Weihnachten: stillhalten und retten lassen!
„Sie müssen keine Angst haben, ich bin vom Rettungsdienst und möchte Ihnen helfen.“ So in etwa stellt sich der Rettungssanitäter oder die Rettungssanitäterin bei einem Einsatz vor.
Der Rettungsdienst kann einem Menschen, so banal es klingen mag, nur helfen, wenn die betroffene Person sich nicht wehrt und helfen lässt. „Christus, der Retter ist geboren.“ Wie können wir dieses Geheimnis der Heiligen Nacht verstehen?
Christus, der Retter ist geboren
„Fürchtet euch nicht! Lasst euch von Christus retten!“ So könnte man die Botschaft des Engels im Evangelium zusammenfassen.
Manchen von uns wird der Weihnachtsabend zu schnell vorbeigegangen sein, um wirklich zu begreifen, was die Botschaft des Engels bedeutet. … und dann singen die anderen Engel noch: „Ehre sei Gott in der Höhe und auf Erden Friede bei den Menschen guten Willens.“
Wer sich in einer glücklichen Situation befindet, wird diese Botschaft als Frohe Botschaft leichter verstehen. Die Rettung, das Heil hat ja bereits im eigenen Leben Fuss gefasst. Es geht mir gut. Ich habe keine gesundheitlichen Beschwerden. Mein Privatleben ist im Lot.
Wer sich aber mies fühlt, Angst hat oder traurig ist, kann nicht unbedingt in das Lobgebet der Hirten bei ihrer Rückkehr von der Krippe einstimmen. Jeder und jede von uns hat einen ganz persönlichen Blickwinkel auf das Kind in der Krippe.
Aber ich bin überzeugt, dass Christus als stiller Retter bei denen ist, die Angst haben, Todesangst, die verzweifelt sind, vor lauter Sorgen nicht schlafen können, traurig sind und ausgebrannt! Christus sieht zu und hört zu. Christus sieht die Tränen und hört das Schluchzen.
Weihnachten ist keine pure Krippenromantik bei Kerzenschein
Schon am 2. Weihnachtstag, am 26. Dezember, legt die katholische Kirche in der Liturgie ihr weisses Festgewand ab und kleidet sich in rot, die Farbe des Blutes: Es ist der Gedenktag des Heiligen Stephanus. Stephanus war ursprünglich Heide und dann in der Urkirche Diakon. Er wurde wegen seiner Überzeugung, dass Jesus der Retter aller Menschen ist und sein Friede allen Menschen guten Willens gilt, aus Neid und Hass von extremen Judenchristen -wohl bemerkt: Christen! – an den Hohen Rat ausgeliefert und dann zu Tode gesteinigt.
Für mich ist so ein Stephanus-Tag dieses Jahr bereits im Advent, am 16. Dezember, gewesen: Aus Hass und Rache haben radikal-muslimische Taliban in Pakistan Schüler, Schülerinnen und Lehrer – gläubige Muslime – in ihre Gewalt gebracht. Über 150 Geiseln haben sie ermordet, die meisten davon sind Kinder.
Weihnachten ist der Beginn eines Weges von der Krippe zum Kreuz, das ist „eine schwere und ernste Wahrheit“ (Edith Stein).
Weihnachten bei Licht betrachtet
Aber auf diesem Weg liegen viele ermutigende und rettende Begegnungen mit Jesus, auch das Abendmahl, der neue Bund, den Jesus uns zum Zeichen seiner Gegenwart geschenkt hat.
Weihnachten ist der Beginn einer wahren Rettungsgeschichte und kein Weihnachtsmärchen.
Weihnachten bei Licht betrachtet, heisst:
- Sich vom auferstandenen Christus retten lassen.
- Die eigene Lebensgeschichte mit allen Verletzungen und Enttäuschungen Christus hinhalten, ihm offenlegen,
- sich nicht wehren,
damit Christus heilend wirken kann, damit Christus erlösen kann.
Hier im Spital erlebe ich das Zusammenspiel von Menschen und Gottes Kraft.
Ich erlebe, dass Rettung der Weg einer Heilung von Krankheiten, Knochenbrüchen, Sehnenrissen, sichtbaren und unsichtbaren Wunden ist.
Ich erlebe auch, dass Rettung durch Gott Erlösung von Schmerzen und Leiden im Sterben bedeutet: Wie diesen Sommer bei dem schwerkranken, einsamen Alkoholiker, den die Rettungssanitäter zu uns brachten. Das Ärzte- und Pflegeteam auf der Intensivstation hat für ihn das Bestmögliche getan, um seine körperlichen Leiden zu lindern. Er spürte, dass er mit Achtung gepflegt wurde. … Als ich ihn kennenlernte, bedankte er sich jedes Mal, wenn ich ihm den kühlen Waschlappen auf die Stirn legte. Er wollte mit mir beten, was er unter grosser Anstrengung tat.
4 Stunden später ist er gestorben. – Haben wir doch vorher im „Vater unser“ darum gebeten: „erlöse uns von dem Bösen“ oder man könnte sagen: „errette uns von dem Bösen“.
„Fürchtet euch nicht, Christus, der Retter ist geboren!“
Wir müssen nur still halten und bereit sein, uns von ihm retten zu lassen.
Wir müssen nur still halten und diese Gnade – dieses Geschenk der Heiligen Nacht – von Gott annehmen.
Weihnachtspredigt am Morgen des 26. Dezembers 2014 im See-Spital Horgen
Da werden wohl zumeist Leute gerettet, die gar keine Rettung benötigen.
Klarer Fall von Fehldiagnose! Oder sieht man Menschen, die gar micht in Gefahr sind, nur deshalb in Gefahr, um die eigenen "Rettungsmethoden" an den Mann und die Frau zu bringen? Ich hoffe doch sehr, dass das nicht der Fall ist.
Sehr geehrter Gast auf Erden Wenn Menschen auf der Strasse auf Menschen aufmerksam werden, die in der Gosse liegen, ist dies keine "Fehldiganose"! Einen Menschen, wie in diesem realen Beispiel den schwerstkranken Alkoholiker, nicht in der Gosse liegen zu lassen und qualvoller sterben zu lassen, als im Spitalbett mit lindernder Unterstützung, ist ein hoher Wert in unserer Gesellschaft! In einem Spital werden Menschen behandelt, um gesund zu werden, ihr Leben neu, wenn auch oft anders, bewältigen zu können oder palliative betreut zu werden, auch im Sterben. Als Spitalseelsorgerin gehe ich auf die Bedürfnisse der Menschen ein. Nicht ich bestimmte, was seelsorgerlich helfen könnte, sondern die Person, die ich begleite, bestimmt es. Hier werden keine "Rettungsmethoden" aufgedrängt. Aber ich kann nicht leugnen, dass es mich jedes Mal tief berührt, wenn sterbende Menschen, die körperlich und seelisch leiden, darum bitten, man möge mit ihnen und für sie beten. Das "Vater unser" ist hier ein grosser Gebetsschatz: "... dein Wille geschehe, ... erlöse uns von dem Bösen, ..." - errete uns von dem Unheil; in diesem konkreten Fall, so sehe ich es, vor einem langen, qualvollen Sterben im Respekt vor der Lebensgeschichte dieses Mannes, die ich nicht kenne. Wir dürfen die Kraft des vertrauensvollen Gebets nicht unterschätzen; ich stehe dazu. Herzliche und freundliche Grüsse
Nadja Eigenmann
Dank für Ihre Antwort! Ich freue mich sehr, dass Sie nur diejenigen betreuen, die wirklich danach verlangen. Oft genug habe ich schon erlebt, zuletzt beim Sterben meiner Mutter, dass Notlagen angenommen und verortet werden, wo gar keine sind, oder dass absolut nur die je eigene Heilslehre als die alleine selig machende angesehen wir. Ich weiss, das ist altböser Relativismus, aber meine Erfahrungen in vielen Spitälern, die ich betreut habe, sind genau diese. Oft genug glauben Menschen mit missionarischem Eifer Menschen retten zu müssen, die gar nicht danach verlangen. Sie machen das anders, ich auch. Alles Gute Ihnen!
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