Kirche aktuell

Wir brauchen mütterliche Menschen

Wir brauchen mütterliche Menschen
Arnold Landtwing
Arnold Landtwing
09. Mai 2014

Muttertag. Kirchlich gesehen ist es ein ganz normaler Sonntag. Weit und breit keine besondere heilige Frau auf dem Feiertagskalender. Ein Blick in die Geschichte des Muttertags hilft da auch nicht viel weiter. Was Ende des 19. Jahrhunderts in Amerika begann, erreichte anfangs 20. Jahrhundert Europa und startete dann in den 1930-er Jahren so richtig durch. Blumengeschäfte, Konditoreien und Restaurants kurbeln seither ihren Umsatz in astronomische Höhen. Allein in Deutschland werden gemäss Wikipedia an diesem Tag um die 150 Millionen Franken für Blumen ausgegeben. Nur Weihnachten kommt noch teurer zu stehen.

Muttertag. Für einen Tag im Jahr? Die Feministin Iris von Roten hat schon vor Jahrzehnten 365 Tage Muttertag gefordert. Mit Recht. Denn Mutter-Werden und Mutter-Sein ereignet sich. Täglich. Mitten in der Stadt Zürich. Eine junge Frau, sie ist eine Sans-Papiers, sucht hoch schwanger die Beckenhofstrasse. Sie ist verzweifelt, weil sie nicht weiss, wo sie ihr Kind zur Welt bringen kann und wer die Kosten der Geburt trägt. Die Beratungsstelle tandem kann ihr schnell und unkompliziert das vermitteln, was sie jetzt braucht: Vertrauen, medizinische Sicherheit, ein würdiges Umfeld für die Geburt und die Beruhigung, dass die Kosten gedeckt sind.

Zum Glück gibt es tandem, diese von der Kirche finanzierte Beratungsstelle. Ihr Einsatz macht keinen Lärm, weil er sich für das Leben einsetzt. Wenn ich an tandem denke, bekommt für mich der Muttertag eine erweiterte Dimension.

Wir brauchen mütterliche Menschen. Sie tragen Sorge, dass in der Zeit schleichender Entsolidarisierung niemand in der Kälte des gesellschaftlichen Egoismus erfriert.

Mütterliche Menschen? Kenne ich viele. Es sind Frauen und Männer. Solche, die selber Eltern sind, aber auch kinderlose. Junge und Alte. Mütterliche Menschen knüpfen am Netz der Solidarität, das Menschen in Not auffängt, in der Nachbarschaft, im Quartier, aber ebenso in Kirche und Gesellschaft.

Die Wirtschaft profitiert vom Muttertag. Deshalb trägt sie als juristische Person über steuerliche Abgaben solidarisch mit.

Dem gilt es am Abstimmungssonntag 18. Mai mit einem NEIN zur Kirchensteuerinitiative Sorge zu tragen, damit täglich Muttertag ist.