Kirche aktuell

Du weisst, dass ich dich liebe – Sakrament der Priesterweihe

Du weisst, dass ich dich liebe – Sakrament der Priesterweihe
Josef Annen
Josef Annen
13. November 2014

Am Schluss des Johannes-Evangeliums steht eine ergreifende Begegnung zwischen Jesus und Petrus. Jesus braucht Menschen, die von seinem Leben gepackt sind und dem Evangelium dienen. Dazu geht er auf Einzelne zu, spricht sie an und sagt «Folge mir nach!» (Mk 1,17).

Gefragt sind dabei nicht in erster Linie Intelligenz, Ausbildung und berufliches Können. Das ist zwar nicht Nebensache. Hauptsache aber ist die Liebe.

Wer die Nachfolge Jesu zu seinem Beruf macht, der ist zuerst einmal in seiner Liebe zu Jesus gefragt.

Darum stellt Jesus dem Petrus dreimal die Frage: Hast du mich lieb? Er gab ihm zur Antwort: «Herr, du weisst alles; du weisst, dass ich dich liebe.» (Joh 21,15).

Gemeinsames Priestertum aller Getauften neu entdeckt

In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben in unserer hiesigen Kirche nicht wenige die Nachfolge Jesu zu ihrem eigentlichen Beruf gewählt. Manche haben sich entschieden, als Katecheten/innen Kinder, Jugendliche und Erwachsene in das Christliche Leben einzuführen. Immer wieder stellen sich junge Leute für die kirchliche Jugendarbeit zur Verfügung. Von besonderer Bedeutung ist bei uns in den letzten Jahren der Beruf des/der Pastoralassistenten/in geworden. Im Auftrag ihres Bischofs übernehmen sie als Seelsorger und Seelsorgerinnen pfarreiliche und überpfarreiliche Aufgaben.

So ist das Bild der kirchlichen Berufe bunter und reichhaltiger geworden. Wir haben das gemeinsame Priestertum aller Getauften wieder neu entdeckt.

Das besondere Priestertum: „Ahme nach, was du vollziehst“

Warum kennen wir dann in unserer Kirche noch das besondere Priestertum? Warum weiht der Bischof im Sakrament der Priesterweihe junge Menschen eigens zu Priestern?

Die Antwort auf diese Frage gibt der Bischof in der Priesterweihe selber. Er sagt zum neugeweihten Priester: «Ahme nach, was du vollziehst, und stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes.» Damit will der Bischof sagen: Aufgabe des Priesters ist es, mit der Gemeinde Eucharistie zu feiern. Doch mit der Feier allein ist es noch nicht getan. Was der Priester in dieser Feier mit der Gemeinde vollzieht, das soll er im Leben nachahmen. Er selbst soll das Geheimnis des Kreuzes erfahren. Scheitern und Machtlosigkeit sollen ihm nicht fremd sein. Er selbst soll aber auch die Grösse und die Kraft Gottes spüren dürfen. Ostern soll sein Leben immer neu zu einem Fest machen.

In dieses tiefe Geheimnis des christlichen Lebens soll der Priester immer mehr hineinwachsen; und dieses Geheimnis soll er nicht einfach für sich behalten; er ist offiziell beauftragt, mit der Gemeinde immer neu Leid und Freude zu teilen, Tod und Auferstehung zu leben.

Aufgabe des Priesters ist es, das Leben in Christus für die Gemeinde zu erschliessen und darzustellen. Zwar ist jeder Christ berufen, gewissermassen ein «anderer Christus» zu werden. Die besondere Aufgabe des Priesters ist es, Christus für die Gemeinde darzustellen und zu versinnbilden.

Christus für die Gemeinde darstellen heisst auch zeigen, dass die Gemeinschaft der Kirche ihren Grund nicht in sich selbst hat. Die Kirche lebt von Gott her. Dem Priester kommt es zu, diesen göttlichen Lebensgrund zu bezeugen.

Der Priester feiert nicht nur Eucharistie. Er spendet auch weitere Sakramente, wie z.B. das Buss-Sakrament und die Krankensalbung. In ihnen gibt er der Gemeine und dem einzelnen Christen immer wieder ein Zeichen der stärkenden Nähe Jesu Christi, ein Zeichen der Lebenskraft und Freundschaft Gottes.

Der Priester erhält vom Bischof auch den Auftrag, das Evangelium zu verkünden. Mitten in einer Welt ohne Gott redet er von Gott.

Für die Christen ist die Welt nicht verloren, sondern in Jesus Christus schon gerettet. Von diesem Glauben und dieser Hoffnung spricht der Priester.

Handauflegung als Auftrag, den Glauben weiterzugeben

Auf die Dauer kann der christliche Glaube nur dann von einer Generation zur anderen weitergegeben werden, wenn auch Menschen für diese Aufgabe öffentlich beauftragt werden. Das tut der Bischof in der Priesterweihe. Diese Beauftragung geht zurück bis in die Anfänge der Kirche. Schon in den urchristlichen Gemeinden haben die Apostel durch Gebet und Handauflegung Menschen den Auftrag und die Vollmacht gegeben, das Evangelium Jesu Christi weiterzutragen. In der Feier der Priesterweihe stellt der Bischof dem Priester auch die Frage: «Bist du bereit, den Armen und Kranken beizustehen, Heimatlosen und Notleidenden zu helfen?» «Ich bin breit», ist die Antwort des Priesters. Diese Antwort bleibt eine lebenslange Herausforderung.

Priestersein beinhaltet viele Aufgaben

Mit dem Priestersein verbinden sich im Weiteren die Leitung der Gemeinde und Aufgaben wie: Entdeckung und Förderung der Begabungen und Fähigkeiten in der Gemeinde, Verbindung mit anderen christlichen Gemeinden und mit der gesamten Kirche, Mithilfe beim Aufbau einer lebendigen Pfarrei.

Viel wichtiger aber als eine lange Aufgabenliste ist die persönliche Lebenspraxis. Wenn der Priester in unserer Zeit das Leben und die Gute Nachricht Jesu wachhalten soll, dann sind junge Menschen gefragt, die Gott als die grosse Liebe ihres Lebens entdecken  und dieser Liebe den ersten Platz in ihrem Leben geben.

Gefragt sind Menschen, die ein Herz haben für die Armen und Unterdrückten. Gefragt sind Menschen, die im Blick auf die brennenden Fragen der heutigen Welt und auf die faszinierende Botschaft von Jesus Christus schlicht und einfach sagen: «Ich bin bereit, ich stehe zur Verfügung!»

Damit sind beileibe nicht alle Fragen rund um den Priesterberuf gelöst. Das ist auch gar nicht nötig. Aber der Grund ist gelegt: Jesus ruft, und einer junger Mensch sagt ja und macht sich auf den Weg. Wo der Weg im Einzelnen durchgeht, braucht er gar nicht zu wissen. Es genügt zu wissen, dass er gebraucht wird; es genügt das Vertrauen, dass Jesus mit auf dem Weg ist. Schliesslich verlangt die Kirche vom Priester bis heute die Verpflichtung zur Ehelosigkeit. Dazu ist in den letzten Jahren sehr viel gesagt worden. Der emeritierte Bischof von Limburg, Franz Kamphaus, schreibt in seinem Büchlein «Briefe an junge Menschen»: «Die Verpflichtung zur Ehelosigkeit erregt Anstoss. Aber wenn der Glaube nicht mehr anstössig ist, verrät er sich selbst und stösst schliesslich auch nichts mehr an.»

 

Dieser Beitrag erschien in der Broschüre „Lebenszeichen – Sakramente für junge Leute“, herausgegeben von der Fachstelle für Religionspädagogik. zu beziehen bei www.religionspaedagogikzh.ch