillige Veränderung der Herzen der Katholiken. Eigentlich so, wie es Gott in der Bibel auch sieht: Ich nehme euch das Herz aus Stein und gebe euch ein warmes Herz aus Fleisch und Blut.
Ob die Zeit dazu reicht? Die Geschichte wird es zeigen.
Ihre erfrischenden aber auch zum Nachdenken inspirierenden Zeilen lese ich immer mit grossem Interesse. Darin steckt so viel Wahrheit aber leider auch ab und zu Resignation. Sie und ich vermögen an der bestehenden Situation nichts zu ändern.
Ich ermuntere Sie aber, bleiben Sie dran!
Herzliche Grüsse
René Schürmann
Doch! Sie, ich, jeder trägt das Seine zur Veränderung bei.
Die Welt wird von jedem Herz bewegt!
Ich wundere mich immer wieder über das falsche, mutlose Mantra, man (Mann) könne ja doch nichts bewegen.
So bequem!
Wir z.B. sind eine kleine Gruppe vom Stadtkloster Zürich und haben die allererste, gültige Klima-Initiative in der reformierten Zürcher Landeskirche zustande gebracht.
Danke für Ihre Beitrag. Am Sonntag feiere ich den 90. Geburtstag. Ich war immer mit der Kirche verbunden. Mit meinem Mann zusammen haben wir uns über die mutigen Kardinäle gefreut, die sich beim Konzil gewehrt und nicht alles geschluckt haben, was der Vatikan für sie vorbereitet hatte.
Leider sind die guten Ideen der Synode 72 (viele Probleme, die heute auch noch sehr aktuell sind) in kirchlichen Schubladen bis heute liegen geblieben. Traurig, aber gebt trotzdem nicht auf. Die Synode zeigt, dass die Probleme nicht nur in Deutschland und in der Schweiz aktuell sind. Heute sind wir besser vernetzt als damals. Ich hoffe und wünsche, dass sich etwas bewegt.
Mit freundlichen Grüssen Helen Heierle-Suter
Im Mai habe ich Ihnen ein Foto von der Insel Kreta geschickt, mit Regenbogen!
Heute schicke ich Ihnen ein Foto mit einem „Trösterchen“, ein „kretisches Eclair“.
Es steht für den Trost, den wir uns manchmal gönnen sollten…, und wenn es keine passenden Worte gibt, dann eben in Form von etwas, was man nicht jeden Tag geniesst.
Ich habe wieder einmal schmunzeln müssen, über Ihre pointierten Kommentare.
Und ich denke, es wird noch sehr, sehr lange dauern, bis es eine „Art“ Gleichberechtigung in der katholischen Kirche geben wird…., ob wir das noch erleben werden ist fraglich…
Und weil wir gewisse Dinge nicht ändern, nicht forcieren können, bleibt uns dennoch immer eine Alternative, um unser Gemüt zu „beruhigen“.
Entweder geniessen wir die „süssen Freuden“, die unsere KonditorInnen kreieren, oder wir nehmen einen „herzhaften Happen“, wie man es eben mag.
In der Regel sieht dann alles schon etwas besser aus.
Nun geniessen Sie die Hühner, die Bienen im Lavendel und freuen sich morgen, an einem hoffentlich spannenden Fussballspiel…
Ich hoffe sehr, dass „unsere Elf“, ein überzeugendes Spiel zeigt, denn ich mag das oft „überhebliche Getue“ der Deutschen Nationalmannschaft nicht…
In diesem Sinne, „Kopf hoch“, ein sonniges Wochenende und „Hopp Schwiz“.
Mit einem herzlichen Gruss,
Andrea Katharina Kiefer-Meier
Wir spielen natürlich gegen Italien🥳
Danke für Ihre wahren Worte. Es tut gut, dass sich auch Männer für die Gleichberechtigung von uns Frauen einsetzen. Ich war jung und begeisterungsfähig als das Konzil stattfand. Und wie war ich stolz, katholisch zu sein. Und nun nach all den Jahren macht sich Resignation breit. Ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass sich in der Kirche in absehbarer Zeit etwas wesentlich verändert. All die salbungsvollen Worte von Bischöfen und auch vom Papst mag ich nicht mehr hören. Es müssten endlich Taten folgen.
Ihnen alles Gute und weiterhin viel Kraft und Gottvertrauen (nicht Kirche-Vertrauen!!!)
Herzlich
Helen Portmann
Mit Recht wird die Stille im Parlament gerügt. Ohne uns zu entschuldigen, aber man könnte dem Text noch anfügen: Auch das Parlament war schlichtweg erschlagen! Ich dachte bis jetzt, ich wäre schlagfertig genug, allzumal es nur diesen einen knappen Satz gebraucht hätte: «Im Ernst, Bischof Josef-Maria, war das alles?» Keine munzige Vision zur Gleichberechtigung, nur das seit jeher gleich Gesagte? Auch ich sass konsterniert da. Und ernüchtert.
Im Rat wurde gebetsmühlenartig wiederholt: «Gutes tun und darüber reden.» Von der Rede des Bischofs hatten wir mindestens einen Silberstreifen erwartet, dass sich strukturell ein klein wenig was ändern könnte. Das hätten wir gerne gehört. Das einzig konkret Neue im Bistum sind vier Frauen und sechs Männer im Bischofsrat – das ist eine Bereicherung der Beratungsarbeit, aber noch kein mutiger Schritt, zu dem uns der Bischof ermuntert hat. So lange wir selber nicht überzeugt werden, dass Reformen absehbar sind, können wir selbst mit den teuersten Image-Kampagnen die Kirche nicht glaubwürdiger machen. Menschen sind gegenüber der Kirche aus Erfahrung kritischer geworden. Mit guten Aktionen Strukturveränderungsresistenz zu übertünchen, das ist Etikettenschwindel. Darauf fällt kaum mehr jemand rein, zum Glück.
Max Elmiger, Mitglied der Synode
Doch vermutlich wissen „alle“ um diesen Wunsch, Kirche offener und transparenter zu machen…, dennoch, es passiert nichts!
Kirche im 21. Jahrhundert sollte keine verstaubte Institution darstellen, sie sollte sich mit allen Facetten beschäftigen, mit allen Farben der unterschiedlichen Kulturen!
Liegt nicht der Reiz darin, dass wir alle unterschiedlich sind? Ist das nicht gut so?
Frauen werden leider noch immer auf ein „Minimum“ reduziert, so stellt es sich für mich dar und ich finde das wirklich „skandalös“.
Und ich frage mich oft, was die „hohen Herrschaften“ so denken?
Ich jedenfalls denke mir, dass Gott schon lange im 21. Jahrhundert angekommen ist!
Könnte man ihn direkt fragen, würde er bestimmt zustimmende Worte finden, über eine „offene Kirche“, über deren Vielfalt und darüber, wie wir Kirche künftig „leben“ wollen.
Ob das „Zölibat“ noch wirklich zeitgemäss erscheint?
(Ich persönlich hätte ein Problem, wenn mir ein katholischer Geistlicher im Gespräch, Tipps und gute Ratschläge für meine Partnerschaft gibt. Er hat doch gar keine Ahnung von partnerschaftlichen Beziehungen.)
So könnte man noch viele Beispiele finden und niederschreiben, ich belasse es dabei.
Was mir Mut macht?
Es gibt einen Padre, der aus Portugal kommt und der mit sehr unkonventionellen Methoden geschafft hat, was viele sich vermutlich wünschen würden.
Neugierig?
Dann einfach im Internet nach „Padre Guilherme“ suchen.
Der Padre hat teilweise den Altar mit dem Mischpult getauscht und das Ergebnis ist sensationell, nicht nur für Jugendliche, nein auch für „ältere Guetsli“, wie ich eines bin.
In diesem Sinne, eine gute Zeit und viel Spass beim „Reinhören“, (vielleicht).
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