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Witiker Krippenspiel im Fernsehen

Witiker Krippenspiel im Fernsehen
Kerstin Lenz
Kerstin Lenz
18. Dezember 2014

Man könnte meinen, dass es ein heilloses Chaos gäbe, wenn über 30 Kinder zu einer Chorprobe im Kirchgemeindesaal sind. Aber nichts da: Es liegen zwar Jacken und Schuhe im Foyer hin geschmissen auf dem Fussboden, drinnen geht es absolut gesittet zu und her. Zu Gast sind wir bei der Gesangs-Probe für das diesjährige Krippenspiel der Pfarrei Maria-Krönung in Zürich-Witikon. Aufführung ist im Heiligabend-Familiengottesdienst.

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Zur Musik ab CD wird ein Lied nach dem anderen geprobt, die Strophen nochmal wiederholt, an der Klarheit der Stimmen gearbeitet. Rund 30 Augenpaare – meist von Mädchen – folgen aufmerksam der Chorleiterin Vivien Siemes.

„Wir haben nicht mehr Proben als bei einem normalen Krippenspiel, aber den Kindern ist es bewusst, dass es diesmal etwas Aussergewöhnliches ist.“

Das Aussergewöhnliche: In diesem Jahr überträgt das Schweizer Fernsehen SF 1 den Heiligabend-Familien-Gottesdienst. Um 15.30 Uhr ist der Gottesdienst, um 17 Uhr läuft die Ausstrahlung im Fernsehen. „Live on Tape“ nennen die Fernsehleute dieses Vorgehen. „Momentan schaffen alle Kinder sehr diszipliniert“, freut sich die Religionspädagogin Siemes, die für die Kinderchöre der Pfarrei verantwortlich zeichnet. Piera Obrist, eine zweite Religionspädagogin, und Vivien Siemes hatten auf einmal eine neue Rolle: Sie waren Drehbuchautorinnen, denn sie haben das Krippenspiel selbst verfasst – bereits im Sommer. „Es war schwierig auf Zeit zu schreiben, wir mussten teilweise um einzelne Wörter verhandeln,“ fassen beide zusammen, sind aber auch stolz auf die schon geschaffte Herausforderung. Denn es dauerte einige Sitzungen und Gespräche, bis auch die Zuständigen beim Fernsehen mit allem einverstanden waren.

Entspannte und routinierte Kinder

„Mir macht das Singen im Chor einfach viel Spass. Auch wenn wir oft Proben haben oder Konzerte“, sagt die 10jährige Emma. Gerade Ende November stand ein Auftritt bei den Witiker Konzerten (Konzertmitschnitt sieher ganz unten) in der Reformierten Kirche an, ein Konzert am Seniorennachmittag gibt es ebenfalls für die Kinder noch vor Weihnachten zu absolvieren. Und jetzt zum ersten Mal im Leben im Fernsehen – das ist schon etwas Besonderes!

„Zum Glück gehen die Kinder viel unbefangener damit um als wir Erwachsene“, sagt Vivien Siemes.

Auch die Routine ist vor allem bei den grösseren Kindern mit tragenden Rollen schon da, viele der Viert- und Fünftklässer machen seit mehreren Jahren im Kirchenchor mit. Regelmässige Auftritte in den Gottesdiensten und alle zwei Jahre eine eigene Musical-Aufführung haben schon Grundlagen gelegt. So erntet die Nachfrage bei den Kindern nach Aufregung vor dem TV-Auftritt nur Schulterzucken.

„Nein, ich bin nicht aufgeregt.“ „Wir haben ja noch Zeit und üben viel.“ „Ich kenne die Lieder ja sowieso schon.“

Ob diese „Coolness“ dann auch noch am Heiligabend so weiterbesteht?!?

Die Maria im diesjährigen Krippenspiel – die 4. Klässlerin Olivia Stiger – freut sich über ihre Rolle: „Ich konnte es kaum glauben, dass ich die Maria sein darf“, freut sie sich. Ihr „Josef“, Simon Gächter, ebenfalls 4. Klässler, singt ebenfalls schon lang im Chor. Sein Kostüm ist noch nicht fertig, deswegen gibt es heute nur ein Foto mit Maria und Engel.

Olivia Stiger (links) ist die Maria. Valentine Vicellio ein Engel

Olivia Stiger (links) ist die Maria. Valentine Vicellio ein Engel

Die Lieder stehen an dieser Probe auf dem Programm. Die Sprechszenen werden in kleineren Gruppen einzeln geprobt. Vivien Siemes: „Wir konnten den Kindern, die wir gut kennen, quasi die Rollen auf den Leib schreiben“, erzählt sie nach der ersten Sprechprobe. „Alles ist noch besser, als wir es uns vorgestellt haben, ich war wirklich gerührt nach den ersten Spielszenen“, ergänzt Piera Obrist.

Organisatorisch anspruchsvoll aber zu schaffen

Dankbar sind beide auch für die viele Hilfe, die von Freiwilligen aber auch von den Mitarbeitenden in der Pfarrei kam. 32 Kostüme wurden in den letzten Wochen den Kinder auf den Leib geschneidert. 12 Frauen waren beteiligt. Unter der Leitung von Witikerin Doris Meier, gelernte Schneiderin und ehemals tätig für die Pfarrei, sind wunderschöne Kleidungsstücke entstanden. Zeit für ein Dankeschön und ein wirkliches Kompliment an die viele Menschen; die mitmachen. Vivien Siemes:

„In unserer individualisierten Zeit bringen sich die Leute aus sich heraus und freiwillig ein, gehen Verpflichtungen ein. Das berührt mich immer sehr und ich weiss, ich stehe nie allein da.“

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Vivien Siemes bei der Probenarbeit.

Schon im Frühjahr kam die Anfrage vom Fernsehen, das jedes Jahr geeignete Kirchgemeinden sucht, für eine Gottesdienstübertragung. Andreas Rellstab ist seit Sommer der neue katholische Pfarrer in Maria-Krönung. Er sieht dem TV-Ereignis gelassen entgegen, auch weil er als Präsentator des „Worts zum Sonntag“ Fernseh-Erfahrung mitbringt. Sein Augenmerk liegt auf dem Gottesdienst: „In erster Linien feiern wir als Gemeinde Weihnachten. Das Fernsehen überträgt unseren Gottesdienst. Es war bisher eine recht aufwändige aber nette Zusammenarbeit.“

Am Heiligabend werden zwei grosse Übertragungswagen an der katholischen Kirche in Zürich Witikon stehen, die  Zufahrt blockieren. 30 Fernseh-Mitarbeitende – von der Maske bis zu Technik – werden vor Ort ihrer Arbeit nachgehen. Die katholische Kirche Maria-Krönung wird, wie immer am Heiligen Abend, voll sein mit Kindern allen Alters, ihren Eltern und Verwandten. Und doch zeigen dann Kameras, Scheinwerfer und Mikrofone, dass dieser Heiligabendgottesdienst in Witikon für einmal auch ein Fernsehereignis sein wird.