Kirche aktuell

Andrew Bond: "Ich bin ein Weihnachtsfan"

Andrew Bond: "Ich bin ein Weihnachtsfan"
Kerstin Lenz
Kerstin Lenz
18. Dezember 2015

Die schweizerdeutschen Weihnachtslieder von Andrew Bond kennen Kinder von klein bis gross. In dieser Zeit werden sie in den Krippenspielen in Kirchen gesungen. Kaum ein Weihnachtsanlass von Schule oder Kindergarten kommt ohne eines dieser Lieder aus. Als Mutter von zwei Mädchen passenden Alters, beides begeisterte Sängerinnen im Kinderchor unserer Kirchgemeinde, hat mich schon mancher Ohrwurm von Andrew Bond verfolgt. Diverse seiner CDs wie diese l

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iefen und laufen im Kinderzimmer hoch und runter.

Ich treffe den Sänger und Musiker in seinem KinderKulturRiich – kurz Kikuri – am Hang oben in Wädenswil. Das Kikuri ist  Zentrum für vielfältige Kultur für Kinder und mit Kindern: Da gibt es Proberäume, Garderoben und Requisitenräume, die nicht nur Kinderherzen höher schlagen lassen.

Weihnachten steht vor der Tür – was bedeutet dir diese Zeit, die auch in deinen Liedern viel Platz einnimmt?
Ich bin ein grosser Fan von Weihnachten und Advent. Ich bin in verschiedenen Kulturen aufgewachsen ( Anm. neben der Schweiz in England und dem Kongo ) und ich nehme von allen Kulturen das „beste aus allen drei Welten“. Ich mache Lieder für daheim, Advent und Weihnachten ist die Zeit, in der man zu Haus ist und singt.

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Andrew im Requisitenraum

Das „Wunder von Weihnachten“ birgt für mich verschiedene Aspekte: Das eine ist der „Businessfaktor“.  Jeder, der etwas verkaufen möchte, weiss, dass  in den letzten 2 Monaten des Jahres viel mehr umgesetzt wird. Also wird das Wunder am Leben gehalten mit Dekoration und mit Events. Ich glaube aber sicher, dass wir als Gesellschaft das Bedürfnis haben nach Rückzug in die Familie,  nach Ruhe und nach dem Besinnlichen. Dazu ist Weihnachten einfach eine geniale Geschichte: Der Einbruch des Göttlichen. Das Kleine, das Einfache, der Stall vom Bethlehem – das ist eine sackstarke Geschichte.

Nächste Woche stehen die traditionellen „Mitsing-Wiehnachtskonzerte“ an – sechs Konzerte in drei Tagen. Freust du dich darauf?

Die Konzerte geben mir mehr, als ich gebe. Seit 15 Jahren mache ich diese Konzerte mit immer dem gleichen Team. Selbst die Billett-Kontrolleure wären enttäuscht, wenn ich die Konzerte nicht mehr machen würde, obwohl es vor Weihnachten ja für alle immer viel Arbeit bedeutet. Selbst unsere Tochter macht mit. Sie war krank und hatte es streng und trotzdem macht sie mit!

Für die Auftritte bin ich immer motiviert, im Gegensatz zu den langen Autofahrten. Eineinhalb Stunden an einen Auftrittsort zu fahren, stört mich schon. Ich spiele hunderte Konzerte im Jahr.

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Wenn ich aber vor Ort bin, dann fühle ich mich wie ein Fisch im Wasser. Ich höre es hinter dem Vorhang: 300 und mehr Kinder warten gespannt. Und dann geht es auch schon los! Es fällt mir leicht, dann lustig zu sein, auch wenn mich vorher private Probleme beschäftigten. Manchmal bin ich auch müde, aber auf dem Heimweg nach dem Konzert bin ich wieder voll Energie. Zum Glück ist es so, sonst wäre ich im falschen Beruf.

Einer von Andrews Weihnachtshits zum Mitschmettern ist „Bald, bald isch Wiehnacht“:

Sind Kinder ein schwieriges oder ein einfaches Publikum?

Beides. Herausfordernd ist, dass Kinder nicht eine Stunde lang ruhig dasitzen können und am Schluss brav klatschen. Wenn der Funke nicht überspringt, dann verlierst du sie schnell. Wenn Du sie mitreisst, dann sind sie begeisterungsfähig und wollen ein Teil des Anlasses sein. Manchmal klappt es auf Fingerschnippen. Dann hast du sie und kannst sie mit einbeziehen. Das ist sehr schön.

Erstmals bietest du auch an der Fachstelle für Religionspädagogik zwei Kurse für Katechetinnen an. Was erwartet die Teilnehmerinnen?

Ich bin ein grosser Befürworter vom „musikalischen Breitensport“. Mein Herz schlägt für Situationen, in der Erwachsene mit Kindern oder Kinder allein frisch von der Leber singen. Rhythmische Perfektion oder Reinheit der Stimmen ist zweitrangig.  In erster Linie geht es mir um den situationsgerechten Einsatz von Liedern. Das Lied muss die Kinder auf einen Weg bringen: begleiten, beruhigen, Inhalte bringen, Gemeinschaft bilden oder einen Feiertag wie Weihnachten vertiefen. Als Profi vereinfache ich das, was auf der Bühne geboten wird, und versuche, die Musik und Botschaft zu vermitteln: pfannenfertig, praxisnah, „tubelisicher“.

Warum hast du Theologie studiert?

Ich komme aus einer sehr engagierten, christlichen Familie. Ich war in meinen ersten 18 Jahren jeden Sonntag in der Kirche. Meine Eltern unterrichteten als Lehrer an einer Missionsschule im Kongo. Dann CEVI und Jugendleiter – das war meine Welt! Ich wollte einen Beruf mit Menschen und mit einem Bezug zum Glauben. Das Studium war ein Versuch. Es hat mir ab der ersten Woche gefallen. Ich habe mich sehr für alte Sprachen, für Geschichte und für Philosophie interessiert.  Per Interrail bin ich nach Assisi gereist, weil ich das Buch „Bruder Feuer“ von Luise Rinser über Franz von Assisi gelesen habe. Ich wollte einfach mehr wissen auch über das althergebrachte Bild unseres Christseins – aber nicht unbedingt mit dem Ziel, Pfarrer zu werden. Ein Jahr habe ich dann in der Pfarrei gearbeitet. Schon die ganze Zeit während des Studiums habe ich Religionsunterricht erteilt und das gern gemacht.

Andrew Bond ist ein entspannter Gesprächspartner

Andrew Bond ist ein entspannter Gesprächspartner

Du trittst auch als Musiker mit deinem richtigen Namen Andrew Bond auf. Hast du mal überlegt, mit einem Künstlernamen zu arbeiten?

Heute wäre ich froh, ich hätte einen Künstlernamen. Wenn ich am Schalter oder Telefon etwas bestelle, dann werde ich fast immer angesprochen. Das hat auch Vorteile wie zum Beispiel im Flughafen: Da durfte ich kürzlich an der Schlange am Einchecken vorbeigehen und im Flugzeug das Cockpit besuchen.

Als Künstler habe ich mich nie gesehen. Ich habe einfach Lieder geschrieben, eine CD gemacht und dann ist die erste Konzertanfrage gekommen. So bin ich in alles reingerutscht. Für die Schweiz ist Andrew Bond ein markanter Namen, den hörst Du einmal und er bleibt dir im Gedächtnis. Viele Journalisten wollen im Interview wissen, wie ich wirklich heisse.

Du redest schweizerdeutsch, hast einen englischen Namen – was ist deine Muttersprache?

Meine Herzenssprache ist Englisch. Alles Schriftliche, wie zum Beispiel mein Tagebuch, ist in Englisch. Auch mit unseren Kindern und meinen Schafen rede ich englisch.

Auf Hochdeutsch habe ich auch schon Musik gemacht, aber ich suche es nicht. Ich bin bis April 2017 hier in der Schweiz ausgebucht. Ich möchte nicht auf verschiedenen Hochzeiten tanzen. Ganz wichtig sind mir meine Familie oder der  Garten, nicht nur die Arbeit.

Wie ist es, als Künstler eine Firma und den GrossenGadenVerlag zu führen?

Ich bin zwar mein eigener Meister, aber ich lasse mich auch strategisch beraten. Ein Presse- und Marketingfachmann leistet mir Unterstützung. Am Morgen bin ich meistens hier, danach bin ich unterwegs oder daheim im Studio am Arbeiten.

Bei allem muss ich auch wirtschaften und sauber rechnen. Ich habe Verantwortung, ich beschäftige zum Beispiel auch Menschen, die eine Invalidenrente beziehen.

Es gibt auch Projekte, die keinen Gewinn abwerfen, zum Beispiel die Klaviernoten. Wir müssen keine maximale Rendite machen, unsere Rendite sind Lebensfreude und Lebensbegleitung: mit den Liedern den Soundtrack des Lebens liefern.

Ein weiteres Lied von Andrew, das Weihnachten auf moderne Art und Weise beschreibt: „Alli singed mit“

Am meisten freue ich mich, wenn zum Beispiel 80 Kinder musizieren, spielen, singen und alle begeistert sind. Ich bekomme sehr viele schöne Rückmeldungen aus Familien. Eine Mutter von drei Kindern, die schon immer Klavier spielen wollte, hat nach einem meiner Kurse für die Familie ein Klavier gekauft hat, das jetzt sehr viel benutzt wird. Wie schön ist das doch!

Hat Musik für dich auch etwas mit Gottesdienst und Kirche zu tun?

Durch meinen Beruf bin ich viel unterwegs. Da ist es Sonntag früh nicht mehr mein erster Wunsch, in die Kirche und unter die Leute zu gehen. Die Leute erkennen mich und suchen den Kontakt.

Nicht einmal das Radio leistet sich noch ein eigenes Orchester. In den Hotels spielt keiner mehr. Viele Pfarreien spielen meine Konzerte und buchen Workshops. Pfarreien und Kirchgemeinden sind einer der letzten Orte, die noch professionelle Musiker(innen) beschäftigen, wenn sie nicht unterrichten. Und dann die vielen Kirchenchöre – das ist alles sehr wertvoll!

www.andrewbond.ch

Die Fachstelle für Religionspädagogik bietet eine Fortbildung am Donnerstag, den 22. September 2016,  mit Andrew Bond an. Es geht um die CD „Himmelwiit“.