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Zürichs Schutzheiligen auf der Spur (3): am Obersee

Zürichs Schutzheiligen auf der Spur (3): am Obersee
Redaktionsteam
Katholische Kirche im Kanton Zürich
Die Beiträge im Blog geben die Haltung der Autoren wider und müssen nicht in jedem Fall mit der offiziellen Haltung der kirchlichen Körperschaft übereinstimmen.
Katholische Kirche im Kanton Zürich
15. September 2014

Pilgern entschleunigt das Leben — bis hin zum  Internet. Die Pilger sind zu Fuss schneller unterwegs als der Bericht online.  Kein Problem: Die beim Pilgern herangereiften Gedanken von Ulrike Nitzschke kennen kein Ablaufdatum. Oder haben Sie gewusst, dass der älteste Glarner nicht der Föhn ist?

Der älteste Glarner? Nicht der Föhn, sondern der Linthgletscher

Der älteste Glarner? “Das ist nicht der Föhn“, muss Rolf Jost die zumeist Glarner Pilger mit einem verschmitzten Lächeln enttäuschen. „Das war der Linthgletscher .“ Der zog sich vor 10 bis 15’000 Jahren durch das Glarnerland bis nach Zürich. Eine Endmoräne wie der Buchberg links der Linth erinnert bis heute an das Material, das der Gletscher vor sich her schob. „Hier, wo wir jetzt stehen, wären damals mindestens 200 Meter Eis über uns gewesen.“ Der reformierte Pfarrer ist vom ersten Tag an mit auf dem Felix-und-Regula-Pilgerweg unterwegs. Warum er sich plötzlich auf geografische Spuren begibt? „Als der Linthgletscher sich zurückzog, hinterliess er eine tiefe Mulde.“

Die Pilger lauschen dem Pfarrer auf der Brücke über dem Aabach. Aufgewacht sind wir heute Morgen im Benediktinerkloster St. Otmarsberg oberhalb von Uznach. Nach Morgenmesse und Frühstück öffnet sich uns die Klosterpforte zum Besuch der Klausur der Missionsmönche: Refektorium, Bibliothek, Klostergarten. Pater Adelrich erzählte von den irischen Wandermönchen Gallus und Kolumban , die das Christentum in die Region gebracht hatten. Vom anfänglichen Keimen ihres Weizenkorns Glauben. Vom Übermut, die Götterstatuen der Missionierten allzu bald in den Fluss zu werfen. Und von der anschliessenden Flucht  der eifrigen Missionare. Aus Furcht vor dem Zorn der Leute.

Von Brücken und Brückenbauern

Der Fluss – das war die Linth. Deren Delta hatte sich im Gebiet des einstigen Linthgletschers ausgebreitet. Zwischen Weesen, Ziegelbrücke und dem heutigen Zürichsee. Und hier, auf der Aabach-Brücke , beginnt nun ein Gedankenspiel über Brücken und Brückenbauer.

Holzbrücke

Brücke FOTO Ulrike Nitzschke

„Eine Brücke überwindet Abgründe – auch zwischen Menschen“, sagt Rolf Jost. „Im Alltag zwischen scheinbar unüberbrückbaren Gegensätzen.“ Brückenbauer können zusammenbringen, verbinden. Einer müsse halt anfangen.

Früher wurden Brücken vom Tal hinauf gebaut. Heute von beiden Seiten gleichzeitig. „Sie schieben sich in die Mitte, bis sie zusammenreichen.“ Von den Rändern her, von den Ufern. Zwischen Konfessionen und Religionen ebenso.

Eine Brücke muss Tragkraft beweisen. „Um diese herauszufinden, beginnt man mit einem geringen Gewicht“, weiss Pfarrer Jost. Dem folge ein grösseres und schliesslich eines, das grösser ist, als es der Alltag erfordert. Dann erst sei der Beweis erbracht: Sie ist tragfähig. „Das isch e Brugg, wo hebet.“

Selber Brückenbauer sein: zu anderen Menschen und Religionen

Brückenbauer sein. Daran erinnert Hansruedi Simitz noch mehrmals an diesem dritten Pilgertag. Der Pilgerweg-Aktivist bittet nachdrücklich um Schweigen. Das irritiert. Im ersten Moment. Und tut dann so gut. Das Gehörte nachklingen lassen. Brückenbauen in Gedanken. Und Brücken schlagen dorthin, wo Menschen  vielleicht gerade in diesem Moment um ihr Leben bangen müssen. Auf den Spuren der immer wieder kopflos dargestellten Märtyrer Regula und Felix beten wir für sie, die aktuell von ähnlichem Schicksal bedroht sind. Irgendwo weit weg in der Welt.

Wir wollen Brückenbauer zwischen den Religionen sein. Und geraten auf dem ökumenischen Pilgerweg bereits daheim an unsere Grenzen. Bei der Eucharistiefeier in der Kirche des Zisterzienserinnen-Klosters in Wurmsbach . Fünf Jahrhunderte nach der Reformation. Das schmerzt. Der Wunsch nach dieser Gemeinsamkeit wird gen Himmel gerufen.

Morgen fahren wir mit dem Ledi-Schiff nach Zürich. Zu den Gräbern von Felix und Regula. Sie waren Geschwister im Glauben. Auf Augenhöhe. Das möchte ich sein – mit Barbara und Hansruedi genauso wie mit Elsa und Rolf.

Text und Fotos: Ulrike Nitzschke