Kirche aktuell

Kirchlich heiraten lernen: geht das?

Kirchlich heiraten lernen: geht das?
Leiter Ressort Pastoral Generalvikariat
Rudolf Vögele
Rudolf Vögele
21. Februar 2014

Allen Unkenrufen zum Trotz: Das Interesse an einer intensiveren Vorbereitung auf die Hochzeit, bzw. die Ehe ist ungebrochen. Dies zeigen die Vorbereitungskurse des Vereins „Katholisches Eheseminar Zürich“. Selbst bei gestiegenem Angebot sind alle Kurse früh ausgebucht.

Rein statistisch gesehen, gehen die Zahlen kirchlicher Trauungen drastisch zurück. In Bistümern wie St. Gallen, wo Langzeitdaten vorliegen, sind es seit 1997 etwa 40% weniger katholische Brautpaare, die sich auch kirchlich das Ja-Wort geben.

Kann man (kirchlich) heiraten lernen? Eine eigene Erfahrung

Wir haben vor 25 Jahren geheiratet – auch kirchlich natürlich. Und noch mehr: eine ganze Woche lang haben wir uns mit elf anderen Brautpaaren auf diese Entscheidung vorbereitet. Begleitet wurden wir dabei von einem Ehepaar und einem Priester, teilweise auch von einer Ärztin und einem Psychologen. Sechs Tage lang gönnten wir uns den Luxus, uns gemeinsam mit verschiedensten Themen auseinanderzusetzen. Da ging es zum Beispiel um die eigene Lebensgeschichte , das Rollenverständnis von Mann und Frau, um Zärtlichkeit – Erotik – Sexualität , um Kommunikation – auch in Bezug auf den Glauben (mein / unser Gottesbild, Kirchen- und Sakramentenverständnis usw.). In bester Erinnerung ist mir das Thema Konflikte und Konfliktbewältigung . Da war jede und jeder Einzelne, jedes Paar und auch wir als Gruppe zutiefst angesprochen und herausgefordert.

Hochzeitsbild

Brautpaar FOTO Rudolf Vögele

Aus 12 Brautpaaren werden 12 Familien mit 28 Kindern

Zwölf Brautpaare, die sich alle 1989 nach dem katholischen Ritus das Ja-Wort gaben. Aus diesen Ehepaaren wurden Familien mit insgesamt 28 Kindern, die sich fast jedes Jahr wieder ein Wochenende lang trafen. Jedes zweite Jahr davon stellten wir unter ein Thema, zumeist auch mit einem/einer externen Referenten/in.

Die Gespräche untereinander waren und sind für uns wie eine „Inspektion“ – wir lassen uns „in die Karten schauen“ und sehen auch, dass andere ähnliche Freuden und Hoffnungen , Ängste und Sorgen haben.

Gemeinsam haben wir gefeiert , aber auch getrauert und bewältigt: dass zwei Paare sich getrennt haben, ein Kind gleich nach der Geburt und eine von uns mit 48 Jahren an Krebs gestorben ist. Und nun werden neun Paare gemeinsam eine Woche lang nach Rom reisen – eben die Silberne-Hochzeits-Reise.

Meine Antwort: Ja, man kann…

Ja, man kann es lernen, zu heiraten, die Partnerschaft lebendig zu (er)halten, kreativ und konstruktiv zu streiten, ihr eine zweite, dritte… Chance zu geben – immer wieder den Neuanfang zu wagen. Ich bin überzeugt: man kann lieben lernen, weil wahre Liebe eben nicht „vom Himmel fällt“ und automatisch für alle Zeiten bleibt.

Man muss lieben lernen, sich immer wieder eine Aus-Zeit für die Partnerschaft gönnen, weil sonst mit der Zeit das Aus kommt.

…mit Hilfe der Kirchen

Der von der Katholischen Kirche im Kanton Zürich subventionierte Verein „Katholisches Eheseminar Zürich“ bietet solche Ehevorbereitungskurse jedes Jahr auf’s Neue an. Auf der Website der Katholischen Kirche im Kanton Zürich finden sich unter  «Ehe und Familie» zudem weitere solche Angebote von Pfarreien und Missionen anderer Muttersprache.

Die ökumenisch getragene Einrichtung „PaarImPuls“ ist im Kanton Zürich die erste Adresse für Paare und Familien, die solche „Inspektionen“ nicht scheuen – erst recht nicht, wenn es sehr kritisch um die Partnerschaft steht. Und nicht wenige (hauptamtliche) Seelsorger und Seelsorgerinnen sind ebenso kreativ wie der inzwischen von etlichen Medien entdeckte Pfarrer Jaroslaw Duda aus Bülach, der mit seiner «15-Jahre-Garantie» für Ehen berühmt wurde. Voraussetzung ist nur, dass man jedes Jahr zu ihm in die «Werkstatt» zurückkommt, was ihm dann den Titel „Der Garagist Gottes“ einbrachte.

Die Umfrage von Papst Franziskus zum Thema Ehe und Familie, an der sich in der Schweiz mehr als 25‘000 Menschen beteiligt haben, hat nach Auskunft des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Instituts (spi) St. Gallen eines ganz deutlich ergeben: das Interesse an einer Begleitung und Unterstützung im Ehe- und Familienleben sowie an religiöser Erziehung ist enorm. Das ist uns Ansporn und Ermutigung.

Rudolf Vögele