Kirche aktuell

Autismus: Vom Reichtum der Verschiedenheit

Autismus: Vom Reichtum der Verschiedenheit
Sonja Helmer-Wallimann
Projektverantwortliche Pfarreiarbeit Behindertenseelsorge Kanton Zürich www.behindertenseelsorge.ch
Sonja Helmer-Wallimann
07. November 2014

Da war er wieder – dieser Moment!

Ein Moment, der zeigt, wie kostbar die Verschiedenheit unter uns Menschen ist. Ein Moment, der mich dankbar stimmt, dass es Menschen wie Kilian gibt, die Manches anders wahrnehmen, aussprechen, auf den Punkt bringen…

…von Sonja Helmer-Wallimann, Mitarbeiterin Behindertenseelsorge Katholische Kirche

1-Sonja Helmer
im Kanton Zürich

Ein Moment, der mir vor Augen hält, wie viel die Menschen mit Beeinträchtigungen auch ins kirchliche Leben einzubringen haben, oder – besser gesagt – hätten. Die Türen der Kirchen bleiben ihnen oft verschlossen. Ängste, Unsicherheiten und hoher Arbeitsdruck gelten als Gründe dafür.

Aber worum geht es hier eigentlich?

Die Rede ist von einer Weiterbildung für Behindertenbeauftragte, organisiert von der Katholischen Behindertenseelsorge im Kanton Zürich, meinem Arbeitgeber. Es ist die Rede von einer Veranstaltung für Engagierte, die sich in den katholischen Pfarreien für die Anliegen von Menschen mit Behinderung einsetzen. Wir möchten ihnen ein breites Basiswissen und die Möglichkeit zum Austausch anbieten.

Die Weiterbildung findet zweimal jährlich zu verschiedenen Themen statt. Dieses Mal geht es um das Thema „Autismus“, das den Teilnehmenden von den Organisationen autismus deutsche schweiz und autismus approach anschaulich näher gebracht wird. In der Schweiz sind rund 80.000 Menschen von Autismus betroffen. Trotz dieser hohen Zahl ist die Kenntnis um die Bedürfnisse von Menschen mit Autismus und deren Familien in Politik und Gesellschaft gering.

Auch weil die Kommunikation mit Betroffenen oft schwierig und ungewohnt ist, können Hintergrundinformationen helfen, eine Autismus-Störung besser zu verstehen.

Zum Abbau von Berührungsängsten kann der direkte Kontakt mit Betroffenen beitragen. So sind an der Weiterbildung zwei Familien dabei, die aus ihrem Leben mit Autismus berichten.

Mit dabei ist Killian, ein junger Mann mit Autismus (Bild Mitte).

Autismus Bild

Killian berichtet auf herrlich direkte und offene Art aus seinem Leben, seiner Familie, von seiner Leidenschaft für Uhren. Er weiss, welche Hobbies seine Schwester pflegt und dass er nicht mehr dort arbeiten möchte, wo er seine Ausbildung abgeschlossen hat. Beim Erzählen gerät er ins Stottern und legt gleich darauf nach, dass das mit dem Stottern schon viel besser geworden sei und er seine Therapeutin sehr schätze. Er kommt unvermittelt auf den Tod seiner Mutter zu sprechen und wie er seit drei Jahren versucht damit zu leben und umzugehen.

Kilian spricht aus, wie es ihm geht und was es für ihn schwer macht. So direkt, so klar, so unmittelbar, so berührend… wie ich es bei anderen Menschen oft vermisse.

Da war er wieder – dieser Moment!

Ein Moment, der mich dankbar stimmt, dass ich in der Behindertenseelsorge Menschen kennen lernen darf, die Besonders sind und die trotz vieler Barrieren ihren Weg gehen.

Es sind Momente, die einfach Sinn machen. Dafür braucht es in dieser Gesellschaft Menschen wie Kilian, auch in der Kirche. Menschen, die einen anderen Blick auf die Welt einbringen und uns Vieles zu sagen haben. Das ist es wert, sich in der Behindertenseelsorge und für die Inklusion zu engagieren.

www.behindertenseelsorge.ch